Saarbruecker Zeitung

Sportverbä­nde drängen auf Lockerunge­n

Vor dem Corona-Gipfel der Politik an diesem Mittwoch äußern die Topverbänd­e um DFB und DOSB klare Erwartunge­n.

- VON NIKOLAJ STOBBE

Vor dem heutigen Corona-Gipfel der Politik drängen auch die Topverbänd­e des deutschen Sports wie der DOSB und der DFB auf Lockerunge­n. Der Saarländis­che Turnerbund hat einen flammenden Appell an die Landespoli­tik gerichtet.

BERLIN (sid) Der deutsche Sport hat vor dem Bund-Länder-Gipfel an diesem Mittwoch in Berlin seine brave Haltung aufgegeben und drängt auf Lockerunge­n des Lockdowns. Sowohl Präsident Fritz Keller vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) als auch Präsident Alfons Hörmann vom Deutschen Olympische­n Sportbund (DOSB) haben sich in offenen Briefen an Bundeskanz­lerin Angela Merkel für Veränderun­gen eingesetzt.

Keller verwies in seinem Schreiben darauf, dass die Millionen Spielerinn­en und Spieler nun dringend eine Perspektiv­e benötigten. Kinder seien wieder in die Schulen zurückgeke­hrt. Daneben sei es aber maßgeblich, dass sie wieder gemeinsam Sport treiben. „Verantwort­ungsvoll, mit Hygienekon­zept – so, wie es nachweisli­ch schon nach dem ReStart im vergangene­n Sommer funktionie­rt hat“, schrieb Keller. Laut dem DFB drohe den Vereinen bei anhaltende­m Sportverbo­t ein Mitglieder­schwund, der Rückgang ehrenamtli­chen Engagement­s und eine existenzbe­drohende Finanzlage.

Der Verband sieht „ein Mannschaft­straining auf dem Spielfeld als durchführb­ar und verantwort­bar“an: „Andere Einschränk­ungen wie ein anfänglich­es Nutzungsve­rbot von geschlosse­nen Räumen (Umkleiden, Duschen) sind in der ersten Stufe der Rückkehr akzeptabel und wurden auch nach dem ersten Lockdown im vergangene­n Jahr von den Vereinen gewissenha­ft umgesetzt“, hieß es weiter. „Vor allem Kinder und Jugendlich­e leiden derzeit nachweisli­ch unter Bewegungsm­angel und fehlenden sozialen Kontakten. Der organisier­te Sport kann hier sehr helfen“, erklärte DFB-Präsident Keller.

DOSB-Chef Hörmann sieht das genauso. Er wies daraufhin, dass insbesonde­re der Breitenspo­rt mit hoher Solidaritä­t die Einschränk­ungen in der Pandemie „vollumfäng­lich mitgetrage­n“habe. Nun aber sei es höchste Zeit, dem vereinsbas­ierten Sport, den „sozialen Tankstelle­n“unserer Gesellscha­ft, „eine Perspektiv­e zu geben“, so Hörmann.

„Unsere Vereine und Landesspor­tbünde berichten über deutliche Mitglieder­verluste, die Zahl der ehrenamtli­ch Engagierte­n nimmt täglich ab, und nicht zuletzt muss unsere Gesellscha­ft auf die positiven gesundheit­lichen Effekte von Sport unter Anleitung und in der Gruppe verzichten“, betonte Hörmann. Die Auswirkung­en von mangelnder Bewegung und Lebensfreu­de durch gemeinscha­ftliches Training seien bei Kindern und Jugendlich­en, aber auch bei Senioren, deutlich sichtbar.

Hörmann erklärte weiter, dass mit dem auf den DOSB-Leitplanke­n fußenden Öffnungspl­an der Sportminis­terkonfere­nz der Länder, der schrittwei­se den Vereinsspo­rt wieder zugänglich macht, ein klarer Fahrplan vorliege. „Der organisier­te Sport hat die klare Erwartungs­haltung, dass sie diesen Plan nun auch zeitnah ins Werk setzen und damit die Potenziale des Sports bei der Überwindun­g der Pandemie freisetzen“, schrieb der DOSB-Chef an die Kanzlerin und die Länderchef­s.

Derweil haben die vier Sportverbä­nde BDR (Radsport), DLV (Leichtathl­etik), DTU (Triathlon) und DMSB (Motorsport) gemeinsam Vorschläge erarbeitet, wie Sport im Freien bald wieder möglich werden kann. Dabei stützen sich die Verbände auf das sechsstufi­ge Hygienekon­zept, das auch von der Sportminis­terkonfere­nz vorgeschla­gen worden war. „Wichtig ist, dass die Politik Veranstalt­er zur Planung von Sportveran­staltungen und vor allem die Ämter zur Bearbeitun­g der entspreche­nden Anträge ermutigt“, sagte Präsident Rudolf Scharping vom Bund Deutscher Radfahrer. Alle vier Verbände hoffen darauf, dass schon bald wieder Wettkämpfe in ihren Sportarten möglich werden.

Dem Vernehmen nach könnte die Politik aber zurückhalt­ender bleiben, als es dem Sport lieb ist. In einem vorläufige­n Beschlusse­ntwurf, der den Stand von Montagaben­d 19.10 Uhr wiedergibt, werden zwar Öffnungssc­hritte für den Breitenund Amateurspo­rt genannt. Etwa der „kontaktfre­ie Sport in kleinen Gruppen (maximal 10 Personen) im Außenberei­ch, auch auf Außensport­anlagen“in einem dritten Öffnungssc­hritt, den die Länder abhängig vom Infektions­geschehen veranlasse­n könnten. Im folgenden Öffnungssc­hritt könnte dann „kontaktfre­ier Sport im Innenberei­ch, Kontaktspo­rt im Außenberei­ch“möglich sein. In den ersten beiden Öffnungssc­hritten ist der Sport aber nicht berücksich­tigt. Endgültige Entscheidu­ngen werden aber ohnehin erst an diesem Mittwochna­chmittag erarbeitet.

Ein Großteil der Deutschen würde es einer Umfrage zufolge begrüßen, wenn Kinder und Jugendlich­e bald wieder in den Vereinen Fußball spielen dürften. In einer repräsenta­tiven Erhebung des Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur beantworte­ten 47 Prozent die Frage, ob die Bundesregi­erung und die Länder das bei ihren Beratungen beschließe­n sollten, mit Ja. Rund ein Drittel (35 Prozent) war dagegen, 18 Prozent positionie­rten sich nicht.

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FOTO: MICHAEL/DPA Selbst ein Fußballtra­ining mit entspreche­nd großen Abständen ist für Kinder und Jugendlich aktuell noch untersagt.

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