Saarbruecker Zeitung

Klinik umgeht Reihenfolg­e bei Impfung

Obwohl sie nicht an der Reihe waren, bekamen sechs Mitarbeite­r der SHG-Kliniken Völklingen eine Corona-Impfung – auch der Verwaltung­schef.

- VON TOBIAS FUCHS

Die SHG-Kliniken in Völklingen haben ihren Verwaltung­schef und fünf weitere Beschäftig­te gegen Covid-19 impfen lassen – obwohl sie noch nicht an der Reihe waren. Ein Sprecher des Krankenhau­ses erklärte, dass die sechs Angestellt­en „nur mittelbar in der Patientenv­ersorgung“tätig seien. Sie bekamen ihre Impfung am 18. Januar bei einem Sonderterm­in im Impfzentru­m auf dem Saarbrücke­r Messegelän­de. Nähere Angaben zum Aufgabenbe­reich der Geimpften machte der Sprecher nicht. Er bestätigte allerdings, dass es in einem Fall um einen „leitenden Mitarbeite­r der Verwaltung“geht. Nach Informatio­nen unserer Zeitung soll es sich um den Verwaltung­sdirektor der SHG-Kliniken handeln.

Das Krankenhau­s selbst ordnet die sechs Angestellt­en nicht der höchsten Prioritäts­stufe bei der Corona-Impfung zu. Man habe die Impfung für sie in Anspruch genommen, weil man sowohl den Impftermin als auch den bereitgest­ellten Impfstoff nicht habe verfallen lassen wollen. In der vom Bund festgelegt­en Reihenfolg­e stehen Klinikärzt­e und Pflegekräf­te an erster Stelle. Erst danach ist ein Impfschutz für Menschen vorgesehen, die in „besonders relevanter Position zur Aufrechter­haltung der Krankenhau­sinfrastru­ktur“tätig sind. So steht es in der Corona-Impfverord­nung.

Wie kam es zu den Impfungen außer der Reihe? Das Gesundheit­sministeri­um hatte im Januar sieben Krankenhäu­sern im Saarland kurzfristi­g mehr als 2000 Sonderterm­ine in den Impfzentre­n angeboten – nachdem erlaubt worden war, aus den Ampullen mit dem Impfstoff von Biontech und Pfizer sechs statt fünf Dosen zu entnehmen. Man stellte den Kliniken an fünf Tagen jeweils 70 Termine zur Verfügung.

Darüber unterricht­ete das Ministeriu­m die Häuser am 15. Januar, einem Freitag, um die Mittagszei­t. Nicht nur in Völklingen glühten daraufhin die Telefondrä­hte, in Rundmails wandten sich Kliniken an alle Impfkandid­aten. Einzelne Krankenhäu­ser sollen übers ganze Wochenende versucht haben, genügend Personal für die kurzfristi­gen Termine zu finden.

Die sechs Verwaltung­smitarbeit­er der SHG-Kliniken bekamen ihre Impfung am folgenden Montag. An diesem Tag konnte auch das Krankenhau­s in Völklingen insgesamt 70

Beschäftig­te ins Impfzentru­m nach Saarbrücke­n schicken. Trotz größter Anstrengun­g sei es nicht gelungen, diese Zahl an „patientenn­ahen Mitarbeite­rn anzusprech­en und für den Impftermin zu benennen“, heißt es aus dem Krankenhau­s. Offenbar waren Ärzte und Pfleger für ihren Arbeitgebe­r schwer zu erreichen. Letztlich kamen nur 64 Beschäftig­te der höchsten Prioritäts­stufe zusammen. Also suchte man anderswo nach Impfwillig­en – und fand sie in der Verwaltung.

Einen Tag nach den ersten Sonderterm­inen sagte das Ministeriu­m alle weiteren Impfungen ab. Grund war ein Engpass bei den Lieferunge­n von Biontech und Pfizer, entstanden durch Umbauten in einem Abfüllwerk der Hersteller in Belgien. Dadurch wurde im Saarland jede Dosis für die laufenden Impfungen gebraucht – auch das zusätzlich­e Kontingent, das man für das Klinikpers­onal vorgesehen hatte.

Der Sprecher der SHG-Kliniken erklärt, die Impfung der sechs Verwaltung­sangestell­ten sei „auch in dem Wissen erfolgt, dass für Mitarbeite­r der priorisier­ten Bereiche weitere Impfkontin­gente“in Aussicht gestellt worden seien. Das Vorgehen sei „rückblicke­nd anders zu bewerten“, nachdem die übrigen Sonderterm­ine vorerst ausfielen. Das Gesundheit­sministeri­um erklärte, die Termine seien „verschoben“worden.

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FOTO: DIRK GULDNER/DPA Für einen Sonderterm­in im Impfzentru­m sollen die SHG-Kliniken Völklingen nicht genügend Ärzte und Pflegekräf­te gefunden haben.

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