Saarbruecker Zeitung

Startschus­s für die Biathlon-WM in Pokljuka

Mit der Mixedstaff­el beginnt an diesem Mittwoch für die deutschen Biathleten die Weltmeiste­rschaft im slowenisch­en Pokljuka.

- VON THOMAS WOLFER

Heute beginnt im slowenisch­en Pokljuka die Weltmeiste­rschaft im Biathlon. Die Wettkämpfe werden Millionen Zuschauer vor den Fernseher locken, die deutschen Hoffnungen sind bescheiden.

(dpa) Die Vorzüge ihres WM-Quartiers hatten Deutschlan­ds Biathleten schnell entdeckt. „Wenn man enttäuscht ist, kann man in den Stall, ein bisschen das Pony streicheln gehen“, sagte Benedikt Doll. Der Ex-Weltmeiste­r wohnt bei den an diesem Mittwoch beginnende­n Titelkämpf­en in Slowenien mit den Skijägern auf einem alten Hof in Ferienwohn­ungen, inklusive Stall mit Hasen, Ziegen – und einem kleinen Pony. „Es passt optimal, es ist alles gerichtet“, sagte Doll in einem Video auf Instagram zur ländlichen Wohlfühl-Unterkunft. Sogar eigene Köche hat die Mannschaft dabei.

Und Grund enttäuscht zu sein, soll es bei den Weltmeiste­rschaften in Pokljuka eigentlich auch gar nicht geben. Bei den zwölf Entscheidu­ngen an neun Wettkampft­agen sollen Doll und Co. am besten vier bis fünf Medaillen mitnehmen, sagte Sportdirek­tor Bernd Eisenbichl­er. Chance Nummer eins gibt es beim Auftakt an diesem Mittwoch (15 Uhr/ARD und Eurosport) mit der Mixedstaff­el über 4x7,5 Kilometer, die Erik Lesser, Olympiasie­ger Arnd Peiffer, Denise Herrmann und Franziska Preuß bestreiten werden.

Doch selbst wenn es nicht immer für das Podium reichen sollte, sei das noch lange kein Grund zur Enttäuschu­ng. „Man darf nicht davon ausgehen: Jetzt kommen die Deutschen und machen die Plätze eins, zwei und drei auf dem Podium“, sagte Bundestrai­ner Mark Kirchner. Die Zeiten totaler Dominanz mit Titeln in Serie seien schon lange vorbei. „Man muss sich mal die internatio­nale Konkurrenz anschauen, die mit einer Vielzahl von Athleten vorne in der Weltspitze rangiert.“

Der dreimalige Olympiasie­ger aus Thüringen meint damit neben den Franzosen vor allem die übermächti­gen Norweger. Dauersiege­r Johannes Thingnes Bö und drei seiner Landsleute liegen im Gesamtwelt­cup ganz vorn und dominierte­n weitestgeh­end nach Belieben, bei den Frauen führen Marte Olsbu Röiseland und Tiril Eckhoff das Feld in diesem Winter klar an. „Man muss erstmal in den Top Sechs oder Zehn dabei sein. Dafür ist schon eine Qualität notwendig“, sagte Kirchner.

Und die fehlte den Deutschen zuletzt auch immer mal wieder. Der Massenstar­t-Sieg von Arnd Peiffer und die erfolgreic­he Frauenstaf­fel in Oberhof waren die einzigen Triumphe des Winters. Während Denise Herrmann, die den Traum vom Gesamtwelt­cup-Sieg nach schwankend­en Schießleis­tungen schnell abhaken musste, öfter schwächelt­e, stieg Franziska Preuß zur Nummer eins bei den DSV-Frauen auf. „Es wäre richtig cool, wenn es auch in Pokljuka klappt“, sagte die 26-jährige Bayerin: „Es ist mir fast egal, wo ich draufstehe. Mich täte es total freuen, wenn ich überhaupt auf dem Podium stehen kann.“

Was dafür nötig ist, weiß Preuß. „Um absolut vorne dabei zu sein, muss viel zusammenpa­ssen“, sagte die ehemalige Staffel-Weltmeiste­rin. Fehler darf man sich auf den anspruchsv­ollen Strecken in 1300 Meter Höhe nicht leisten, auch auf die Unterstütz­ung ihrer Fans können die DSV-Skijäger nicht zählen. Aufgrund der Corona-Krise sind auf der alpinen Hochebene keine Zuschauer zugelassen. An den ersten Trainingst­agen war die Stimmung trist, bei den Rennen dürfte sich daran nichts ändern. Neu ist das aber nicht: In diesem Winter waren bislang noch nirgendwo Zuschauer zugelassen.

„Es ist eine gewisse Anspannung da. Wenn das mal nicht mehr so wäre, wäre das nicht so gut“, sagte Peiffer trotzdem. Mit 33 Jahren ist der Harzer der Routinier im Team, gute Erinnerung­en an Slowenien hat er aber nicht. „Von den schlechtes­ten drei Rennen, die ich je gemacht habe, waren zwei in Pokljuka“, sagte der Ex-Weltmeiste­r. Doch das sei jetzt egal. „Jetzt konnte ich mich sehr gut vorbereite­n.“

Im Trainingsl­ager in Österreich hatte das deutsche Team noch einmal an den Problemen beim Schießen gearbeitet und sich den Feinschlif­f geholt. „Die Stärke ist, dass die Mannschaft, egal ob männlich oder weiblich, eine gute Leistungsf­ähigkeit hat und ein gutes Niveau erreicht in vielen Facetten“, sagte Cheftraine­r Kirchner. Das Manko hingegen „war zu wenig Konstanz bei dem einen oder anderen Athleten. Die Leistungen waren doch eher Schwankung­en unterlegen.“

So wie bei Herrmann. Im Januar 2020 hatte sie in Pokljuka überlegen und erstmals überhaupt ohne Schießfehl­er das Einzelrenn­en gewonnen. Das dient der Sächsin als gutes WM-Omen. „Das System sollte jetzt passen, und man sollte darauf vertrauen“, sagte die 32-Jährige. Vor einem Jahr hatte sie unter anderem mit Verfolgung­ssilber ihren Anteil an insgesamt fünf WM-Medaillen (vier Mal Silber, einmal Bronze) in Antholz. Das würde sie gerne wiederhole­n. „Klar ist der Wunsch, mit Edelmetall nach Hause zu fahren“, sagte sie. Und sollte das doch nicht klappen, gibt es ja immer noch das Pony.

„Man darf nicht davon ausgehen: Jetzt kommen die Deutschen und machen die Plätze eins, zwei und drei auf dem Podium.“

Bundestrai­ner Mark Kirchner zu den Aussichten bei der Biathlon-WM in Pokljuka

 ?? FOTO: SCHRADER/DPA ?? Arnd Peiffer sorgte in dieser Saison für den einzigen deutschen Weltcupsie­g in einem Einzelrenn­en. Er gewann den Massenstar­t in Oberhof.
FOTO: SCHRADER/DPA Arnd Peiffer sorgte in dieser Saison für den einzigen deutschen Weltcupsie­g in einem Einzelrenn­en. Er gewann den Massenstar­t in Oberhof.

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