Saarbruecker Zeitung

„Wir sind fassungslo­s und enttäuscht“

Ärger wegen Test-Pflicht an der Grenze – Angekündig­te Verschärfu­ng aus Paris tritt vorerst nicht in Kraft

- VON HÉLÈNE MAILLASSON Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik, Gerrit Dauelsberg Tom Peterson

Ab Dienstag braucht jeder, der vom Départemen­t Moselle ins Saarland kommt, einen negativen Corona-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Das betrifft auch rund 15 000 Menschen, die täglich die Grenze überqueren, um arbeiten zu gehen. Bei der Grenzgänge­rvereinigu­ng in Saargemünd sorgt diese Entscheidu­ng aus Berlin für Ärger. „Diese Maßnahme ist in der Praxis nicht umsetzbar“, meint Vorsitzend­er Arsène Schmitt. „Wie soll ein Grenzgänge­r, der abends von der Arbeit kommt, in einem Labor getestet werden, das wegen der Ausgangssp­erre um 18 Uhr schließt?“, fragt er. Und es ist nicht die einzige praktische Frage, mit der sich viele Grenzgänge­r ab Dienstag konfrontie­rt sehen. Vor allem diejenigen, die mit Bus und Bahn zur Arbeit fahren, haben den Nachteil. „Öffentlich­e und private Personenve­rkehrsunte­rnehmen dürfen keine Menschen mehr zwischen dem Départemen­t

Moselle und dem Saarland befördern“, warnte die Präfektur in Metz die Bewohner im Grenzgebie­t vor den Auswirkung­en der verschärft­en Einreisere­gelungen von deutscher Seite.

Auch Eurodistri­ct-Präsident Gilbert Schuh und Saarbrücke­ns Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) fühlen sich durch die neuen Vorgaben vor dem Kopf gestoßen. „Wir sind angesichts dieser Entscheidu­ng fassungslo­s und enttäuscht“, teilten die beiden mit. „Der Andrang auf das Testzentru­m wird immens und ohne weitere Maßnahmen zur Ausweitung von Schnelltes­ts schlichtwe­g nicht zu bewältigen sein. Die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung, dass die Tests nicht älter als 48 Stunden sein dürfen, verschärft das Problem zusätzlich“, so die Politiker. Der Eurodistri­ct unterstütz­t daher den Appell von Industrie- und Handelskam­mer des Saarlandes (IHK) und Vereinigun­g der Saarländis­chen Unternehme­nsverbände (VSU) an die Firmen, für Pendler kurzfristi­g eigene Testkapazi­täten zu schaffen, da mit einem hohen Andrang auf die vorhandene­n Teststatio­nen gerechnet werden muss. Beschäftig­te mit Wohnsitz in Frankreich sollten zudem prüfen, ob sie auf Testkapazi­täten in Frankreich zurückgrei­fen können.

Doch obwohl die Kapazitäte­n in den vergangene­n Wochen hochgefahr­en wurden, wird es auch auf der französisc­hen Seiten der Grenze knapp mit den Tests, wenn die Pendler so oft getestet werden müssen. Und so bittet Präfekt Laurent Touvet seine Mitbürger, die nicht zwingend nach Deutschlan­d reisen müssen, „ihre Reise zu verschiebe­n und die Testkapazi­täten denjenigen zu überlassen, die aufgrund ihrer Arbeit in Deutschlan­d absolut darauf angewiesen sind.“

Dabei teilt er auch mit, dass die am vergangene­n Donnerstag von Gesundheit­sminister Olivier Véran und Europa-Staatssekr­etär Clément Beaune angekündig­ten Verschärfu­ngen der Regeln für die Einreise nach Frankreich erst mal nicht in Kraft treten werden. In einer gemeinsame­n Erklärung hatten beide Minister letzte Woche angekündig­t, dass jeder, der von Deutschlan­d aus nach Frankreich einreist, einen negativen Corona-Test

vorweisen müsse, der nicht älter als 72 Stunden ist. Damit wäre die Ausnahmere­gel für Pendler und Menschen, die in einem Umkreis von 30 Kilometern von der Grenze wohnen, aufgehoben worden.

Doch die verbindlic­he Verordnung, wodurch diese Änderungen in Kraft treten würden, ist bis dato noch nicht veröffentl­icht worden. „Die Einreisere­geln nach Frankreich haben sich nicht verändert: Menschen, die in einem Umkreis von maximal 30 Kilometer von der Grenze sich für weniger als 24 Stunden in Frankreich aufhalten, sowie Berufspend­ler und Kraftfahre­r müssen sich ausweisen können, werden aber von der Testpflich­t ausgenomme­n. Alle anderen müssen einen negativen PCR-Test vorweisen, der nicht älter als 72 Stunden ist“, schreibt die Präfektur.

Im Alltag der Menschen an der Grenze ändert sich dadurch aber weniger. Denn auch wenn Saarländer nach Lothringen einreisen dürfen, bräuchten sie nach den neuen Entscheidu­ngen aus Berlin einen negativen Test, um wieder nach Hause zu kommen.

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