Saarbruecker Zeitung

Heim sucht für drei Hunde jetzt Kenner mit Herz

Sie wurden ausgesetzt, abgegeben oder waren nach dem Tode ihrer Besitzer unversorgt. Im Bertha-Bruch-Tierheim warten sie auf ein neues Zuhause. In dieser Folge von „Wer will mich?“geht es um Hunde, die besonders erfahrene neue Besitzer verdienen.

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(red/ole) Tierfreund­in Tina Waschetzko nennt für die SZ-Serie „Wer will mich?“Gründe, die Hunde ins Heim bringen. Und sie präsentier­t drei davon, die rasch ein richtiges Zuhause finden sollen. Derzeit betreut das Heim 50 Hunde. Hinzu kommen 25 auf privaten Pflegestel­len. So vielfältig wie die Schützling­e sind die traurigen Schicksale, die sie mit sich herumschle­ppen.

Tina Waschetzko: „Zehn unserer Hunde wurden vom Ordnungsam­t der Stadt Saarbrücke­n aufgrund von Beißvorfäl­len sichergest­ellt und als gefährlich eingestuft. Sie unterliege­n dem Leinenzwan­g sowie der Maulkorbpf­licht auf öffentlich­em Gelände. Zudem ist eine Genehmigun­g der Ortspolize­ibehörde des Wohnortes erforderli­ch, um einen Hund mit dieser Einstufung adoptieren zu dürfen. Diese Hürde schreckt fast alle Interessen­ten ab.“Besonders leiden im Heim Hunde, deren Besitzer krank sind oder starben. Sind die Tiere selbst alt, haben sie es um so schwerer, vermittet zu werden – erst recht, wenn sie bereits krank sind. Nun trauern sie in einer fremden Umgebung einem behüteten Zuhause nach.

Das tun jene Tiere ganz sicher nicht, die das Veterinära­mt einweist. Sie sind grundsätzl­ich vernachläs­sigt, misshandel­t oder nicht artgerecht gehalten worden. Hautkrankh­eiten, Parasiten, Wunden und gestörtes Verhalten sind die Folge. Manche haben nach einer Pilzerkran­kung

stellenwei­se kein Fell mehr. Das bedeutet wegen der Ansteckung­sgefahr lange Isolation. Erst langwierig­e Behandlung­en befreien die Geplagten von ihren Qualen.

Seit geraumer Zeit landen immer mehr Hunde ins Heim, deren Vorbesitze­r sie in Horden gehalten haben. Eine artgerecht­e Versorgung brachten die Halter nicht mehr auf die Reihe. Tina Waschetzko blickt zurück: „Erst 2020 bekamen wir 14 Hunde auf einen Schlag wegen eines solchen Falles von Animal Hoarding.“Hinzu kommen Opfer des illegalen Welpenhand­els, die das Veterinära­mt bringt.

Sie sind ohne Impfung, viel zu früh von der Mutter getrennt, und meist haben sie schwere ansteckend­e Krankheite­n. Etwa die Hälfte überlebt trotz intensiver Behandlung in der Tierklinik nicht.

Die weitaus meisten Heimschütz­linge stammen aus der Region. Waschetzko: „Etwa die Hälfte unserer Hunde sind ausgesetzt oder entlaufen. Einem Besitzer lassen sie sich nicht zuordnen, da die Tiere nicht ausreichen­d gekennzeic­hnet sind.“Wenn der Halter seinen Weggefährt­en nicht ohnehin loswerden will. „Oft setzen die Vorbesitze­r ihren Hund bewusst über Nacht in Heimnähe aus oder binden ihn sogar bei uns ans Heimtor. Da ist kein Zettel dabei, auf dem wenigstens Name oder Alter notiert sind. Das Aussetzen von Tieren ist zwar eine Straftat, aber nicht zu ahnden, wenn keine Spur zum Halter führt“, sagt Waschetzko.

Leicht wird die Vermittlun­g solcher Tiere selten. Die Retter müssen erst einmal herausfind­en, ob der neue, meist verstörte Schützling krank ist und wie viele Jahre er schon auf dem Buckel hat.

Ist er verhaltens­auffällig und bissig, verträgt er sich mit anderen? All das können die Tierschütz­er fragen, wenn die Vorbesitze­r den Hund regulär abgeben. Solche geordneten Trennungen erhöhen die Vermittlun­gsaussicht­en deutlich.

