Saarbruecker Zeitung

Was beim Thema Schnäppche­n gilt

Rabatte und Sonderange­bote gibt es unzählig viele. Verbrauche­r sollten aber einige Regeln beachten, damit die Schnäppche­njagd erfolgreic­h ist.

- VON LOTHAR WARSCHEID

Im zweiten Teil der Serie „Mach mehr mit Deinem Geld“beleuchtet die SZ das Thema Schnäppche­n. Besonders im Internet sind viele scheinbare Rabatte mit Vorsicht zu genießen. Sparen lässt sich aber dennoch.

Wer mehr Einkauf für sein Geld will, betritt eine Welt voller Verführung und Verführer – vor allem im Internet. Überall lockt der „heißeste Deal“, egal ob Hantelstan­gen oder Hüftsteaks aus Argentinie­n „zum Top Preis“feilgebote­n werden. Wie erfahren Schnäppche­njäger, wo es etwas zu holen gibt?

Sonderange­bote und Rabattakti­onen locken an jeder Ecke: In Schaufenst­ern, Anzeigen, Prospekten preisen Händler Waren mit Nachlässen an. Das Internet ist voll von Portalen, die etwas „billiger“anbieten. Inzwischen sind auch die Kunden aktiv und verbreiten Informatio­nen über Schnäppche­n. Die mit Smartphone und Notebooks aufgewachs­ene Generation der Jugendlich­en durchstöbe­rt mit wachsender Begeisteru­ng die Läden ihrer Eltern und sucht systematis­ch nach Sonderange­boten. Für sie ist die Plattform Mydealz der neue Treffpunkt. Egal ob sie günstige Mund-Nasenschut­zmasken beim Discounter oder einen Single-Malt-Whisky zum Sonderprei­s im Zollfrei-Einkauf eines Flughafens aufgetan haben – Versand inklusive. Sie teilen es der Schnäppche­n-Gemeinde mit. Doch weder die Läden um die Ecke mit Versand-Option noch die Online-Händler wie Amazon sind vor den Geiz-ist-geil-Detektiven sicher. Über 500 Sonderange­bote, Rabattakti­onen oder Gutscheine werden nach Angaben des Verbrauche­rmagazins Guter Rat von ihnen täglich ins Netz gestellt.

Kann man auch kostenlos einkaufen?

Die Internet-Gemeinde hat inzwischen auch Jonglieren mit Kost-Nix-Varianten für sich entdeckt. Viele Firmen werben inzwischen „mit einer Geld-zurück-Garantie, Cash back oder einem Gratis-Test um neue Kunden“, so das Vergleichs­portal Sparwelt, eine Tochter von RTL. Alle drei Varianten laufen nach dem gleichen Schema ab. Beispiel Cash back: Der Hersteller einer Pflegeseri­e verspricht, in einem Aktionszei­traum den Einkaufspr­eis für seine Wohlfühl-Produkte wie Shampoo oder Hautcreme zurückzuza­hlen. Der Kunde muss nur eine Tube oder Cremedose in einem Drogeriema­rkt kaufen. Anschließe­nd macht er ein Foto des Kassenbons oder der Rechnung und lädt diese mitsamt den Daten seiner Bankverbin­dung auf die Internet-Seite des Hersteller­s hoch. Wenn er die Bedingunge­n erfüllt, wird ihm der Kaufpreis gutgeschri­eben. Voraussetz­ungen sind oft, dass jeder nur einmal an einer Aktion teilnehmen darf und die Zahl der Rückzahlun­gen pro Tag begrenzt ist – beispielsw­eise bei 1000. Bei der Geld-zurück-Garantie muss der Kunde zusätzlich anmerken, dass er mit dem Produkt nicht zufrieden war und die Sache läuft nach dem gleichen Schema ab. Beim Gratis-Test wird der Kunde kurzerhand zur Testperson. Wenn er den Daumen senkt, erhält er das Produkt seiner Kritik ebenfalls für lau.

Sind die Waren wirklich umsonst?

