Briefe versenden wird wohl teurer
Immer weniger Briefe werden verschickt. Der Bundestag entscheidet daher, ob die Post erneut das Porto erhöhen darf.
Die Regierungskoalition will eine für die Post vorteilhafte Berechnungsmethode des Portos im Postgesetz verankern. Trotz Kritik dürfte das Vorhaben eine Mehrheit im Bundestag bekommen.
(dpa) Mit den Briefmarken ist es wie mit den Brötchen beim Bäcker: Die werden mit den Jahren immer teurer. 2012 kostete der nationale Versand eines Standardbriefs noch 55 Cent, danach stieg der Preis schrittweise auf inzwischen 80 Cent. Anfang 2022 dürfte der nächste Anstieg folgen. Um das zu ermöglichen, hat die Koalition eine Gesetzesänderung vorgeschlagen. An diesem Montag fand hierzu eine Anhörung im Bundestag statt, in der Kritiker tiefe Sorgenfalten gezeigt haben.
Die Deutsche Post DHL muss sich Portoerhöhungen genehmigen lassen, da es sich um einen regulierten Markt handelt. Der Branchenriese hat umfangreiche Pflichten: So müssen seine Briefträger Sendungen an jeden Haushalt in Deutschland zustellen, auch in entlegenen Regionen – sei es in den Alpen oder an der Nordsee. Damit das Briefgeschäft für den börsennotierten Konzern nicht zur Geldverbrennung wird, billigt die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellte Bundesnetzagentur der Post einen Spielraum für ihre Portoerhöhungen zu. Der zugestandene „Gewinnzuschlag“fällt so aus, dass das Briefgeschäft trotz schrumpfender Mengen lukrativ ist.
Was technisch klingt, ist ein heißes Eisen. 2015 und 2019 änderte die Bundesregierung eine Verordnung, wodurch der Porto-Erhöhungsspielraum jeweils größer wurde – für den Bonner Konzern waren das gewissermaßen Finanzspritzen. Statt wie bisher nur auf die eigene Kostenentwicklung zu gucken und dementsprechend das Porto anzuheben, wurde auch die Entwicklung von Postgesellschaften anderer EU-Staaten bei der Berechnung in den Blick genommen.
Zweimal musste die Bundesnetzagentur dafür Ohrfeigen vor Gericht einstecken: 2020 erklärte das Leipziger Bundesverwaltungsgericht die erste Erhöhung für unrechtmäßig, Anfang 2021 vertrat das Kölner Verwaltungsgericht die gleiche Auffassung in Bezug auf die Erhöhung des Jahres 2019. Ihr Kritikpunkt: Die Regelung zur Portoerhöhung stand in einer Verordnung und nicht in einem Gesetz, das auch den Segen von Bundestag und Bundesrat hat. Die Bundesregierung reagierte und schlug vor, die Portoerhöhungsgrundlage in das Postgesetz zu hieven.
Für die Post steht viel auf dem Spiel. Denn würde das Gesetz nicht geändert, so müsste die Netzagentur den Porto-Rahmen anders berechnen als bisher – und das Briefporto würde sinken.
In einer Stellungnahme heißt es von der Deutschen Post DHL, bei einer anderen Berechnungsmethode stünden dem Unternehmen „keine ausreichenden Mittel zur Verfügung, um die Transformation der Postdienstleistungen in Folge der zunehmenden Digitalisierung zu gestalten, die Digitalisierung der Dienstleistungen voranzutreiben und in die nachhaltige Erbringung des flächendeckenden Universaldienstes investieren zu können“. Mittelfristig wäre damit die hochwertige Flächenversorgung mit Brief- und Paketdienstleistungen in Deutschland gefährdet.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Falko Mohrs stärkt der Post den Rücken. Mit den Änderungen werde sichergestellt, dass die Post „auch jetzt in der Lage ist, mit vernünftigen Erträgen gute und gut bezahlte Arbeitsplätze abzusichern“, sagt er. „Eine flächendeckende Versorgung mit Post und Paketen gehört für uns zur Daseinsvorsorge. Das hat auch das Corona-Jahr deutlich gemacht.“Der CDU-Abgeordnete Joachim Pfeiffer betont, dass mit dem Gesetzentwurf Rechtssicherheit geschaffen werde.
Die Opposition übt Kritik. „Der Staat wurde von zwei Gerichten dabei erwischt, wie er unrechtmäßige Portoerhöhungen zuließ – und jetzt will er das nachträglich legalisieren, als wäre nichts gewesen“, moniert der FDP-Abgeordnete Reinhard Houben. Er sieht eine Bevorzugung des Konzerns, an dem der Staat etwa ein Fünftel der Anteile hält.
Mit Blick auf den wachsenden Gesamtumsatz hält auch der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Kühling, der am Montag als Sachverständiger in der Anhörung auftrat, eine Erhöhung für unangemessen: „Eine Notwendigkeit, den Konzern durch ein überhöhtes Briefporto zu stützen, lässt sich mit diesen Geschäftszahlen kaum begründen.“Die Monopolkommission empfiehlt, den für die Portoerhöhung relevanten Gewinnzuschlag zu ermitteln wie vor 2015 – das würde bedeuten, dass das Porto gesenkt werden müsste.
Trotz aller Kritik: Angesichts der Koalitionsmehrheit gilt es als sicher, dass die Gesetzesänderung verabschiedet wird. Am Freitag soll der Bundestag abstimmen. Für den Verbraucher dürfte das bedeuten: Das Porto wird teurer.
„Eine Notwendigkeit, den Konzern durch ein überhöhtes Briefporto zu stützen, lässt sich mit diesen Geschäftszahlen kaum begründen.“
Jürgen Kühling
Vorsitzender der Monopolkommission