Oppositionsparteien kritisieren fehlende Perspektive
Keine gemeinsame Öffnungsstrategie der Schulen: Lehrerverbände zeigen sich enttäuscht und verlangen bessere Schutzmaßnahmen
(SZ/dpa/epd) Trotz deutlich sinkender Infektionszahlen haben sich Bund und Länder auf eine Verlängerung des Corona-Lockdowns geeinigt. Die besonders strittige Frage der Schulöffnungen sollen die Bundesländer nach eigenem Ermessen regeln. Das Saarland will Grundschülern ab dem 22. Februar den Wechselunterricht ermöglichen. „Und zwar schauen wir da auch nicht ganz akribisch auf die Inzidenz“, erklärte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) am Mittwochabend. Das bedeute, dass dieser Schritt auch beim Nichterreichen der Zielmarke von 50 Neuinfektionen innerhalb von sieben Tage pro 100 000 Einwohner vollzogen werden solle. Bundesweit gibt es aber keine einheitliche Linie.
Genau das hatte jedoch der Deutsche Philologenverband gefordert. „Wenn die Bundesländer entscheiden, wie und wann sie den Schulbetrieb wieder aufnehmen, muss klar sein, dass dies nach einheitlichen Regeln zu erfolgen hat“, sagte die Bundesvorsitzende Susanne Lin-Klitzing unserer Redaktion. Für die generelle Rückkehr ins Klassenzimmer müsse neben einem stabilen Inzidenzwert von deutlich unter 50 auch ein R-Wert stabil unter 1,0, eine mäßige Auslastung des Gesundheitssystems sowie Impfangebote für Lehrkräfte gegeben sein, betonte Lin-Klitzing.
Auch der Deutsche Lehrerverband (DL) signalisierte Bedauern darüber, dass die Bundesländer sich nicht auf eine gemeinsame Öffnungsstrategie für die Schulen einigten. Es werde nicht einheitlich nach dem Infektionsgeschehen, „sondern nach politischen Erwägungen gehandelt“, sagte DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger. „Damit gehen die Bundesländer, die jetzt vorpreschen, ohne dass die Inzidenzzahlen das hergeben, ein großes Risiko ein.“Der Lehrerverband forderte „den massenhaften Einsatz von regelmäßigen Selbsttestungen bei Schülern und Lehrkräften, eine qualifizierte Maskenpflicht auch für Schülerinnen und Schüler, die Beschaffung von Raumluftfilteranlagen und Anstrengungen, Lehrkräfte früher als bisher vorgesehen zu impfen“, so Meidinger.
Städte und Gemeinden bedauerten ebenfalls, dass es keinen einheitlichen Plan für Öffnungen gibt. „Wenn unterschiedliche Länder jetzt unterschiedliche Stufenpläne umsetzen, wird das für die Bürgerinnen und Bürger noch unübersichtlicher. Wir brauchen kein Orchester von unterschiedlichen Stufenplänen, sondern bundeseinheitliche Leitplanken, wie es weitergehen wird“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds.
Aus Sicht der Ärztegewerkschaft Marburger Bund greifen die Bund-Länder-Pläne nicht weit genug. „Ich vermisse aber einen klaren Plan für die Zeit der schrittweisen Öffnung, wenn niedrige Infektionszahlen Lockerungen möglich machen“, sagte die Vorsitzende Susanne
Johna. Sie forderte, verstärkt auf das Virus zu testen und „ein möglichst lückenloses Testregime“zu etablieren. „Wir müssen nicht nur massenhaft testen und bei positiven Testergebnissen die Isolierung anordnen, sondern diese dann auch konsequent durchsetzen“, so Johna.
Scharfe Kritik an den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz kam auch aus der FDP. „Wer erwartet hat, dass heute das Versprechen eingelöst wird, den Menschen eine klare Perspektive zu geben, der wurde bitter enttäuscht“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki. „Eine wirkliche Strategie, die über die einfältige Schließung und Verbote hinausgeht, fehlt nach über einem Jahr Pandemie noch immer“, sagte der Bundestagsvizepräsident. „Es ist davon auszugehen, dass viele Unternehmer und Selbstständige ihre verfassungsmäßigen Rechte einklagen werden. Der Unmut ist bei denen, die nicht jeden Monat automatisch ihr Geld überwiesen bekommen, zu Recht groß“, sagte Kubicki.
Ebenso kritisch reagierte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch auf die Ergebnisse der Bund-Länder-Schalte. „Die heutigen Beschlüsse zeigen, dass sich Angela Merkel gedanklich im Lockdown eingemauert hat“, sagte Bartsch den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Statt den Menschen nach Wochen im Lockdown eine „klare Perspektive“zu bieten, stünden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und auch Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) unbeweglich auf der Bremse, sagte er.