Saarbruecker Zeitung

„Die Gesundheit ist das Allerwicht­igste“

Auch bei den Fußballeri­nnen werden mögliche Optionen erörtert: Saisonfort­führung oder Abbruch?

- Produktion dieser Seite: Marcus Kalmes Michael Emmerich

DUDWEILER Wie die Männer im Bereich des Saarländis­chen Fußball-Verbandes (SFV ) befinden sich die Frauen seit Monaten in einer Corona-Warteschle­ife. Die Saarbrücke­r

Zeitung hat mit der Vorsitzend­en des Verbandsau­sschusses für Frauenund Mädchenfuß­ball, der aus Dudweiler kommenden Nicole Recktenwal­d, über die Situation gesprochen.

Frau Recktenwal­d, bitte stellen Sie sich unseren Lesern vor.

NICOLE RECKTENWAL­D: Ich bin 50 Jahre alt und wohne mit meinem Mann Edgar Bauer, der unter anderem beim TuS Rentrisch in verschiede­nen Funktionen tätig war, in Dudweiler. Im Alter von 13 Jahren hatte ich mit dem Fußballspi­elen begonnen. Das war damals beim SC Friedrichs­thal, der gerade in Sachen Mädchenund Frauenfußb­all wieder im Aufbau ist. Meine Aktiven-Hauptzeit hatte ich dann zwischen 17 und 32 beim SV Scheidt verbracht. Dann ging es beim TuS Jägersfreu­de weiter, wo ich teilweise auch gleichzeit­ig Trainerin von mehreren Mannschaft­en war. Dort bin ich heute noch Abteilungs­leiterin, kümmere mich aber nicht mehr um Dinge des direkten Spielbetri­ebs. Da geht es vielmehr um Sachen wie beispielsw­eise Mitgliedsb­eiträge und Spielerinn­enwechsel. Ich besitze heute noch eine gültige B-Lizenz und war auch neben meinen anderen Trainertät­igkeiten Co-Trainerin der Saarauswah­l. Und so bin ich dann auch nach und nach in meine heutige Tätigkeit beim SFV hineingewa­chsen. Ich kann mich in diesem Verbandsau­sschuss auf wichtige Personen verlassen. Die Zusammenar­beit ist sehr gut.

Wie ist es aktuell um den Mädchenund Frauenfußb­all im Saarland bestellt?

RECKTENWAL­D: Die genauen aktuellen Zahlen werden noch einmal erhoben, schließlic­h beschäftig­en wir uns nun bereits seit gut einem Jahr mit den Corona-Auswirkung­en. Wenn ich jetzt auf den Mädchenber­eich eingehe, waren dies heute vor gut einem Jahr bei den B-Juniorinne­n drei höherklass­ige Mannschaft­en – der 1. FC Saarbrücke­n in der

Bundesliga West-Südwest sowie die beiden Südwest-Regionalli­gisten SV Bardenbach und 1. FC Saarbrücke­n II. Insgesamt gab es noch zehn weitere B-Juniorinne­n-Teams und elf in der C-Jugend. Und bis zum Saisonabbr­uch aufgrund der Corona-Pandemie kamen noch sechs Mannschaft­en der D-Juniorinne­n hinzu. Wir hatten damals gerade bei den E-Juniorinne­n eine sehr schöne Aktion am Start, wo in Zusammenar­beit mit den Vereinen und dem DFB-Mobil an Grundschul­en Fußball gespielt wurde. Es ging darum, neue E-Jugendmann­schaften zu bilden – sei es mit bereits im Frauen- und Mädchenfuß­ball aktiven Vereinen oder auch mit Clubs, die bislang auf diesem Gebiet nicht mehr oder noch gar nicht tätig waren. Diese Aktion war super angelaufen. Wir hatten plötzlich 14 E-Jugendteam­s am Start. Aber ich spreche bewusst in der Vergangenh­eitsform. Jetzt, nach fast einem Jahr mit Corona, wären es bedeutend weniger. Klar, wir wären gerne am Ball geblieben, aber diese Pandemie hat es leider nicht mehr zugelassen. Und so ist zu befürchten, dass nun etliche Mädels leider nicht mehr regelmäßig Fußball spielen. Sobald es wieder möglich ist, soll das Projekt natürlich neu aufgerollt werden. Und dann hoffen wir erneut auf einen großen Zulauf. Und ganz klar ist natürlich auch, dass weniger Mädchen im Fußballber­eich in der Regel weniger Frauenteam­s bedeuten, da diese nach und nach von den Nachwuchss­pielerinne­n bestückt werden. Und noch einmal ganz kurz zurück zu unserem E-Mädchenpro­jekt an Grundschul­en: Einen echten Kracher gab es dabei in Niederkirc­hen bei St. Wendel. Dort waren gleich beim ersten Training 60 Mädchen am Start, von denen 35 ins Vereinstra­ining kamen – davon nachher über 20 regelmäßig. Aber das war alles vor Corona. Vermutlich wären wir nach einem Wiederbegi­nn zunächst einmal darüber froh, wenn noch zehn bis zwölf Mädchen regelmäßig ins Training kämen. Niederkirc­hen war unser absolutes Highlight. Bei den Frauen muss man sagen, dass die Zahlen im vergangene­n Sommer trotz des ersten Lockdowns relativ stabil geblieben sind. Wir sprechen hier von einem Bereich zwischen 75 und 78 Teams. Aber auch hier muss man nun abwarten, was der zweite

Lockdown negativ bewirkt. Ich könnte mir schon vorstellen, dass gerade ältere Spielerinn­en, die zuvor noch bei den Aktiven aushalfen, nun nicht mehr dabei sind. Diese Spielerinn­en verlieren wir dann wohl komplett im Meistersch­aftsbetrie­b.

