Nicht jede teure Rechnung des Schlüsseldienstes ist Wucher
(dpa) Wer den Auftrag für einen Schlüsseldienst unterschreibt, kann hinterher nicht ohne Weiteres behaupten, die verlangten Preise seien sittenwidrig. Das gilt vor allem dann, wenn keine echte Notlage vorlag. Das hat das Amtsgericht München entschieden (Az.: 171 C 7243/19).
Der Richter wies eine Klage wegen angeblichen Wuchers gegen einen Schlüsseldienst ab. Dieser hatte Kosten von gut 620 Euro für das Türöffnen in Rechnung gestellt.
Ein Mann, der an einem Sonntag gegen 22 Uhr seine Wohnung verlassen wollte, konnte die Wohnungstür nicht mehr öffnen. Er rief einen 24-Stunden-Notservice, der gegen Mitternacht ein Angebot durch den Briefschlitz der Tür einwarf. Auf dem Formular waren ein „Fallspezifischer Einsatzwert“von 189 Euro, Pauschalen für An- und Abfahrt von je 20 Euro sowie ein Sonn- und Feiertagszuschlag von 189 Euro bereits ausgefüllt. Ohne Unterschrift werde die Türe nicht geöffnet werden.
Nachdem der Kläger unterschrieben hatte, gelang es dem Schlüsseldienst rasch, die Tür zu öffnen. Es stellte sich heraus, dass die Türfalle, auch Schnapper genannt, nicht bloß hängen geblieben, sondern gebrochen war. Der Mann beauftragte daraufhin den Schlüsseldienst auch damit, das Schloss auszutauschen.
Das Formular wurde um die Posten „Mehrarbeitszeit“(139 Euro) und „Sicherheitsschloss“(169 Euro) ergänzt. Der Kläger unterschrieb erneut und zahlte den Rechnungsbetrag von 863,94 Euro in bar.
Der Vermieter des Mannes erstattete wegen des gebrochenen Schlosses jedoch nur 217,18 Euro. Der Mann ging daher von einem deutlichen Missverhältnis zwischen Leistung und Rechnung des Schlüsseldienstes aus. Der Vertrag sei sittenwidrig und damit unwirksam. Zudem argumentierte der Mann, er sei in einer Zwangslage gewesen, da er am nächsten Morgen zur Arbeit musste.
Das Gericht sah das anders. Die Situation hätte es dem Kläger durchaus erlaubt, die Notservice-Firma wegzuschicken. Er sei in seiner Wohnung gewesen und hätte sowohl über einen funktionierenden Telefon- als auch seinen Internetanschluss normalen und zuverlässigen Kontakt zur Außenwelt gehabt. Es möge zwar sein, dass sich der Kläger in einer Lage befunden habe, die für ihn unangenehm war, dennoch sei er nicht gezwungen gewesen, gerade diesem Schlüsseldienst den Auftrag zu erteilen. Er hätte auch eine andere Firma anrufen können.
Der Schlüsseldienst habe das Angebot schriftlich und detailliert unterbreitet, und der Kläger hätte es ablehnen können, wenn ihm die Kosten zu hoch erschienen seien. Dem Mann sei in jedem Fall zumutbar gewesen, einen anderen Schlüsseldienst zu beauftragen, erklärte das Gericht.