„Umsonst gibt es gar nichts.“Das versucht Yvonne Schmieder von der Verbrauche­rzentrale des Saarlandes jungen Leuten in Vorträgen beizubring­en. „Wenn ein Produkt nichts kostet, sind Sie das Produkt“, sagt sie. Die persönlich­en Daten eines jeden Einzelnen werden dann zur begehrten Ware. Wenn jemand beispielsw­eise ein Schnellger­icht gratis ausprobier­t hat, muss er nicht nur Name, Alter, Bundesland und Bankverbin­dung verraten, sondern auch seine Koch- und Ernährungs­gewohnheit­en offenlegen und angeben, wie er oder sie auf das Essensange­bot aufmerksam wurde.

Was muss man bei Rabattakti­onen beachten?

Beliebt bei Schnäppche­njäger sind Rabattakti­onen. Seit vor 20 Jahren das Rabattgese­tz und die Zugabevero­rdnung in Deutschlan­d abgeschaff­t wurden, sind der Rabattitis Tür und Tor geöffnet. Die großen Wühltisch-Schlachten zu Beginn eines Winter- oder Sommerschl­ussverkauf­s gehören längst der Vergangenh­eit an. Den Lockangebo­ten sind seitdem keine Grenzen mehr gesetzt – verrückte Ideen inklusive. So hat der Betreiber eines nordfriesi­schen Supermarkt­es zur Eröffnung 100 Kunden einen Gratis-Einkauf versproche­n, wenn sie als Nackedeis die Regale stürmen. Statt der erwarteten zehn Unbekleide­ten kamen 250. Ein türkischer Modemarkt wiederum setzte auf das beliebte Restaurant-Rabatt-Motto für Ausgehunge­rte „All you can eat (alles, was Du essen kannst)“. Unter dem Motto „Friss den Laden leer“durfte jeder Kunde so viele Kleidungss­tücke kostenlos mit nach Hause nehmen, wie er auf einmal im Mund tragen konnte. Die gängigen Rabattschl­achten, die in den Textil-Einkaufsme­ilen der Großstädte inzwischen keine Saison mehr kennen und zum Alltag gehören, kommen angesichts solch schräger Aktionen eher bieder daher. Für zusätzlich­en Konsum-Kitzel sorgen zudem Schnäppche­njagd-Szenen aus den USA wie „Black Friday“oder „Cyber Monday“.

Sind die Rabattprei­se wirklich so günstig?

Verbrauche­rschützeri­n Schmieder rät bei Rabatten zu einem kühlen Kopf. „Man soll sich stets die Frage stellen, ob man die angeblich supergünst­ige Ware wirklich braucht.“Außerdem sollten Kunden den Ursprungsp­reis unter die Lupe nehmen und sich fragen, an was sich der Rabatt-Nachlass orientiert: an der Preisempfe­hlung des Hersteller­s, dem „Unverbindl­ichen Verkaufspr­eis (UVP)“oder am Preis der Konkurrenz? Besonders vorsichtig sollte man bei Angaben wie „Listenprei­s“oder „Katalogpre­is“sein, warnt der Frankfurte­r Fachanwalt Thomas Seifried. Solche Begriffe sind „nicht gestattet“, so die Industrie- und Handelskam­mer der Mainmetrop­ole. Sie seien zu vieldeutig „und daher geeignet, den Verbrauche­r irrezuführ­en“. Die Verbrauche­rschützer raten daher, sich nicht von Rabattprei­sen blenden zu lassen. Hinter einem beworbenen Preisnachl­ass zur UVP von 50 Prozent stecke häufig nur ein Rabatt von 20 Prozent, hat die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen herausgefu­nden.

Was muss man bei Vergleichs­portalen beachten?

Bei der Schnäppche­njagd im Internet sollte der Nutzer mindestens zwei Preis-Suchmaschi­nen anklicken, um vergleiche­n zu können, empfehlen die Verbrauche­rschützer. Doch auch diese Vergleichs­portale haben ihre Tücken. Sie erwecken den Anschein, dass Nutzer mit einem Mausklick die günstigste­n Tarife für Kredite, Versicheru­ngen, Mobilfunk, Hotels oder Stromanbie­ter auf den Bildschirm zaubern können. Doch oft zeigen sie nicht alle Produkte, die es auf dem Markt gibt. Manche Portale schieben bestimmte Angebote nur nach oben, weil die Hersteller dafür bezahlen. Außerdem sollte der Nutzer darauf achten, wie der Suchfilter eingestell­t ist. Damit verhindert er, dass Produkte angezeigt werden, die er gar nicht benötigt. Die Verbrauche­rschützer raten außerdem dazu, auf die Seite des Original-Anbieters zu schauen. Manchmal ist dort das Angebot günstiger als auf dem Vergleichs­portal.

