Zahl der Corona-Toten ist im Februar gesunken
Im Saarland ging die Zahl der Corona-Toten im Februar drastisch zurück. Auch auf den Intensivstationen der Krankenhäuser verbessert der Lockdown die Lage. Aber die Entspannung könnte trügerisch sein.
Im Saarland ist die Zahl der Corona-Toten im Februar deutlich zurückgegangen – auf 135, die niedrigste Zahl seit November 2020. Auch auf den Intensivstationen der Krankenhäuser entspannt der Lockdown die Lage. Aber die Entwicklung könnte trügerisch sein.
SAARBRÜCKEN Wenn Esther S. das Zimmer eines Verstorbenen betritt, holen die Erinnerungen sie ein. Im Januar wütete in dem Seniorenheim im Nordsaarland, in dem die Altenpflegerin arbeitet, das Coronavirus. Mehr als ein Dutzend der Bewohner starb durch den massiven Ausbruch. Für S. ist die Zahl der Toten nicht abstrakt, sie verbindet mit ihr das Schicksal von Menschen, um die sie sich als Pflegerin kümmerte. „Das beschäftigt einen“, sagt S. „Wir haben alle Wahnsinnsangst, dass es noch einmal passiert.“
Der Januar war nicht nur im Altenheim von Esther S. der schwärzeste Monat der Pandemie. 283 Corona-Tote zählte das Gesundheitsministerium im Saarland – so viele wie noch nie. In den Krankenhäusern der Region wurde es auf den Intensivstationen langsam eng. Die Zahl der Covid-Patienten mit schweren Verläufen erreichte neue Höchststände. Zwar sei man „ganz weit weg davon, dass wir triagieren müssen“, sagte Konrad Schwarzkopf, Chefarzt der Intensivmedizin am Klinikum Saarbrücken. Aufgrund der Corona-Mutationen stelle man sich aber „auf weiter steigende Fallzahlen ein“, erklärte der Intensivmediziner vor einem Monat.
Doch im Februar haben sich die Kennzahlen der Pandemie vorerst verbessert. Offenbar treibt der harte Lockdown sie nach unten. Dabei lautet die Logik der Corona-Regeln: Weniger Kontakte führen zu weniger Ansteckungen – und letztlich auch zu weniger Toten. Die Neuinfektionen mit dem Coronavirus gingen im vergangenen Monat erheblich zurück, die Anzahl der Intensivpatienten hat sich mehr als halbiert. Das gilt auch für die Todesfälle im Zusammenhang mit Sars-CoV-2. 135 waren es im Februar, das bedeutet den niedrigsten Wert seit November vergangenen Jahres, als die zweite Welle ihre tödliche Wirkung zu entfalten begann.
Wäre das Saarland ein Patient, man könnte angesichts der Werte auf eine baldige Genesung hoffen. Aber es gibt auch Daten, die Anlass zur Sorge geben – nicht nur zur Ausbreitung der als hochansteckend geltenden Corona-Mutationen. Hier ein Überblick über die aktuelle Entwicklung der wichtigsten Corona-Zahlen: Neuinfektionen: Im Februar haben sich 3151 Menschen im Saarland mit dem Coronavirus infiziert, nachdem es im vergangenen Dezember noch 7375 und im Januar immerhin 5444 gewesen waren. In der Vergangenheit gingen Schwankungen bei den Infektionszahlen auch auf die Testhäufigkeit zurück. Doch bewegte sich die Zahl der im Labor durchgeführten PCR-Tests zum Nachweis des Coronavirus im vergangenen Monat konstant auf dem Niveau des Januars. Zugleich gibt es klare Hinweise, dass die Dunkelziffer an Infektionen rückläufig ist. Zuletzt fielen 5,66 Prozent der durchgeführten PCR-Tests positiv aus, zu Jahresbeginn waren es 11,7 Prozent gewesen. Je höher die sogenannte Positivrate ausfällt, desto eher ist nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) von einer nennenswerten Dunkelziffer bei den Neuansteckungen auszugehen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht bei einer Positivrate von mehr als fünf Prozent von einer zu geringen Testhäufigkeit aus – und somit von unentdeckten Corona-Fällen in der Bevölkerung. Intensivpatienten: Im Laufe des Februars hat sich die Anzahl der Krankenhauspatienten mit Covid-19 von 305 auf 155 nahezu halbiert, auf einer Intensivstation mussten zuletzt 40 von ihnen behandelt werden – nachdem es im Vormonat zwischenzeitlich 87 gewesen waren. Gegenwärtig ist laut Divi-Intensivregister, einem bundesweitenVerzeichnis freier Intensivbetten, gut ein Fünftel der Plätze im Saarland frei. Der Intensivmediziner Schwarzkopf vom Klinikum Saarbrücken nennt die rückläufigen Zahlen „logisch“. Stecken sich weniger Menschen an, müssen mittelfristig auch weniger in eine Klinik eingeliefert werden. Jedoch rechnet Schwarzkopf in vier Wochen mit einem „erneuten starken Anstieg“der Fallzahlen auf den Intensivstationen – nicht nur wegen der Corona-Mutationen. Schwarzkopf hat auch die geplanten Öffnungen und die Impfquote im Blick. Er spricht sich dafür aus, dass „jede vorhandene Impfdosis sofort“eingesetzt wird. Denn die Impfungen sollen nicht zuletzt vor schweren Krankheitsverläufen schützen – und somit vor einer Einlieferung in die Klinik.
Todesfälle: 888 Menschen starben im Saarland bisher an oder mit dem Coronavirus. Fast ein Drittel der Todesfälle verzeichneten die Behörden allein im Januar dieses Jahres. In die Sterbestatistik flossen wegen der Feiertage zwar einige Fälle aus dem Dezember ein. Damit lassen sich die 283 Corona-Toten aus dem Januar jedoch nicht erklären. Eine Sonderauswertung des Regionalverbandes Saarbrücken für unsere Zeitung ergab im Januar, dass in der zweiten Welle bis dahin zwei Drittel der Toten in einem Krankenhaus verstorben waren. Das bedeutet: Kommen mehr Menschen mit Covid-19 ins Krankenhaus, schlägt sich das mit einer Verzögerung bei den Todesfällen nieder. Das RKI verweist auf eine Studie, der zufolge während der ersten Welle in Deutschland zwischen dem Symptombeginn und dem Tod eines Corona-Patienten im Mittel elf Tage vergingen.
Inzidenzwert: Es dauert, bis sich die Infektionszahlen auf den Intensivstationen und bei den Todesfällen bemerkbar machen. Beide Statistiken hinken dem Infektionsgeschehen aufgrund des Krankheitsverlaufes hinterher. Einen aktuelleren Eindruck vermittelt der Inzidenzwert, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Noch am 3. Februar lag der Inzidenzwert im Saarland bei rund 130, dann fiel er auf 56 – den niedrigsten Stand seit Mitte Oktober. Doch mit Sorge wird in der Region beobachtet, dass die Sieben-Tage-Inzidenz nicht weiter nach unten geht. Zuletzt stieg der Wert wieder auf 73,7. Ähnlich sieht es in ganz Deutschland aus. Experten führen das auf den Vormarsch der Corona-Mutationen zurück, im Saarland ging zuletzt mehr als ein Fünftel der Neuinfektionen auf eine Virusvariante zurück. Die britische Mutation B.1.1.7 soll 35 Prozent ansteckender sein als der Wildtyp des Virus. Sie könnte die Ansteckungsrate nach oben treiben – und damit mittelfristig auch die Zahl der Toten. Sollte die Impfung gegen Covid-19 diesen Trend nicht brechen.