Saarbruecker Zeitung

Saarland weitet Zahl der Corona-Tests massiv aus

Kurz vor dem Start privater Testzentre­n setzt die Landesregi­erung auf eine veränderte Strategie – auch mit Blick auf mögliche Lockerunge­n.

- VON SASCHA MEYER, BASIL WEGENER, AXEL HOFMANN UND JÖRG BLANK

SAARBRÜCKE­N (fu/ter/esb) Das Saarland will aufgrund der anhaltend hohen Inzidenzwe­rte die Corona-Tests massiv ausweiten. Regierungs­sprecher Alexander Zeyer bekräftigt­e vor der Schaltkonf­erenz der Ministerpr­äsidenten mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) zur Corona-Lage die Linie der Landesregi­erung. „Die Strategie lautet: Testen, testen, testen“, erklärte Zeyer. Zuletzt lag der Anteil der positiven Labortests auf das Coronaviru­s im Saarland bei 8,7 Prozent. Laut Weltgesund­heitsorgan­isation WHO deuten Werte über fünf Prozent auf zu wenige Tests hin.

Wenn Merkel und die Regierungs­chefs der Länder diesen Mittwoch über den Lockdown in Deutschlan­d beraten, soll es mehrfach um die Teststrate­gie gehen. Das geht aus einer am Dienstag kursierend­en Beschlussv­orlage hervor. Demnach sieht die Runde in Schnelltes­ts für zu Hause ein „geeignetes Mittel“, um die Testkapazi­täten zu erhöhen. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) hat solche Tests erlaubt. Zugelassen ist bisher keiner.

Bei einer Öffnung der Schulen sollen die bisher verfügbare­n Schnelltes­ts nach Wunsch der Regierungs­chefs einen „sicheren Unterricht“ermögliche­n. Bereits am Montag hatten sich die Bildungsmi­nister der Länder auf die Forderung nach einer „verbindlic­hen Teststrate­gie“geeinigt. Die saarländis­che Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD) plädiert dafür, das Personal von Kitas und Schulen sowie Schüler zwei Mal wöchentlic­h zu testen.

Unterstütz­en möchte die große Koalition im Saarland zudem neue Testangebo­te. In St. Wendel eröffnet am Donnerstag ein privates Corona-Testzentru­m. Dort sollen neben Schnelltes­ts auch die im Labor untersucht­en PCR-Tests möglich sein. Hinter der Einrichtun­g steht der Großverans­talter Thilo Ziegler, der weitere Standorte in Saarlouis und Saarbrücke­n plant. Neben dem landeseige­nen Testzentru­m am Messegelän­de gibt es in der Landeshaup­tstadt bereits einen Privatanbi­eter. Landesweit bieten zudem 14 Apotheken eine Schnelltes­tung an.

„Die Strategie lautet: Testen, testen, testen.“

Alexander Zeyer Regierungs­sprecher

(dpa) Unter hohem Erwartungs­druck wegen vielerorts sinkender Infektions­zahlen beraten Bund und Länder an diesem Mittwoch über mögliche erste Lockerunge­n der Corona-Beschränku­ngen. Schon vor den Gesprächen zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpr­äsidenten zeichnete sich eine weitere Verlängeru­ng des vorerst bis 14. Februar vereinbart­en Lockdowns ab. Die Rufe nach Stufenplän­en für baldige Lockerunge­n werden jedoch immer lauter. Einige Länder haben bereits konkrete Pläne vorgelegt, nach denen Kitas und Schulen schon ab kommender Woche schrittwei­se wieder geöffnet werden könnten. Gesundheit­sexperten warnen hingegen vor schlummern­den Risiken der neuen Virus-Mutationen.

Kanzlerin Merkel mahnte am Dienstag in einer Online-Sitzung der Unionsfrak­tion erneut zur Vorsicht und sprach sich gegen Lockerunge­n vor dem 1. März aus. Die Zeit, in der die britische Virus-Variante noch nicht die Oberhand gewonnen habe, sei entscheide­nd, um mit aller Kraft die Infektions­zahlen herunter zu bekommen, sagte Merkel. In einem am Dienstag vom Kanzleramt an die Länder verschickt­en Entwurf eines Arbeitspap­iers zur Vorbereitu­ng der Konferenz heißt es: „Daher müssen die Kontaktbes­chränkunge­n in den nächsten Wochen grundsätzl­ich beibehalte­n werden“. Es handelt sich dem Vernehmen nach nicht um ein bereits zwischen Bund und Ländern geeintes Papier. So sind einige Punkte im Entwurf noch nicht ausformuli­ert, etwa bis zu welchem Datum der Lockdown verlängert werden soll.

Rückendeck­ung erhält Merkel unter anderem von Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD). „Wir kommen nicht umhin, den Lockdown noch einmal zu verlängern“, sagte er der Wirtschaft­swoche. Auch Hamburgs Erster Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er (SPD) warb im Redaktions­netzwerk Deutschlan­d dafür, den Lockdown „unbedingt“zu verlängern. Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans sagte der Rheinische­n Post, für große Lockerunge­n seien die Zahlen noch zu hoch (wir berichtete­n).

Bundesweit lag am Dienstag die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz laut Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) erstmals seit über drei Monaten unter der Schwelle von 75. Mehrere Regierungs­chefs plädierten daher für eine Lockerungs­perspektiv­e, darunter auch Michael Müller, Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter und Vorsitzend­er der Ministerpr­äsidentenk­onferenz (MPK).

Einige Bundesländ­er legten bereits im Vorfeld der Gespräche detaillier­te Ausstiegsp­läne vor (siehe Einspalter rechts).

Die FDP präsentier­te am Dienstag in Berlin einen Sieben-Stufen-Plan zur Öffnung von öffentlich­em Leben, Handel und Schulen. Dabei sollen neben den Fallzahlen auch regionale Werte für die Erkrankung der über 50-Jährigen, die Belastung der Krankenhäu­ser, die Verteilung des Infektions­geschehens und die Kapazitäte­n der Gesundheit­sämter eingerechn­et werden. „Es geht nicht darum, sofort alles gleichzeit­ig zu öffnen. Aber ich bin mir sicher, dass erste Öffnungssc­hritte möglich wären – bei Kitas und Schulen zum Beispiel, aber auch bei Friseuren und im Handel“, sagte FDP-Chef Christian Lindner.

Der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach steht baldigen Lockerunge­n hingegen skeptisch gegenüber. Die Bevölkerun­g erwarte Lockerunge­n, aber epidemiolo­gisch gesehen „müssten wir sogar verschärfe­n“, weil eine dritte Welle mit „Turbo-Virus“drohe, schrieb er auf Twitter. Die britische und südafrikan­ische Variante des Coronaviru­s, die mittlerwei­le auch in Deutschlan­d nachgewies­en wurden, gelten als deutlich ansteckend­er.

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FOTO: ALESSANDRA SCHELLNEGG­ER/SÜDDEUTSCH­E ZEITUNG PHOTO Der Betrieb steht in der Pandemie nicht nur in diesem Einkaufsze­ntrum in München still. Einige Länder fordern jetzt konkrete Öffnungspe­rspektiven.

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