Schützt Wein vor einer Corona-Infektion?
In einer französischen Fachpublikation heißt es, dass die im Rebensaft enthaltenen Tannine das Virus am Eindringen ins Zellgewebe hindern.
Eine Studie aus Taiwan hat angeblich erwiesen, dass die Tannine im Wein das Coronavirus am Eindringen in Zellen hindern. Doch Wissenschaftler warnen vor falschen Schlussfolgerungen.
Wein ist ein wahres Wundermittel. Ein Gläschen wirkt entspannend auf Körper und Geist, im Kreis von guten Freunden genossen vertreibt er schlechte Laune und er soll sogar gegen Herzinfarkt vorbeugen. Angesichts dieser vielfältigen Anwendungsgebiete ist es wenig erstaunlich, dass in diesen Tagen auf einer französischen Internet-Seite vermeldet wird, dass der Genuss von Wein auch gegen eine Infektion mit dem Corona-Virus schützen soll. Irgendwie hatte es die Welt der Weintrinker geahnt – oder zumindest gehofft.
In Zeiten von Fakenews ist es allerdings ratsam, im Umgang mit solch bahnbrechenden Informationen eher vorsichtig zu sein – zumal sie von einer Fachpublikation mit dem Namen „Vitisphère“verbreitet wird, eine Internetseite der französischen Wein-Lobby. Dort war zuerst folgende optimistische Überschrift zu lesen: „Eine neue Studie bestätigt, dass
Wein vor Covid-19 schützt“. Kurz darauf wird die Überschrift allerdings geändert. Nun steht über dem Artikel: „Eine neue Studie stützt die Hypothese einer Schutzwirkung von Verbindungen in Wein gegen Covid-19“. Die Sachlage scheint also doch nicht so eindeutig zu sein.
Basis der anfänglich sehr steilen These von „Vitisphère“ist eine Studie der Medizinischen Universität von Taiwan. Darin sei herausgefunden worden, „dass die Tannine im Wein die Aktivität von zwei Schlüsselenzymen des Virus wirksam hemmen und dieses dann nicht mehr in das Zellgewebe eindringen kann“. Untersucht hatten die Forscher unter anderem die Wirkung von Gerbsäure, die zur Familie der Tannine gehört und in Beeren, Hülsenfrüchten, Bananen oder auch Baumrinde enthalten ist.
Im Wein-Land Frankreich wurde diese Botschaft natürlich mit großer Freude aufgenommen. Doch seriöse Wissenschaftler bremsen die Euphorie. Die im Labor nachgewiesene Wirkung lasse auf keinen Fall den Schluss zu, dass das Trinken von Wein das Risiko vermindere, an Corona zu erkranken, warnen sie. Seit vielen Generationen würden sich Forscher über Petrischalen und Mikroskope beugen, um zu untersuchen, welchen Einfluss unterschiedlichste Substanzen auf die Prozesse in der Natur haben, erklärt der französische Genetiker Axel Kahn. Immer wieder würden dann Lobby-Gruppen, vor allem aus der Tabak- und Alkoholindustrie, einige ihnen genehme Ergebnisse herauspicken und die oft sehr spezifischen Aussagen auf unzulässige Weise verallgemeinern. So auch in diesem Fall – Fazit: Wein hat zwar manch gute Eigenschaften, als Mittel gegen Corona taugt er allerdings herzlich wenig.
Dass das Cororonavirus den auch im Wein enthaltenen Alkohol nicht gut verträgt, haben Wissenschaftler hingegen schon vor längerer Zeit herausgefunden. „Alkohol kann grundsätzlich Coronaviren abtöten, je höherwertiger der Alkohol ist, umso eher“sagte der Virologe Dr. Jürgen Rissland bereits im April vergangenen Jahres. „Nur kann man ja nicht permanent trinken, um den Eintritt dieses Virus tatsächlich zu verhindern“, betonte der leitende Oberarzt am Institut für Virologie des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg damals. Wenn man maßvoll trinke, könne das eher für das körperliche Empfinden gut sein.
Seriöse Wissenschaftler bremsen hingegen die Euphorie.