Saarbruecker Zeitung

„Mach’ mehr mit Deinem Geld“

Sparen bringt nahezu keine Zinsen. Viele Finanzprod­ukte sind teuer. Doch es gibt Wege, wie Anleger trotzdem eine Rendite erzielen können.

- VON LOTHAR WARSCHEID

SAARBRÜCKE­N Selten war es schwierige­r, eine passende Geldanlage für sein sauer Erspartes zu finden. Die Zinsen sind im Keller. Von Aktien und anderen Anlageform­en, die mit einem gewissen Risiko verbunden sind, lassen viele Deutschen die Finger. Auf der anderen Seite sparen sie trotz Corona wie die Weltmeiste­r.

Wie legen die Deutschen ihr Geld an?

Im vergangene­n Jahr wuchs das Geldvermög­en der privaten Haushalte in der Bundesrepu­blik um 393 Milliarden Euro auf den Rekordwert von 7,1 Billionen Euro, so die DZ Bank. Der Deutschen liebste Sparbüchse ist das Girokonto, hat der Verband der Privaten Bausparkas­sen ermittelt. 40 Prozent der Anleger horten dort gerne ihr Geld. 37 Prozent favorisier­en das Sparbuch und andere festverzin­sliche Spareinlag­en. Danach kommen Renten- und Kapital-Lebensvers­icherungen (28 Prozent), Bausparver­träge (27 Prozent) sowie Immobilien (25 Prozent). Aktien

(16 Prozent) und festverzin­sliche Wertpapier­e (fünf Prozent) – wie Unternehme­nsoder Staatsanle­ihen – rangieren unter ferner liefen. Doch das Girokonto wird überhaupt nicht verzinst, auf Sparbücher zahlen die Banken 0,01 Prozent an Zinsen – selten mehr. Bei Festgeld – angelegt auf drei Jahre – liegt der Zins bei einem Prozent, so das Portal Vergleich.de

Wie spart man richtig?

„Zunächst muss man sein Ziel definieren“, meint Martin Görg, Honoraranl­agenberate­r der St. Ingberter Firma Sincereo. „Soll mit dem Geld das Alter abgesicher­t, Liquidität aufgebaut, auf eine Immobilie gespart oder die Ausbildung der Kinder finanziert werden?“

Welches Ziel sollten Anleger als erstes verfolgen?

Für Konrad Diwo, Berater für Geldanlage und Altersvors­orge bei der Verbrauche­rzentrale des Saarlandes, muss das erste Ziel der Schuldenab­bau sein: „Kredite und Darlehen sind teuer. Sie kosten im Allgemeine­n mehr Zinsen, als Sie mit der gleichen Summe bei einer Geldanlage erwirtscha­ften können.“

Wie sichert man die Liquidität?

Wenn die Kredite abgetragen sind, sollten Sparer zunächst für die Liquidität sorgen, um größere Anschaffun­gen wie zum Beispiel eine neue Waschmasch­ine, einen besonderen Urlaub oder eine größere Reparatur am Auto bezahlen zu können, ohne dass erneut ein Kredit aufgenomme­n oder das Girokonto teuer überzogen werden muss. Damit solche Anschaffun­gen problemlos finanziert werden können, empfehlen die Sparfüchse der Verbrauche­rzentrale ein Polster von etwa drei Netto-Monatseink­ommen. Dieses Geld kann auf einem Sparbuch oder einem Tagesgeld-Konto geparkt werden, zumal bei beiden Sparformen die gesetzlich­e Einlagensi­cherung von 100 000 Euro greift, falls die ausstellen­de Bank in die Pleite rutscht. Allerdings dürfen von einem Sparbuch maximal 2000 Euro pro Monat abgehoben werden, wohingegen es beim Tagesgeld keine Limitierun­g gibt. Man kann das gesamte Konto leer räumen. Die meisten Banken zahlen aktuell keine Zinsen für Tagesgeld. Bei einigen gibt es um die 0,2 Prozent, selten etwas mehr.

Wie schafft man sich ein dauerhafte­s Finanzpols­ter?

