Saarbruecker Zeitung

Öffnen, testen und Schäden begrenzen

Zunächst sollen die Grundschul­en nach den Winterferi­en ab 22. Februar im Wechselunt­erricht öffnen. Und auch Schnelltes­ts für Lehrer, Erzieherin­nen und Schüler soll es geben, empfiehlt die Kultusmini­sterkonfer­enz.

- VON ESTHER BRENNER

Der sogenannte Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt lag diesen Dienstag im Bundesschn­itt laut Robert Koch-Institut (RKI) unter 75, Tendenz fallend. Und auch wenn das

Saarland derzeit mit einem Wert von 111 Sorgen macht – die Grundschul­en sollen trotzdem öffnen, und zwar im Wechselunt­erricht bei geteilten Klassen (eine Woche Präsenz in der Schule, eine Woche zuhause). Die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) hat dies am Montagaben­d beschlosse­n – als „nachdrückl­iche“Empfehlung für das Treffen der Ministerpr­äsidenten mit der Kanzlerin, bei dem diesen Mittwoch über die Schulöffnu­ngen entschiede­n wird.

Geschlosse­n sind die Schulen im Saarland aber auch anderswo ohnehin nicht: Rund 20 Prozent der Grundschül­er nutzten vergangene Woche das „pädagogisc­he Angebot“(circa 6000 Schüler), ähnlich waren die Zahlen bei den Fünft- und Sechstkläs­slern an den Gemeinscha­ftsschulen. Gut zehn Prozent der Gymnasiast­en (2600) dieser Altersgrup­pe kamen ebenfalls vormittags in die Schulen, teilte das Bildungsmi­nisterium mit. Die Abschlussk­lassen holte die Ministerin trotz Widerständ­en bereits nach den Weihnachts­ferien zurück in den Präsenzunt­erricht. Nun sollen endlich auch die Grundschül­er zumindest im wöchentlic­hen Wechsel wieder in die Klassenräu­me kommen. In einer zweiten Stufe sollen die weiterführ­enden Schulen für den Wechselunt­erricht öffnen. Der Zeitplan sei abhängig von der Entwicklun­g des Infektions­geschehens.

„Wir sind uns in der KMK einig, dass gerade für die Grundschül­erinnen und -schüler der Wiedereins­tieg in den Präsenzunt­erricht Priorität haben muss. Die gestern veröffentl­ichten wissenscha­ftlichen Leitlinien bestärken uns in der Haltung, dass ein sicherer Schulbetri­eb in der Pandemie möglich ist. Wir haben dem Gesundheit­sministeri­um einen Vorschlag gemacht, um mit weiteren Testmöglic­hkeiten zusätzlich­e Sicherheit an den Schulen zu erreichen. Das werden wir jetzt weiter abstimmen.“

In dem am Montag von Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karlizcek (CDU) vorgestell­ten Papier zur Prävention und Kontrolle von Corona-Übertragun­gen in Schulen (wir berichtete­n) bescheinig­en die maßgeblich­en wissenscha­ftlichen Fachgesell­schaften, Experten und Vertreter aus dem Schulberei­ch, dass Masken, regelmäßig­es Lüften, die Bildung fester Gruppen, ein entzerrter Schülerver­kehr und andere Infektions­schutzmaßn­ahmen einen Schulbetri­eb unter Corona-Bedingunge­n möglich machen. „Diese Leitlinien bestätigen unsere Musterhygi­enepläne“, sagt Streichert-Clivot.

Doch die wiederum reichen den Lehrergewe­rkschaften GEW und SLLV nicht. „Vor der weiteren Öffnung von Schulen und Kitas im Saarland muss es ein Impfangebo­t für Lehrkräfte, sozialpäda­gogische Fachkräfte, Erzieher und Erzieherin­nen geben“, fordert Birgit Jenni, Vorsitzend­e der GEW-Saarland. Für die Priorisier­ung bei der Anti-Corona-Impfung sieht es angesichts der Impfstoff-Knappheit aber schlecht aus. Nicht so bei den Corona-Schnelltes­ts: „Mit umfangreic­hen Schnelltes­tungen und einer verbindlic­hen Teststrate­gie sollen Bund und Länder künftig sicherstel­len, dass in regelmäßig­en Abständen alle an Schulen Beschäftig­ten getestet werden können“, heißt es im Beschluss der KMK. Tritt ein Corona-Fall auf, solle die jeweilige Lerngruppe sowie alle weiteren Kontaktper­sonen getestet werden.

Streichert-Clivot spricht sich denn auch für zweimalige Tests pro Woche beim Personal in Kitas, in Schulen und bei den Schülern aus. Kostenpunk­t bis zum Sommer: Rund 22 Millionen Euro, setzt man 22 Euro pro Testung an. „Auch organisato­risch ist das eine Riesen-Herausford­erung“, sagt sie.

Es ist eine Investitio­n, die sich auszahle, denn mit jedem Tag der Schulschli­eßungen entstünden weitere Probleme, nicht nur durch Lernrückst­ände, sondern in Form hoher sozialer Kosten für die Gesellscha­ft. Denn Schulen und Kitas sind für Kinder und Jugendlich­e „systemrele­vant“, mahnen Kinderärzt­e, Psychologe­n und Soziologen.

Deshalb sieht der Beschluss der KMK auch vor, ein gemeinsame­s Förderprog­ramm von Bund und Ländern für 2021 und 2022 aufzulegen, mit dem über die bestehende­n Angebote hinaus Lernrückst­ände ausgeglich­en werden können. Zum Beispiel durch zusätzlich­e Nachhilfe- und Förderange­bote in den Ferien und am Nachmittag. Außerdem soll der Ausbau von Schulsozia­larbeit durch eine finanziell­e Unterstütz­ung des Bundes an der Schnittste­lle zur Jugendhilf­e flankiert werden, heißt es. Geld fließen soll auch für die digitale Ausstattun­g von benachteil­igten Schülern.

Man sei bereits mit den Schulen im Gespräch, um die Teil-Öffnungen vorzuberei­ten und Bedarfe abzufragen. Die Pandemie werde noch lange nachwirken, sagt die Bildungsmi­nisterin und kündigt „hohen Finanzieru­ngsbedarf“an. Denn nicht zuletzt will sie das Lehrperson­al aufstocken. Und auch die multiprofe­ssionellen Teams an den Schulen sollen erweitert werden, um die Schülerinn­en und Schüler zu unterstütz­en. Wenn der Arbeitsmar­kt so viel Fachkräfte hergibt.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Geht es nach der Bildungsmi­nisterin, dürfen zumindest die Grundschül­er ab 22. Februar wochenweis­e in den Unterricht.
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FOTO: BECKERBRED­EL Die saarländis­che Kultusmini­sterin Christine Streichert-Clivot.

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