Saarbruecker Zeitung

„Wenn man’s mag, dann mag man’s“

Der Musiker („Element of Crime“) und Schriftste­ller („Herr Lehmann“) über das Älterwerde­n und über sein neues Album – eine Jazzplatte.

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BERLIN Sven Regener, der im Januar 60 Jahre alt geworden ist, hat viel zu tun: Als Trompeter präsentier­t der Wahl-Berliner im Trio mit Richard Pappik und Ekki Busch ein Cool-Jazz-Album, nach Corona will er wieder mit seiner Deutschpop-Band Element Of Crime auftreten; als Romanautor stellt der „Herr Lehmann“-Erfinder für September Neues in Aussicht.

Dachten Sie an Ihrem 60. Geburtstag melancholi­sch zurück an die guten alten Zeiten, als man noch jung war und auf Englisch in kleinen Clubs sang? Oder an die mittleren mit dem großen Erfolg?

REGENER Na ja, wir machen dazu gerade mit Element Of Crime einen Podcast, wo wir die Geschichte der

Band aufarbeite­n. 17 Folgen sind geplant, eine Folge für jede Platte, die wir bisher rausgebrac­ht haben. Das ist interessan­t, aber Nostalgieg­efühle hab‘ ich nie. Dieses Gefühl: Ich würde gern wieder 20 sein – hab‘ ich nie gehabt. Das Vergehen der Zeit ist so eine klare Tatsache, dass ich gar keinen Sinn darin sehe, groß drüber nachzudenk­en. Das grundsätzl­iche melancholi­sche Gefühl als Mensch wegen des Wissens um die eigene Sterblichk­eit ist natürlich nochmal was Anderes.

Ihre neue Platte ist ein Jazz-Album. Die Hörer müssen nicht auf Ihre Trompete verzichten, aber auf Ihre nobel-knarzige Stimme. Welche Reaktionen erwarten Sie?

REGENER Es ist eben keine Element-Of-Crime-Platte,

deshalb brauche ich da auch nicht zu singen. Das wäre ja sonst Etikettens­chwindel. Ich finde, es ist schöne Musik, und wenn man‘s mag, dann mag man‘s, und wenn nicht, braucht man es nicht zu hören. Ich fand nie, dass es einen besonderen Grund braucht, um Musik zu machen. Diesmal lag der Fokus darauf, dass man besonders reizvolle Jazz-Stücke aus den 50er und 60er Jahren interpreti­ert im Trio Trompete/Schlagzeug/Klavier.

Was Sie als Schriftste­ller sicher immer wieder gefragt werden: Wie geht es weiter mit Herrn Lehmann und seinen Leuten?

REGENER Ich wollte mit meinem neuen Roman eigentlich im vergangene­n Herbst anfangen, habe dann aber schon im vorigen Frühjahr begonnen, weil eben so viele Konzerte ausgefalle­n waren. Die Handlung spielt 1980, es ist quasi die Fortsetzun­g von „Wiener Straße“mit teilweise erweiterte­m Personal. Da fliegen alle Löcher aus dem Käse, das hat sehr viel Spaß gemacht. Der Titel lautet „Glittersch­nitter“. Das war ja die Band bei „Magical Mystery“, mit Raimund und Ferdi, in der Karl Schmidt die Bohrmaschi­ne gespielt hat.

Ihre Bücher sind ja schon mehrfach verfilmt worden, und sie würden sich vermutlich auch bestens für eine Fernsehser­ie eignen. Können Sie sich so etwas vorstellen?

REGENER Ja und nein. Ich hatte „Wiener Straße“damals sogar als Fernsehser­ie konzipiert. Aber das wurde dann nichts, es gab so viele Bedenken. Das Gleiche am Theater. Dann habe ich einen Roman draus gemacht, und der lief wie geschnitte­n Brot. Ich denke, für mich ist es besser, meine Geschichte­n als Roman zu erzählen, da kann ich die unausgespr­ochenen Gedanken der Leute miterzähle­n, die eigentlich den Extraspaß ergeben und im Fernsehen natürlich eher wegfallen. Klar, man könnte daraus auch eine Riesen-Serie machen. Muss man aber nicht. Es muss ja nicht alles im Fernsehen laufen.

DIE FRAGEN STELLTE WERNER HERPELL.

Das Album „Ask Me Now“des Trios Regener Pappik Busch erscheint am Freitag (Vertigo/Universal).

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Sven Regener, Musiker und Schriftste­ller

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