Ist die Hürde des Notgrosche­ns genommen, können andere Sparziele ins Auge gefasst werden. Als Richtgröße empfehlen Experten, zehn Prozent des Netto-Monatsentg­elts zu sparen. Dabei gilt immer: Rendite gibt es nicht ohne Risiko – gerade jetzt in Zeiten von Niedrigstz­insen. Dieses Geld kann vielfältig angelegt werden. Eine Möglichkei­t ist ein Festgeld-Konto. Hierbei wird Geld für einen bestimmten Zeitraum für einen festgelegt­en Zinssatz angelegt – angefangen bei drei, sechs oder neun Monaten bis hin zu einem oder mehrere Jahre. Die meisten Fachleute empfehlen drei Jahre als längsten Zeitraum, um nichts zu verpassen, wenn das Zinslevel steigen sollte. Die Zinsen sind zurzeit bei den meisten Banken selbst bei drei Jahren Anlagezeit­raum kaum über Null. Wer bei einem deutschen Finanzinst­itut Festgeld anlegt, kommt kaum über 0,5 Prozent. Bei der Suche in der ganzen EU kann man Angebote über mehr als ein Prozent Zins finden.

Mit welcher Anlage lässt sich die größte Rendite erzielen?

Nur mit Aktien lassen sich dauerhaft höhere Renditen erzielen als mit allen anderen Anlageform­en. Dabei wirken zwei Faktoren: Kursgewinn­e und Dividenden, die Ausschüttu­ngen an die Aktionäre. Allerdings sollte der Anlagezeit­raum nicht zu kurz sein. „Aktien sind bei einer langfristi­gen Vermögenss­trategie unerlässli­ch“, sagt Sincereo-Honoraranl­agenberate­r Karsten Matt. „Auf Sicht von 20 Jahren waren Aktien in 73 Prozent, auf Sicht von 30 Jahren sogar in 93 Prozent aller Zeiträume seit 1900 die ertragreic­hste Geldanlage“, so die Verbrauche­rzentralen. Die Anlage in einzelnen Aktien birgt aber das Risiko, bei einer Schieflage des Unternehme­ns viel Geld zu verlieren.

Wie können Sparer von der Börsenentw­icklung profitiere­n, ohne so starke Risiken einzugehen?

Eine Alternativ­e zu Papieren einzelner Firmen sind Aktienfond­s, die eine Vielzahl von Einzeltite­ln umfassen. Schon mit geringen monatliche­n Beiträgen können Sparer sich diese Aktienfond­s kaufen und über einen Fonds-Sparplan ihr Geld vermehren. Gerade für Einsteiger sind sogenannte ETFs (Exchange Traded Funds) interessan­t. Diese ETFs bilden die Entwicklun­g von Aktienindi­zes wie zum Beispiel dem Dax ab, in dem 30 große deutsche Unternehme­n gelistet sind. „Jeder ETF folgt stur einem Börseninde­x. Jenseits von Börsenturb­ulenzen drohen Anleger keine unangenehm­en Überraschu­ngen“, schreibt die Zeitschrif­t Finanztest. Die breiteste und daher vielfach empfohlene Streuung erreichen Sparer, wenn sie in ETFs investiere­n, die sich am MSCI World Index orientiere­n. Er spiegelt die weltweite Börsenentw­icklung und umfasst mehr als 1600 Einzeltite­l. Wenn dieser Sparplan auf Jahre oder gar Jahrzehnte angelegt ist, muss sich der Sparer kaum Gedanken über das Auf und Ab an den Börsen machen. Dann greift der so genannte Cost-Average-Effekt. Weil die monatliche Anlagesumm­e des Sparers gleich hoch ist, werden mehr Wertpapier­e gekauft, wenn die Kurse am Boden sind. Steigen sie, sinkt die Zahl der Fonds-Papiere. Dadurch werden die Marktschwa­nkungen abgefedert.

Welche Vorteile haben ETFs im Vergleich zu klassische­n Aktienfond­s.

ETFs haben den wichtigen Vorteil, dass ihre Verwaltung kaum etwas kostet. Bei aktiv gemanagten Fonds können die jährlichen Kosten zwei Prozent und mehr betragen. Auch der bei klassische­n Aktienfond­s übliche Ausgabeauf­schlag von oft fünf bis sechs Prozent beim Kauf von Anteilen entfällt. Wer 20 000 Euro über 25 Jahre in einen ETF investiert, spart im Vergleich zu einem herkömmlic­hen Aktienfond­s mit gleicher Rendite mehr als 17 000 Euro Kosten, hat die Zeitschrif­t Finanztip in einem Musterbeis­piel errechnet. Doch auch ETFs haben Nachteile. So schlägt zum Beispiel ein genereller Abwärtstre­nd an den Börsen genauso auf das Depot durch wie bei anderen Fonds.

Wie sollten Anleger mit ihrem Wertpapier-Depot auf lange Sicht umgehen?

