Der schwierige Kampf um einen Impftermin
Klaus Folz aus Saarbrücken ist mit einer schwere Lungenfibrose Risikopatient. Seit Wochen kämpft er vergeblich um einen Termin für eine Schutzimpfung gegen Corona. Warum er jetzt plötzlich hoffen darf.
„Wir sind sauer und schwer enttäuscht“, sagen Magdalena und Klaus Folz aus Saarbrücken. Seit Monaten kämpft das Ehepaar um einen Impftermin, denn Klaus Folz, Jahrgang 1950, gehört wegen einer schweren Lungenfibrose zur Hochrisikogruppe. Seine Lebenserwartung sei ungewiss, seine Überlebenschancen bei einer Corona-Erkrankung gleich null, sagt seine Frau.
Bereits im vergangenen Jahr, als die Vergabe der ersten Impftermine näher rückte, stellte Folz’ Lungenarzt seinem Patienten eine Hochrisiko-Bescheinigung aus. Doch auf einen Impftermin wartet der Rentner bis heute: „Ich habe letztes Jahr gleich zum Hörer gegriffen, um einen Termin für meinen Mann zu bekommen, doch wir wurden mit der Bemerkung abgewiesen, er sei mit über 70 Jahren noch zu jung“, sagt Magdelena Folz. „Ich bin einfach wütend, dass sie das Risiko eingehen, meinen schwerkranken Mann regelrecht krepieren zu lassen.“
Zusätzlich zur Lungenfibrose, bei der die Lunge sich allmählich zersetzt, ist Folz vor vier Jahren auch noch an Nierenkrebs erkrankt. Davon hat er sich gerade erst wieder erholt. Aus Angst vor den Virus-Mutationen hat Folz vor vier Wochen nochmals beim Gesundheitsministerium nach der Impfung gefragt. Doch erneut bekam er die Antwort, er sei zu jung. „Vor zwei Wochen haben wir dann neue Hoffung geschöpft, als es hieß, ich könne mich auf eine Impf-Warteliste setzen lassen. Aber uns wurde gesagt, dass die Termine per Zufallsprinzip vergeben werden – für mich klingt das nach einem Losverfahren“, sagt Folz. Das sei einfach nicht akzeptabel.
Im Leben des Ehepaars war seit Ausbruch der Pandemie im vergangenen Frühjahr nichts mehr wie zuvor: „Wir leben in ständiger Quarantäne, haben kaum noch soziale Kontakte – wir haben fast alles aufgeben müssen“, sagt Magdalena Folz. Ihr Mann, der rund um die Uhr mit Sauerstoff versorgt wird, komme so gut wie gar nicht mehr aus dem Haus, denn jede noch so kleine Infektion könne ihn töten. „Seit einem Jahr leben wir jetzt schon in ständiger Angst. Wir haben uns komplett abgeschottet.“
Aus Sorge um ihren Vater kommen auch die Kinder nicht mehr zu Besuch. „Auch die Enkel sehen wir höchstens mal am Fenster, sie haben zu große Angst, mich anzustecken“, erzählt der Opa. Die ganze Familie leide unter der Situation. Tochter Folz etwa sei in Zeiten von Schulschließungen eigentlich auf ihre Eltern angewiesen, die sich gerne um die Enkel kümmern würden. „Das tut mir weh, dass ich meiner Tochter, die neben Homeoffice jetzt auch noch Homeschooling machen muss, nicht unter die Arme greifen darf“, sagt Magdalena Folz.
Die Großeltern sind froh, dass das Leben für die Enkelkinder wieder ein wenig leichter werde, jetzt wo wenigstens die Schulen wieder öffnen. „Unsere Enkeltochter wollte sogar ganz auf den Kindergarten verzichten, um ihren Opa nicht zu gefährden, das lassen wir aber nicht zu.“Denn auch die Kinder litten unter der Pandemie und bekämen ernste psychische Probleme, betont Folz.
Er selbst wolle nach einem langen Arbeitsleben mit seiner Ehefrau noch ein paar schöne Jahre genießen, mal einen Spaziergang machen oder ein Eis essen gehen.
Doch selbst diese kleinen Dinge sind für ihn als Hochrisikopatient nur mit einer Corona-Impfung wieder möglich. Er versteht nicht, warum über 80-Jährige ohne irgendwelche Vorerkrankungen bei der Impfung noch vor ihm an der Reihe sind.
Nachdem er mehrmals mit der Begründung, er sei zu jung, vom Gesundheitsministerium abgewiesen worden war, wandte sich Folz in seiner Verzweiflung in einem Brief an unsere Zeitung und die Politik.
Er schrieb an die Gesundheitsministerin des Saarlandes, Monika Bachmann (CDU) und Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). „Und siehe da, plötzlich kommt Bewegung in die Sache“, sagt Folz. Ministerin Bachmann habe sogar persönlich angerufen. Sie erklärte, dass alles geregelt sei und in der Härtefallkommission entschieden werde. Eine Sachbearbeiterin aus dem Gesundheitsministerium habe zudem angerufen und bestätigt, dass die Härtefallbescheinigung des Lungenarztes vorliege und der Kommission übermittelt werde. „Ich verstehe nicht, warum ich erst einen Brief schreiben muss, damit Bewegung in meinen Fall kommt“, sagt Folz.
Jetzt schöpfen er und seine Frau aber wieder Hoffnung, dass der Spuk vielleicht bald ein Ende hat.