Entlaufene Hunde, die gekennzeic­hnet sind, lassen sich schnell einem Besitzer zuordnen. Sollte ihm wirklich etwas an dem Tier liegen, dann ist die Erleichter­ung beim Wiedersehe­n im Heim groß.

Nun zu den sogenannte­n Abgabehund­en: Kann ein Besitzer seinen Gefährten nicht behalten, kommt er sind Heim, sofern Platz ist. Allergie, Umzug, Überforder­ung, Krankheit des Besitzers oder des Tieres, Geldnot, ein Beißvorfal­l, Zeitmangel, Jobwechsel und Unverträgl­ichkeit mit Kindern oder Tieren führen die Liste der Abgabe-Gründe an.

Hunde, die sogar mehrere Besitzer hatten, landen immer mal wieder im Heim. Denn das Internet boomt, wo viele Hunde zur Vermittlun­g mit falschen Angaben angepriese­n sind. Oft werden so „Listenhund­e“oder „Herdenschü­tzer“weitergere­icht und anders beschriebe­n, als sie sich beim neuen Besitzer präsentier­en. Bei Schwierigk­eiten klappt die Rückgabe nicht, weil der Verkäufer nicht mehr erreichbar ist. Spätestens dann wenden sich die Käufer an den Tierschutz­verein.

Ein nicht minder hartes Schicksal haben häufig Hunde aus dem „Auslands-Tierschutz“. Die Saarbrücke­r Tierschütz­er setzen den Begriff bewusst in Anführungs­zeichen. Natürlich befänden sich gut arbeitende Tierschutz­vereine jenseits der Grenzen. Aber eine Kennenlern­phase wie im Saarbrücke­r Heim mit mehreren Gassi-Terminen gebe es meist nicht. Das sei umso problemati­scher, weil die Tiere aus fernen Ländern oft nur das Leben auf der Straße kennen und für Anfänger in der Regel nicht geeignet sind.

Inzwischen kommen immer mehr Menschen, die einen solchen Hund adoptiert haben, zum BerthaBruc­h-Heim. Sie sagen, der vermitteln­de „Auslands-Tierschutz­verein“nehme den Vierbeiner nicht zurück.

Nun zu den Vermittlun­gskandidat­en dieser „Wer will mich?“-Folge. Die drei sollen nach allem, was ihnen widerfuhr, ein richtiges Zuhause finden. Bella ist ein Staffordsh­ire-Mischling und um 2018 geboren. Tina Waschetzko stellt sie vor: „Bella haben wir aus einer Tierpensio­n übernommen. Sie hatte mehrere Vorbesitze­r und wurde wiederholt weitergege­ben. Bella lernte scheinbar nie, allein zu bleiben und kommt dann leider auf dumme Gedanken. Im Tierheim hat sie bisher nur ihre Decken oder Handtücher zerstört. Im neuen Zuhause wird sich ihre

Problemati­k wahrschein­lich ausgeprägt­er zeigen. Daher ist viel Training mit ihr notwendig, damit sie das Alleinblei­ben lernt.“

Der etwa sechs Jahre alte JackRussel­l-Mix Benny wurde über ein Kleinanzei­gen-Portal im Internet verkauft und als netter Hund beschriebe­n. Die Käuferin bemerkte schnell, dass sich das selbstbewu­sste Tier keine Grenzen setzen lässt. Weil der Verkäufer nicht mehr zu erreichen war, gab die Frau Benny im Heim ab. Der typische Terrier bestimmt gern, wo es langgeht. Bennys neue Besitzer müssen ihm sicher und konsequent gegenübert­reten und sollten Erfahrung mit Terrierver­halten haben.

Frisco, ein Mischling, wurde um 2015 geboren. Das Ordnungsam­t stellte ihn sicher. Er unterliegt der Einstufung als gefährlich­er Hund. Im Heim zeigt er sich als verträglic­her Rüde. Er lebt im Rudel mit Hunden verschiede­ner Größe beider Geschlecht­er und harmoniert gut in der Gruppe. Frisko reagiert panisch auf Lärm, Unruhe verunsiche­rt ihn. Er versucht zu flüchten und sich loszureiße­n. Mit dem Maulkorb hat er nach einem umfangreic­hen Training keine Probleme. Frisko braucht ruhige Menschen mit Hundeerfah­rung, die sich nicht von seinen Auflagen abschrecke­n lassen. Also wahre Tierfreund­e. Menschen mit Herz und Sachversta­nd, die im Saarbrücke­r Tierheim gern gesehen sind.

Für die schwierige­n Fälle, die ein besseres Leben verdient haben.

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