„Wir sind fassungslos und enttäuscht“
Ärger wegen Test-Pflicht an der Grenze – Angekündigte Verschärfung aus Paris tritt vorerst nicht in Kraft
Ab Dienstag braucht jeder, der vom Département Moselle ins Saarland kommt, einen negativen Corona-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Das betrifft auch rund 15 000 Menschen, die täglich die Grenze überqueren, um arbeiten zu gehen. Bei der Grenzgängervereinigung in Saargemünd sorgt diese Entscheidung aus Berlin für Ärger. „Diese Maßnahme ist in der Praxis nicht umsetzbar“, meint Vorsitzender Arsène Schmitt. „Wie soll ein Grenzgänger, der abends von der Arbeit kommt, in einem Labor getestet werden, das wegen der Ausgangssperre um 18 Uhr schließt?“, fragt er. Und es ist nicht die einzige praktische Frage, mit der sich viele Grenzgänger ab Dienstag konfrontiert sehen. Vor allem diejenigen, die mit Bus und Bahn zur Arbeit fahren, haben den Nachteil. „Öffentliche und private Personenverkehrsunternehmen dürfen keine Menschen mehr zwischen dem Département
Moselle und dem Saarland befördern“, warnte die Präfektur in Metz die Bewohner im Grenzgebiet vor den Auswirkungen der verschärften Einreiseregelungen von deutscher Seite.
Auch Eurodistrict-Präsident Gilbert Schuh und Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) fühlen sich durch die neuen Vorgaben vor dem Kopf gestoßen. „Wir sind angesichts dieser Entscheidung fassungslos und enttäuscht“, teilten die beiden mit. „Der Andrang auf das Testzentrum wird immens und ohne weitere Maßnahmen zur Ausweitung von Schnelltests schlichtweg nicht zu bewältigen sein. Die Entscheidung der Bundesregierung, dass die Tests nicht älter als 48 Stunden sein dürfen, verschärft das Problem zusätzlich“, so die Politiker. Der Eurodistrict unterstützt daher den Appell von Industrie- und Handelskammer des Saarlandes (IHK) und Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU) an die Firmen, für Pendler kurzfristig eigene Testkapazitäten zu schaffen, da mit einem hohen Andrang auf die vorhandenen Teststationen gerechnet werden muss. Beschäftigte mit Wohnsitz in Frankreich sollten zudem prüfen, ob sie auf Testkapazitäten in Frankreich zurückgreifen können.
Doch obwohl die Kapazitäten in den vergangenen Wochen hochgefahren wurden, wird es auch auf der französischen Seiten der Grenze knapp mit den Tests, wenn die Pendler so oft getestet werden müssen. Und so bittet Präfekt Laurent Touvet seine Mitbürger, die nicht zwingend nach Deutschland reisen müssen, „ihre Reise zu verschieben und die Testkapazitäten denjenigen zu überlassen, die aufgrund ihrer Arbeit in Deutschland absolut darauf angewiesen sind.“
Dabei teilt er auch mit, dass die am vergangenen Donnerstag von Gesundheitsminister Olivier Véran und Europa-Staatssekretär Clément Beaune angekündigten Verschärfungen der Regeln für die Einreise nach Frankreich erst mal nicht in Kraft treten werden. In einer gemeinsamen Erklärung hatten beide Minister letzte Woche angekündigt, dass jeder, der von Deutschland aus nach Frankreich einreist, einen negativen Corona-Test
vorweisen müsse, der nicht älter als 72 Stunden ist. Damit wäre die Ausnahmeregel für Pendler und Menschen, die in einem Umkreis von 30 Kilometern von der Grenze wohnen, aufgehoben worden.
Doch die verbindliche Verordnung, wodurch diese Änderungen in Kraft treten würden, ist bis dato noch nicht veröffentlicht worden. „Die Einreiseregeln nach Frankreich haben sich nicht verändert: Menschen, die in einem Umkreis von maximal 30 Kilometer von der Grenze sich für weniger als 24 Stunden in Frankreich aufhalten, sowie Berufspendler und Kraftfahrer müssen sich ausweisen können, werden aber von der Testpflicht ausgenommen. Alle anderen müssen einen negativen PCR-Test vorweisen, der nicht älter als 72 Stunden ist“, schreibt die Präfektur.
Im Alltag der Menschen an der Grenze ändert sich dadurch aber weniger. Denn auch wenn Saarländer nach Lothringen einreisen dürfen, bräuchten sie nach den neuen Entscheidungen aus Berlin einen negativen Test, um wieder nach Hause zu kommen.