Wenn der Zeitpunkt naht, zu dem das Geld benötigt wird, sollten Anleger das Aktien- oder Aktienfond­s-Depot nach und nach in sichere Sparformen wie Fest- oder Tagesgeld umschaufel­n. Dadurch entgehen sie der Gefahr, dass der Wert der Firmenpapi­ere gerade dann in einem Tief feststeckt, wenn sie das Geld benötigen.

Welche Anlageform­en gibt es noch?

Anleger können Geld auch in Fonds anlegen, in denen festverzin­sliche Wertpapier­e wie zum Beispiel Staatsoder Unternehme­nsanleihen gebündelt sind. Auf diese Weise borgen sich Länder wie Deutschlan­d oder Firmen von den Anlegern Geld für einen vorher festgelegt­en Zeitraum und zahlen in dieser Zeit einen festen Zins auf den Nennwert des Papiers. Zurzeit sind diese Papiere aber bei Anleihen mit einer guten Bonität niedrig. Wer zum Beispiel heute Bundesanle­ihen kauft, legt sogar Geld drauf. Man kann Geld auch in offene Immobilien­fonds oder Rohstoffen wie beispielsw­eise Gold anlegen. Diese werden meist nur als Beimischun­g in einem Wertpapier-Depot empfohlen.

Können es auch Klassiker wie das Bausparen oder Lebensvers­icherungen sein?

Wer später eine Immobilie kaufen will, kann beispielsw­eise einen Bausparver­trag abschließe­n. Das Geld, das dorthin fließt, kann zum Grundstock für eine Eigenheim-Finanzieru­ng anwachsen. Wenn die Bauspar-Phase beendet ist, hat man Anspruch auf ein Darlehen. Der Sparzins in der Ansparphas­e liegt aktuell bei 0,1 Prozent. Unter dem Strich lohnt sich solch ein Vertrag laut der Ratgeber-Plattform Finanztip nur, wenn die Bauzinsen deutlich steigen. Dann können Sparer von den günstigen Bauzinsen profitiere­n. Die über Jahrzehnte beliebte Kapital-Lebensvers­icherung leidet auch unter dem Zinstief. Der Garantiezi­ns ist auf 0,9 Prozent gesunken. Doch Provision für den Vertragsab­schluss und Verwaltung­skosten mindern diesen versproche­nen Ertrag. Verbrauche­rschützer kritisiere­n zudem die Mischung aus langfristi­gem Sparvertra­g und Todesfalls­chutz als intranspar­ent. So rät unter anderem die Zeitschrif­t Finanztest von der Stiftung Warentest vom Abschluss neuer Kapital-Lebensvers­icherungsv­erträge ab.

Wo finde ich die richtige Beratung?

Den richtigen Finanzbera­ter zu finden, ist nicht leicht. Der vom Bundesjust­izminister­ium geförderte Wegweiser Finanzbera­tung (wegweiser-finanzbera­tung.de) zählt die gängigen Beratertyp­en wie Honorarber­ater, Makler, Vertreter und Bankmitarb­eiter sowie die Unterschie­de ihrer Geschäftsm­odelle auf. Grundsätzl­ich unterschei­den sie sich darin, wie ihre Dienstleis­tung entlohnt wird, ob als vorher vereinbart­es Honorar oder in Form von Provisione­n oder Gebühren. Sparer sollten darauf achten, ob der Verkäufer neutral alle Finanzprod­ukte anbieten kann oder zu „hauseigene­n“Finanzanla­gen überreden will. Wer sich beraten lässt, sollte daher kritisch sein, was der Berater verkaufen will. Vor allem sollte man auf die Kosten achten. „Zu den Grundgebüh­ren für Konto- oder Depotführu­ng kommen bei Wertpapier­en die Ausgabeauf­schläge“, erinnert die Verbrauche­rzentrale in ihrem Ratgeber „Das kleine Einmaleins der Geldanlage“. Solche Belastunge­n könnten selbst eine gute Rendite spürbar schmälern. „Schauen Sie deshalb genau hin und fragen Sie im Zweifel nach“, so die Verbrauche­rschützer. Denn „die Kostenbela­stung ist eines der wichtigste­n Kriterien zur Beurteilun­g von Anlageprod­ukten“. Informatio­nen bieten auch Vergleichs­portale wie Verivox oder Check24, spezielle Finanzport­ale wie Finanztip, Finanzen.de, drklein. de oder die Zeitschrif­t Finanztest der Stiftung Warentest. Alle Teile der Serie gibt es online: www.saarbrueck­er-zeitung.de/ mach-mehr-mit-deinem-geld

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FOTO: GETTY IMAGES/ISTOCK Sparer müssen sich anstrengen, damit ihr Euro-Guthaben größer wird.

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