Wie Trump den Kessel am Kochen hält
Bei seiner Rückkehr auf die öffentliche Bühne lässt sich der Ex-Präsident als Held feiern. An seinem Nachfolger Joe Biden lässt er kein gutes Haar.
Zum Standardrepertoire Donald Trumps gehört der Satz, dass er die Spannung erhalten wolle, statt zu früh zu verraten, wie etwas ausgehen wird. Trump, der Unberechenbare: Am Sonntagabend, zum Abschluss der Jahrestagung konservativer Aktivisten, stand eine Fortsetzung der Staffel auf dem Programm. In vier Jahren, prophezeite der Wahlverlierer, werde ein republikanischer Präsident im Triumphzug ins Weiße Haus zurückkehren. „Und ich frage mich, wer das sein könnte. Wer, wer, wer wird das wohl sein?“
Er ließ alles offen, schloss nichts aus, bestätigte nichts – und hielt den Kessel am Kochen. Mit der Andeutung, in die jeder hineinlesen kann, was er möchte, beendete Trump eine Rede, die er mit scharfen Angriffen auf seinen Amtsnachfolger begann. Und der gebetsmühlenartig wiederholten Behauptung, dass er das Votum am 3. November nur verloren habe, weil Betrug im Spiel gewesen sei. „Wer weiß, vielleicht entscheide ich, dass ich sie zum dritten Mal schlagen werde“, sagte Trump, meinte seine demokratischen Widersacher, sprach von Wahlsiegen 2016 und 2020 und stellte vage in Aussicht, 2024 noch einmal anzutreten.
Knapp sechs Wochen nach seinem Auszug auf dem Weißen Haus hat der Ex-Präsident erstmals wieder eine öffentliche Bühne betreten. CPAC, die Conservative Political Action Conference, so viel war vorher klar, würde zum Heimspiel für ihn werden. Zwar spiegelt der Kongress nicht unbedingt wider, wie die Republikanische Partei in ihrer Gesamtheit tickt. Moderate Politiker kommen dort praktisch nicht mehr zu Wort. Über die Stimmung auf dem rechtskonservativen Flügel allerdings lässt er ziemlich verlässliche Schlüsse zu. Das Fazit: Dort gilt Trump noch immer als Held, als Anführer, als der Rebell, der es dem Establishment gezeigt hat und die Arrivierten noch einmal das Fürchten lehren wird. Falls es dafür noch eines Beweises bedurfte hätte, dann hat ihn eine Meinungsumfrage unter den Konferenzteilnehmern erbracht. Müssten die Konservativen heute einen Präsidentschaftskandidaten küren, würden 55 Prozent dem Milliardär aus New York den Vorzug geben. An zweiter Stelle folgte Ron de Santis, Gouverneur Floridas und bekennender Trumpianer. Alle anderen wären chancenlos.
So vage Trump mit Blick auf 2024 blieb, so eindeutig definierte er seine Rolle für die nächsten zwei Jahre. Er werde aktiv daran mitwirken, sagte er, dass die Republikaner bei den Kongresswahlen 2022 mit „robusten, schlauen“Bewerbern ins Rennen
gehen. Mit anderen Worten, er beansprucht die Rolle des Königsmachers. Nur wer seinen Segen hat, soll sich bei den zuvor anstehenden Primaries durchsetzen können. Abgeordnete und Senatoren, die es wagten, für seine Amtsenthebung zu stimmen, sollen dagegen für ihre Illoyalität büßen, indem die Parteibasis sie durchfallen lässt – „Setzt ihnen allen den Stuhl vor die Tür!“
Seine Unterstützung zu haben sei das größte Plus in der Politik, zitierte Trump einen von ihm geschätzten
Wahlforscher. Gerüchte, nach denen er eine eigene Partei gründen wolle, erklärte er für Falschmeldungen, in seinen Worten bewusst gestreut von den „Fake-News“-Medien. Eine Abspaltung komme nicht infrage, stellte er klar, schließlich gebe er bei den Republikanern unangefochten den Ton an.
Der Rest der Rede: eine Mischung aus Wehklagen über eine angeblich manipulierte Wahl und wilden Attacken gegen Joe Biden. Letztere gipfelten in dem Satz, die ersten
Amtswochen des Mannes seien katastrophaler gewesen als alles, was sich ein neuer US-Präsident je geleistet habe. Unter Biden heiße es wieder „Amerika zuletzt“, während bei ihm die Devise „Amerika zuerst“gegolten habe. Der Sturm auf das Kapitol? Kam bei Donald Trump nicht vor. Keine Reue, kein Bedauern, auch keine Erklärungsversuche, nur ein schwarzes Loch. Mit keiner Silbe ging er darauf ein, was das Parlament seines Landes am 6. Januar an Gewaltorgien erlebte.
„Wer weiß, vielleicht entscheide ich, dass ich sie zum dritten Mal schlagen werde.“
Donald Trump Ex-US-Präsident