Sportverbände drängen auf Lockerungen
Vor dem Corona-Gipfel der Politik an diesem Mittwoch äußern die Topverbände um DFB und DOSB klare Erwartungen.
Vor dem heutigen Corona-Gipfel der Politik drängen auch die Topverbände des deutschen Sports wie der DOSB und der DFB auf Lockerungen. Der Saarländische Turnerbund hat einen flammenden Appell an die Landespolitik gerichtet.
BERLIN (sid) Der deutsche Sport hat vor dem Bund-Länder-Gipfel an diesem Mittwoch in Berlin seine brave Haltung aufgegeben und drängt auf Lockerungen des Lockdowns. Sowohl Präsident Fritz Keller vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) als auch Präsident Alfons Hörmann vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) haben sich in offenen Briefen an Bundeskanzlerin Angela Merkel für Veränderungen eingesetzt.
Keller verwies in seinem Schreiben darauf, dass die Millionen Spielerinnen und Spieler nun dringend eine Perspektive benötigten. Kinder seien wieder in die Schulen zurückgekehrt. Daneben sei es aber maßgeblich, dass sie wieder gemeinsam Sport treiben. „Verantwortungsvoll, mit Hygienekonzept – so, wie es nachweislich schon nach dem ReStart im vergangenen Sommer funktioniert hat“, schrieb Keller. Laut dem DFB drohe den Vereinen bei anhaltendem Sportverbot ein Mitgliederschwund, der Rückgang ehrenamtlichen Engagements und eine existenzbedrohende Finanzlage.
Der Verband sieht „ein Mannschaftstraining auf dem Spielfeld als durchführbar und verantwortbar“an: „Andere Einschränkungen wie ein anfängliches Nutzungsverbot von geschlossenen Räumen (Umkleiden, Duschen) sind in der ersten Stufe der Rückkehr akzeptabel und wurden auch nach dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr von den Vereinen gewissenhaft umgesetzt“, hieß es weiter. „Vor allem Kinder und Jugendliche leiden derzeit nachweislich unter Bewegungsmangel und fehlenden sozialen Kontakten. Der organisierte Sport kann hier sehr helfen“, erklärte DFB-Präsident Keller.
DOSB-Chef Hörmann sieht das genauso. Er wies daraufhin, dass insbesondere der Breitensport mit hoher Solidarität die Einschränkungen in der Pandemie „vollumfänglich mitgetragen“habe. Nun aber sei es höchste Zeit, dem vereinsbasierten Sport, den „sozialen Tankstellen“unserer Gesellschaft, „eine Perspektive zu geben“, so Hörmann.
„Unsere Vereine und Landessportbünde berichten über deutliche Mitgliederverluste, die Zahl der ehrenamtlich Engagierten nimmt täglich ab, und nicht zuletzt muss unsere Gesellschaft auf die positiven gesundheitlichen Effekte von Sport unter Anleitung und in der Gruppe verzichten“, betonte Hörmann. Die Auswirkungen von mangelnder Bewegung und Lebensfreude durch gemeinschaftliches Training seien bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Senioren, deutlich sichtbar.
Hörmann erklärte weiter, dass mit dem auf den DOSB-Leitplanken fußenden Öffnungsplan der Sportministerkonferenz der Länder, der schrittweise den Vereinssport wieder zugänglich macht, ein klarer Fahrplan vorliege. „Der organisierte Sport hat die klare Erwartungshaltung, dass sie diesen Plan nun auch zeitnah ins Werk setzen und damit die Potenziale des Sports bei der Überwindung der Pandemie freisetzen“, schrieb der DOSB-Chef an die Kanzlerin und die Länderchefs.
Derweil haben die vier Sportverbände BDR (Radsport), DLV (Leichtathletik), DTU (Triathlon) und DMSB (Motorsport) gemeinsam Vorschläge erarbeitet, wie Sport im Freien bald wieder möglich werden kann. Dabei stützen sich die Verbände auf das sechsstufige Hygienekonzept, das auch von der Sportministerkonferenz vorgeschlagen worden war. „Wichtig ist, dass die Politik Veranstalter zur Planung von Sportveranstaltungen und vor allem die Ämter zur Bearbeitung der entsprechenden Anträge ermutigt“, sagte Präsident Rudolf Scharping vom Bund Deutscher Radfahrer. Alle vier Verbände hoffen darauf, dass schon bald wieder Wettkämpfe in ihren Sportarten möglich werden.
Dem Vernehmen nach könnte die Politik aber zurückhaltender bleiben, als es dem Sport lieb ist. In einem vorläufigen Beschlussentwurf, der den Stand von Montagabend 19.10 Uhr wiedergibt, werden zwar Öffnungsschritte für den Breitenund Amateursport genannt. Etwa der „kontaktfreie Sport in kleinen Gruppen (maximal 10 Personen) im Außenbereich, auch auf Außensportanlagen“in einem dritten Öffnungsschritt, den die Länder abhängig vom Infektionsgeschehen veranlassen könnten. Im folgenden Öffnungsschritt könnte dann „kontaktfreier Sport im Innenbereich, Kontaktsport im Außenbereich“möglich sein. In den ersten beiden Öffnungsschritten ist der Sport aber nicht berücksichtigt. Endgültige Entscheidungen werden aber ohnehin erst an diesem Mittwochnachmittag erarbeitet.
Ein Großteil der Deutschen würde es einer Umfrage zufolge begrüßen, wenn Kinder und Jugendliche bald wieder in den Vereinen Fußball spielen dürften. In einer repräsentativen Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur beantworteten 47 Prozent die Frage, ob die Bundesregierung und die Länder das bei ihren Beratungen beschließen sollten, mit Ja. Rund ein Drittel (35 Prozent) war dagegen, 18 Prozent positionierten sich nicht.