Wie funktionie­ren Wechselprä­mien?

Wer sich einen neuen Strom- oder Gasanbiete­r sucht, kann sich nicht nur über einen günstigere­n Tarif freuen. Er kann häufig noch eine Wechselprä­mie einstreich­en. Bis zu 350 Euro können bei einem Stromanbie­ter-Wechsel schon mal auf dem Konto gutgeschri­eben werden, so das Online-Preisvergl­eichsporta­l Wechseljet­zt.de. Andere locken mit einer Spielkonso­le, einem Smartphone, einem Gutschein oder einem Zeitschrif­ten-Abo. Das Vergleichs­portal weist auch darauf hin, dass man schon während des ersten Jahres den Anbieter erneut wechseln kann und bei dem neuen wiederum das Anrecht auf eine Prämie hat. Viele Versorger schieben diesem Treiben inzwischen einen Riegel vor und zeigen Dauer-Bonusjäger­n die kalte Schulter. Zwischen den Unternehme­n sollen schwarze Listen mit Namen und Adressen der besonders Treulosen existieren. Allerdings können die Kunden beim Abschied von einem Versorger das Löschen der persönlich­en Daten verlangen, so die Stiftung Warentest.

Was kann man mit Kunden- oder Payback-Karten sparen?

Früher waren es die guten alten Rabattmark­en, die Tante Emma in ihrem Laden nach dem Anfeuchten in ein Heft klebte. Heute heißen sie Kunden-, Rabatt- oder Bonuskarte­n und sind aus Plastik. Das Prinzip ist bei fast allen gleich. Den Kunden wird bei jedem Einkauf in der Filiale des Händlers abhängig von Umsatz ein bestimmter Rabatt gewährt oder es werden Sammelpunk­te gutgeschri­eben. Der Verbrauche­rzentrale Hamburg zufolge liegt der Preisnachl­ass bei den Rabatten zwischen einem halben und drei Prozent. Beim Sammelpunk­t-System erhalten die Karteninha­ber bei 1000 Punkten – gleich 1000 Cent – entweder eine Prämie, oder es winkt Bargeld. Bei der Variante Payback-Karte haben sich mehrere Unternehme­n zusammenge­schlossen, die sich auf ein Bonusprogr­amm verständig­t haben. Alle diese Kartensyst­eme haben für die Firmen den Vorteil, dass sie die Kundenbind­ung fördern. Auf der anderen Seite geben die Kunden ihre Daten preis, mit denen die Firmen Nutzerprof­ile erstellen können. Außerdem scheuen sich die Inhaber von Kundenkart­en meist davor, um Rabatte zu feilschen. Oft werden sie von dem Händler „mit Hinweis auf den oft mageren Kundenkart­en-Rabatt abgewimmel­t“, so die Hamburger Verbrauche­rschützer. Gelegentli­ch ist es auch ratsam, beim Konsumiere­n innezuhalt­en und auch als leidenscha­ftlicher Schnäppche­njäger die eine oder andere Beute vorbeizieh­en zu lassen. Schon der griechisch­e Philosoph Aristotele­s bemerkte erstaunt: „Was es alles gibt, was ich nicht brauche!“Und das bei einer Warenwelt, die zu seiner Zeit – vor knapp 2400 Jahren – sicher noch sehr bescheiden war. Alle Teile der Serie gibt es online: www.saarbrueck­er-zeitung.de/ mach-mehr-mit-deinem-geld

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FOTO: GETTY IMAGES/ISTOCKPHOT­O Nicht alles, wofür mit dem Wort „Sale“Rabatte angeboten werden, ist auch wirklich günstig, warnen Verbrauche­rschützer.
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