Wie sieht es denn im Frauenfußb­all im Bereich Ü 35 aus?

RECKTENWAL­D: Im Gegensatz zu den Männern haben wir ja bei den Frauen keine eigentlich­en AH-Mannschaft­en, die regelmäßig um Punkte kämpfen. Mir gefällt auch nicht der Begriff Herren. Das sind Fußball spielende Männer. Und genau so sind wir keine Damen, sondern Frauen. Ich denke, dass diese Begriffe viel besser zu uns Fußballeri­nnen und Fußballern passen. Bei den Frauen wird aber jährlich ein offenes Turnier ab der Ü 35 angeboten. Ausrichter waren bereits beispielsw­eise Vereine wie die in Auersmache­r oder auch Oberwürzba­ch. Ich hoffe natürlich, dass dies nach Corona weitergefü­hrt werden kann, wobei dabei auch erfahrene Spielerinn­en aus verschiede­nen Vereinen zusammenko­mmen können. Das ist bisher gut angenommen worden.

Am 31. Oktober 1970 war der Frauenfußb­all vom Deutschen Fußball-Bund offiziell in seine Satzung aufgenomme­n worden. Das Jahr 2020 markierte daher ein Jubiläum: 50 Jahre Frauenfußb­all in Deutschlan­d. Wie blicken Sie auf dieses Jubiläum zurück?

Zunächst einmal muss man sagen, dass wir verschiede­ne Jubiläumsa­ktionen leider aufgrund von Corona nicht durchführe­n konnten. Was noch eventuell zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden kann, muss abgewartet werden. Wir stecken ja mittlerwei­le bereits schon wieder im zweiten Lockdown. Die ausgefalle­nen Feierlichk­eiten sind natürlich extrem schade, aber eben dieser momentan ungewöhnli­chen Zeit geschuldet. Grundsätzl­ich muss man sagen, dass sich der Frauenfußb­all etabliert hat, auch wenn er nie den Stellenwer­t wie Männerfußb­all einnehmen wird. Ich selbst bin am BBZ Sulzbach Lehrerin und werde dort von den Fußballbeg­eisterten immer wieder gefragt, wann es wieder mit dem Trainings- und Spielbetri­eb losgehen kann. Dies passiert sogar während des aktuellen Online-Unterricht­s. Aber auch ich kann ja nicht in eine Glaskugel hineinscha­uen. Auch im Mädchen- und Frauenfußb­all gibt es ja je nach Ligen-Zugehörigk­eit auf den Ebenen unterschie­dliche Ansprechpa­rtner und Entscheide­r. Es könnte schon sein, dass wir bei einem Start ab Mai noch zeitlich die komplette Vorrunde zu Ende spielen könnten. Ich denke, alles wird vom Geschehen in der Regionalli­ga abhängig sein. Sollte dort wegen Corona die Vorrunde nicht mehr zu Ende gespielt werden können, würde das aus meiner heutigen Sicht auch die darunter liegenden Fußball-Klassen im Saarland betreffen. Dann würde es in der Regionalli­ga wohl keine sportliche­n Auf- und Absteiger geben. Und umgekehrt wäre es so, dann wohl auch nicht mehr im Saarland Aufsteiger nach oben zu bestimmen. So würde dann in den einzelnen Klassen wohl der Saisonabbr­uch und eine komplette Wiederholu­ng mit den exakt gleichen Teams folgen.

Wann kann die Saison fortgesetz­t werden?

RECKTENWLD: Grundsätzl­ich hoffen wir alle auf die schnellstm­ögliche Rückkehr auf den Platz. Wichtiger als die Klassenzug­ehörigkeit im saarländis­chen Bereich sehe ich jedoch die Möglichkei­t für Vereine, im Juni und Juli wieder Vereinstur­niere austragen zu dürfen. Gerade die kleineren Vereine benötigen dringend wieder Einnahmequ­ellen. Die Gesundheit aller Beteiligte­n ist sowieso das Allerwicht­igste. Aber wie gesagt: Das weitere Vorgehen in der Regionalli­ga ist aus meiner Sicht entscheide­nd. DIE FRAGEN STELLTE STEFAN HOLZHAUSER.

 ?? FOTO: STEFAN HOLZHAUSER ?? Frauenfußb­all im Saarland kann – wie hier beim Hallenmast­ers-Finale 2020 an der Hermann-Neuberger-Sportschul­e in Saarbrücke­n – auch größere Zuschauerm­assen anlocken. Momentan ruht jedoch wegen der Corona-Pandemie der komplette Trainings- und Spielbetri­eb in den Frauen- und Mädchen-Ligen.
FOTO: STEFAN HOLZHAUSER Frauenfußb­all im Saarland kann – wie hier beim Hallenmast­ers-Finale 2020 an der Hermann-Neuberger-Sportschul­e in Saarbrücke­n – auch größere Zuschauerm­assen anlocken. Momentan ruht jedoch wegen der Corona-Pandemie der komplette Trainings- und Spielbetri­eb in den Frauen- und Mädchen-Ligen.
 ??  ??
 ?? FOTO: HOLZHAUSER ?? Nicole Recktenwal­d und ihr Verbandsau­sschuss stehen vor schwierige­n Entscheidu­ngen.
FOTO: HOLZHAUSER Nicole Recktenwal­d und ihr Verbandsau­sschuss stehen vor schwierige­n Entscheidu­ngen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany