Sind bis Juli 500 000 Saarländer geimpft?
Seit dem 27. Dezember verteilt die Landesregierung Impfstoff. Doch wie viele der etwa eine Million Saarländer wollen sich überhaupt impfen lassen? Nun gibt es erste Zahlen und Erkenntnisse.
Es gibt noch nicht genug Impfstoff für alle Saarländer. Daher versucht die Landesregierung, die raren Impfdosen halbwegs gerecht zu verteilen; und zwar so, wie es die Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums vorschreibt. Diese unterteilt die Impfwilligen in vier Priorisierungsgruppen. Gruppe eins ist im Saarland seit dem 24. Dezember 2020 im Rennen um die Impftermine. Dazu gehören zum Beispiel die Über-80-Jährigen (wir berichteten). Insgesamt befinden sich „etwa 120 000 Saarländer“in dieser Gruppe, wie das Gesundheitsministerium auf SZ-Anfrage mitteilt. Drei Monate hatten die Mitglieder dieser Gruppe Zeit, sich zu überlegen, ob sie sich impfen lassen wollen. Ergebnis: Insgesamt liege „die aktuelle Impfbereitschaft in der Prio1 bei 72,5 Prozent“, wie das Gesundheitsministerium zusammenrechnet. „Die hohe Impfbereitschaft zeigt, dass sich die Menschen im Saarland gegen das Virus schützen möchten. Neben den bekannten Maßnahmen ist die freiwillige Impfung der wichtigste Schlüssel zur Rückkehr in eine neue Normalität“, kommentiert die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) die 72,5 Prozent.
Aus Sicht des Ministeriums eine gute Zahl. Denn bis 30. Juni will es bis zu 500 000 Saarländer geimpft haben (wir berichteten). Grundlage für diese Vorhersage sei eine Prognose des Bundesministeriums für Gesundheit. Sie erkläre, dass das Saarland im zweiten Quartal 914 000 Impfdosen bekommen könnte. In diesen Lieferungen seien von bereits zugelassenen Impfstoffen 753 000 Dosen und rund 160 000 Dosen von bisher noch nicht zugelassenen Vakzinen. Zum Beispiel die von Johnson&Johnson und von Curevac. Die Prognose hänge aber ab von der Einhaltung der EU-Verträge mit den Impfstoff-Herstellern und von der Einhaltung der geplanten Liefertermine.
Sie hängt aber auch davon ab, ob und wie Hausärzte impfen können und welche Kapazitäten die Impfzentren tatsächlich aufbringen können. Und es hängt natürlich auch an der Impfbereitschaft der Saarländer. Aber die scheint ja ganz gut. Zumindest bei denen der Priorisierungsgruppe eins. Zu Beginn der Impfterminvergabe musste sich diese Gruppe zunächst mittels „Windhundprinzip“um die 12 000 Termine bemühen. Das rief viel Kritik hervor. Viele ältere Menschen fühlten sich überfordert. Daraufhin führte die Landesregierung Mitte Januar Wartelisten ein, nannte sie etwas euphemistisch „Impflisten“. Bisher gibt es drei davon. In die ersten beiden Wartelisten durften sich nur Mitglieder von Gruppe eins eintragen. In der ersten ließen sich 47 137 Menschen vermerken, in der zweiten 9 988. Beide Listen sind inzwischen geschlossen. Auf der noch offenen Liste drei stehen derzeit 69 536 Saarländer (Stand: 27. Februar, 21 Uhr). Darunter bereits sehr viele Mitglieder der Priorisierungsgruppe zwei, die sich seit Mitte Februar um Impftermine bemühen darf – aber auch noch Mitglieder der Gruppe eins. Bis Freitag, 26. Februar, hätten „sich insgesamt rund 60 000 Menschen aus der anspruchsberechtigten Prio1 auf die Impflisten setzen lassen“, schreibt eine Sprecherin des Ministeriums. Also 50 Prozent.
Aber: Laut Ministerium zählen zu den 72,5 Prozent nicht nur die, die auf den drei Wartelisten stehen. Sondern eben auch die, die bereits im Dezember „im Windhundverfahren“die 12 000 Impftermine ergattert hatten. Auch sie kamen aus Priorisierungsgruppe eins. Dazu gab es noch weitere „15 000 Termine für Menschen in Alten- und Pflegeeinrichtungen“, die die Landesregierung priorisiert impfen ließ. Sie mussten sich nicht auf die Impflisten eintragen. Auch sie sind aus der Priorisierungsgruppe eins.
Wobei „Termine“nicht gleich Menschen sind. Zwei Impftermine sind nötig, um einen Menschen zu immunisieren. Auch ist Impfbereitschaft nicht gleich Impfung. Noch längst haben nicht alle, die auf den ersten zwei Wartelisten stehen, tatsächlich Termine für Erst- und Zweitimpfung. „Zum jetzigen Zeitpunkt befinden sich noch rund 15 000 Personen der ersten Priorisierungsgruppe auf der Impfliste“, teilt das Ministerium mit. Davon seien 13 030 Personen aus der Gruppe der Über-80-Jährigen. 2040 seien „sonstig Priorisierte der Gruppe eins“. Das Ministerium verspricht, dass sie alle „bei zuverlässiger Impfstofflieferung bis Ende März einen sicheren Impftermin erhalten haben“. Und was ist mit den restlichen 27,5 Prozent, die sich noch nicht auf die Impfterminwartelisten eingetragen haben? „Natürlich ist es für Personen der ersten Priorisierungsgruppe nach wie vor möglich, sich auf die aktuell geöffnete Impfliste einzutragen“, teilt das Ministerium mit.
Seit Februar gibt es in den Impfzentren des Saarlandes neben den Impfstoffen von BioNTech und Moderna auch den Impfstoff von AstraZeneca. Da er für ältere Menschen nicht zugelassen ist, bekommen ihn derzeit die bereits unter 65 Jahre alten Mitglieder der Priorisierungsgruppe eins und zwei. Bisher sind 7 750 Erstimpfungen mit diesem Impfstoff im Saarland gespritzt worden (Stand: 27. Februar, 8 Uhr). Anders als in anderen Bundesländern gibt es im Saarland offenbar auch keine große Zurückhaltung diesem Impfstoff gegenüber. „Nach Hamburg sind wir bundesweit in einer Vorreiterrolle was die Verimpfung des Impfstoffes AstraZeneca angeht. Wenn andere Bundesländer Probleme mit der Verimpfung der gelieferten Mengen haben, trifft dies auf das Saarland aktuell nicht zu“, erklärte jetzt Ministerin Bachmann.
Zur Priorisierungsgruppe zwei gehören auch Über-70-Jährige oder Schwerkranke und deren direkte Kontaktpersonen. Insgesamt umfasst diese Gruppe im Saarland „etwa 150 000 bis 200 000 Mitglieder“, wie das Gesundheitsministerium wenig präzise auf seiner Homepage angibt. Wann die Priorisierungsgruppen drei und vier auf die „Impflisten“dürfen, steht noch nicht fest. Fest steht, dass die Anzahl der täglichen Impfungen massiv noch oben gehen muss, um das Ziel im Sommer zu erreichen. Dazu steigen demnächst die Hausärzte ein.
„Wenn andere Bundesländer Probleme mit der Verimpfung der gelieferten Mengen haben, trifft dies auf das Saarland aktuell
nicht zu.“
Monika Bachmann Saar-Gesundheitsministerin (CDU) zur
Impfung mit AstraZeneca