„Mir liegt daran, das Institut zu öffnen“
Das „Institut für aktuelle Kunst im Saarland mit Forschungszentrum für Künstlernachlässe“in Saarlouis hat einen neuen Leiter. Was sind die Pläne von Andreas Bayer?
Ruhig ist es im Institut für aktuelle Kunst im historischen Munitionslager am Saarlouiser Choisyring. Corona-Ruhe. Winter noch dazu. Anfang Januar hat Andreas Bayer, bisher Lehrbeauftragter und Pressesprecher der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK) in Saarbrücken, hier die Leitung übernommen. Vom Gründer des Instituts Jo Enzweiler, der sich nach fast drei Jahrzehnten in den wohlverdienten (produktiven) Ruhestand verabschiedet hat (wir berichteten). Aus seinem noch kahlen Büro blickt Bayer in den Innenhof des Instituts auf zwei Skulpturen im gepflegten Steinfeld. Gegenüber liegen der schöne, großzügig-moderne Ausstellungsraum, die Bibliothek und das Archiv für Künstlernachlässe sowie die Artothek. Sie wartet darauf, dass bald wieder Kunstbegeisterte kommen, um sich Werke saarländischer Künstler und Künstlerinnen auszuleihen.
Die Ruhe täuscht. Denn der umtriebige, als einstiger Kurator der Landeskunstausstellung 2013 bestens in der Szene vernetzte Bayer hat damit begonnen, das ehrwürdige Kunst-Institut aufzupeppen und fit zu machen für die Ansprüche einer unentwegt auf allen Kanälen kommunizierenden Gesellschaft. Das bedeutet nicht nur, aber auch mehr Präsenz in den sozialen Medien und innovative, auch digitale Vermittlungsformate
sowie unkonventionelle Kunstpräsentationen. Als Kurator des KuBa Kulturzentrums am Eurobahnhof weiß Bayer, wie so etwas geht. Mit seinem guten Draht in die HBK ist er am Puls der Zeit.
Er habe „größten Respekt“, was das Institut seit seiner Gründung mit vergleichsweise geringer technischer und finanzieller Ausstattung, bei „höchstem personellen Engagement“geleistet habe. Die Arbeit des Forschungszentrums – Dokumentation aktueller Kunst in der Großregion und seit 2016 auch Aufarbeitung und Verwaltung von Künstlernachlässen – sei die komfortable Basis, auf der er weiterarbeiten könne mit dem eingespielten Kernteam von rund zehn wissenschaftlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, allesamt Honorarkräfte.
Als neuer Leiter stehe er nun vor der Aufgabe, nicht nur das wissenschaftliche Profil zu erhalten und auszubauen, sondern das Institut als Ort der Kunstvermittlung und Wissenschaftskommunikation „weiter nach vorne zu bringen“. Wesentlich dafür sei zunächst die digitale Aufrüstung auf das Niveau aktueller Standards. 50 000 Euro Fördergeld dafür konnte Bayer gerade vom Kultusministerium an Land ziehen. Nun sollen in einem ersten Schritt Hard- und Software modernisiert werden. Dann geht es an die effektivere Kommunikation, an die Öffnung nach außen. „Die Pandemie hat uns gezeigt, dass vernetztes, standortunabhängiges Arbeiten möglich sein muss“, so Bayer. Das sei auch wesentlich für eine überregionale Vernetzung mit anderen Kunstinstitutionen.
Dass das Institut für aktuelle Kunst ein An-Institut der HBK ist, ging in den vergangenen Jahren oft unter, obwohl dessen bisheriger Leiter einst Gründungsrektor der HBK war. Das will Andreas Bayer ändern, der nach wie vor zwei Lehrveranstaltungen an der HBK als Dozent anbieten wird. Öffnung und Weitung der Perspektive sind ihm ein Anliegen, viele zeitgenössische Kunstströmungen sollen repräsentiert sein. „Ich will diesen Standort in die Lehre der HBK re-integrieren Mir liegt daran, das Institut zu öffnen, gerade für Studierende. Wir gehören zur HBK!“Im Bereich Design könnte dies zum Beispiel gut funktionieren, aufbauend auf dem Nachlass
des ehemaligen HBK-Rektors und Designers Diethardt Adt, gibt er ein Beispiel. Studentische Forschungsprojekte könnten direkt im Institut angesiedelt werden – und nicht zuletzt die Schulen will Bayer einladen, die Scheu zu verlieren und mal reinzuschauen.
„Ich freue mich sehr aufs inhaltliche Arbeiten“, sagt Bayer. Und auch darüber, dass nach vielen Jahren, in denen vor allem die rege Spendenakquise von Jo Enzweiler die Arbeit gesichert hat, eine institutionelle
Förderung über den Landeshaushalt mit 100 000 Euro pro Jahr gelungen ist. Das verschafft dem neuen Leiter Luft, gleichwohl er immer noch eine Finanzierungslücke von rund 30 000 Euro pro Jahr schließen müsse, um die laufenden Kosten zu decken. Ohne die Fördergesellschaft, die das Institut trägt, Stadt und Landkreis Saarlouis und weitere möglichst finanzkräftige Sponsoren wird es nicht gehen. Viele von ihnen hatten ein persönliches Verhältnis zu Jo Enzweiler, einige wollen sich wohl mit seinem Ausscheiden zurückziehen. Und so wird Andreas Bayer auch beim Spendeneinwerben neue Wege gehen müssen. Er ist da guter Dinge.
Ein Bildband mit dem Titel „Institut für aktuelle Kunst im Saarland an der Hochschule der Bildenden Künste Saar mit Forschungszentrum für Künstlernachlässe“ist jetzt in der Edition Logika erschienen. Er ist gegen eine Spende im Institut erhältlich.
Info: www.institut-aktuelle-kunst.de
„Ich will diesen Standort in die Lehre der HBK
re-integrieren.“
Andreas Bayer
Leiter des Instituts