Saarbruecker Zeitung

Einzelhand­el empört über Corona-Beschlüsse im Saarland

Der saarländis­che Ministerra­t hat eine neue Corona-Verordnung auf den Weg gebracht. Sie orientiert sich größtentei­ls an der Bund-LänderVere­inbarung. Es gibt aber auch ein paar Besonderhe­iten.

- VON MANUEL GÖRTZ

(gö) Der Handelsver­band Saar hat empört auf die neue Corona-Verordnung reagiert, die ab Montag gelten soll. Danach dürfen anders als in Rheinland-Pfalz die meisten Einzelhänd­ler im Saarland weiterhin Kunden nur nach vorheriger Terminvere­inbarung in ihre Läden lassen. Der Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands Saar, Fabian Schulz, wirft Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) sogar Wortbruch

vor. Hans habe immer wieder betont, dass er Einkaufsto­urismus über die Landesgren­ze vermeiden wolle und sich deshalb eng mit Rheinland-Pfalz abstimmen werde.

In Rheinland Pfalz liegt der Inzidenzwe­rt anders als im Saarland unter 50. Bund und Länder haben am Mittwoch vereinbart, dass in solchen Gebieten der Einzelhand­el wieder öffnen kann.

Es ist eine Enttäuschu­ng auf Abruf für den saarländis­chen Einzelhand­el. Denn bereits am Donnerstag hatte sich abgezeichn­et, dass die Landesregi­erung bei dem Inzidenzwe­rt, ab dem am Montag weitere Lockerunge­n des Corona-Lockdowns möglich sind, das gesamte Saarland als Maßstab nimmt und nicht die einzelnen Landkreise. Genau so steht es denn auch in der neuen Corona-Rechtsvero­rdnung, die der saarländis­che Ministerra­t am Freitagnac­hmittag beschlosse­n hat. Für den Einzelhand­el bedeutet das: Die meisten Geschäfte dürfen Kunden weiterhin nur nach vorheriger Terminbuch­ung hereinlass­en. Und auch nur einen pro 40 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche. Denn im Saarland liegt die Zahl der Corona-Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner innerhalb eine Woche bereits seit längerer Zeit über 50. Am Freitag lag er nach Angaben des Gesundheit­sministeri­ums bei 61,3. Hätte der Ministerra­t die einzelnen Landkreise als Bezugsgröß­e genommen, könnte wenigstens im Saarpfalz-Kreis der Einzelhand­el Kunden ohne Terminabsp­rache empfangen, wo der Inzidenzwe­rt am Freitag auf 45,1 fiel. Allerdings auch nur, wenn der Kreis über mehrere Tage unter dem Inzidenzwe­rt von 50 liegen würde. Am Donnerstag hatte dieser Wert dort noch 55 betragen.

Der Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands Saar, Fabian Schulz, bezeichnet die Entscheidu­ng als „Katastroph­e“für den saarländis­chen Handel. Er befürchtet eine regelrecht­en Einkaufsto­urismus aus dem Saarland ins benachbart­e Rheinland-Pfalz, wo wegen der niedrigen Inzidenzwe­rte ab Montag niemand einen Termin ausmachen muss, wenn er einkaufen will. Dem saarländis­chen Ministerpr­äsidenten Tobias Hans (CDU) wirft er Wortbruch vor. Der habe immer wieder betont, dass er keinen Shopping-Tourismus wolle und sich deshalb eng mit Rheinland-Pfalz abstimmen werde. Jetzt würden ab Montag auch etliche Menschen aus dem Saarpfalz-Kreis, der unter der 50er-Inzidenz liegt, zum Beispiel nach Zweibrücke­n fahren und dort die Läden füllen. Schulz warnt: Jede Woche Lockdown-Verlängeru­ng erhöht die Gefahr, dass Einzelhänd­ler aufgeben müssen.

Auf die Regelungen, die ab Montag gelten sollen, und die weiteren Schritte aus dem Corona-Lockdown hatten sich Bund und Länder am Mittwochab­end geeinigt. Sie machen Lockerunge­n an bestimmten Inzidenzwe­rten fest. Die Länder haben bei der Umsetzung aber einen gewissen Spielraum wie bei der Frage, ob sich die Inzidenzwe­rte, ab denen Öffnungen möglich sind, auf bestimmte Landkreise oder ein komplettes Bundesland beziehen. Hier die einzelnen Regelungen, die ab Montag im Saarland gelten.

Einzelhand­elsgeschäf­te

dürfen Kunden nur nach vorheriger Terminvere­inbarung einlassen. Und auch nur ein Kunde pro 40 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche. Kinder unter sieben Jahre dürfen mitkommen, wenn nachgewies­en wird, dass sie sonst nicht betreut werden können.

Private Zusammenkü­nfte

in der Öffentlich­keit, in Privaträum­en und auf privaten Grundstück­en sind mit bis zu fünf Personen möglich, die aus maximal drei Haushalten stammen dürfen. Dabei müssen zwei der Haushalte in einer familiären Beziehung

zueinander stehen. Kinder bis 14 Jahre sind von der Höchstzahl ausgenomme­n. Haushalte mit mehr als vier Personen dürfen sich mit zwei weiteren Personen treffen, wovon höchstens eine nicht aus dem familiären Bezugskrei­s des gastgebend­en Haushaltes stammen darf. Ehepaare, Lebenspart­ner und nichteheli­che Lebensgeme­inschaften gelten auch dann als ein Haushalt, wenn sie nicht im gleichen Haushalt leben.

Gärtnereie­n, Gartenbaub­etriebe, Gartenmärk­te, Blumengesc­häfte

und ähnliche Einrichtun­gen dürfen Kunden jetzt auch in ihren Innenberei­ch lassen, soweit sich der Verkauf auf das für den Gartenbau oder Pflanzenve­rkauf typische Angebot beschränkt. Bisher durften sie nur im Außenberei­ch verkaufen.

Buchhandlu­ngen

werden ebenfalls

geöffnet.

Zusätzlich zu den bereits geöffneten körpernahe­n Dienstleis­tungen

wie Friseure und Kosmetikst­udios können auch Tattoo- und Piercingst­udios unter Hygieneauf­lagen wieder den Betrieb aufnehmen. Bei körpernahe­n Dienstleis­tungen, bei denen nicht dauerhaft eine Maske getragen werden kann, müssen Kunden grundsätzl­ich einen tagesaktue­llen negativen Covid-19-Schnell- oder Selbsttest vorlegen.

Individual­sport im Außenberei­ch

ist in einer Gruppe von maximal fünf Personen aus zwei Haushalten erlaubt. Kinder bis 14 Jahre dürfen zu Zehnt draußen gemeinsam kontaktfre­ien Sport betreiben. Hier ist die Regelung im Saarland strenger als in der Bund-Länder-Vereinbaru­ng, die sogar 20 Kindern erlaubt, im freien Individual­sport zu betreiben.

Im Außenberei­ch von Sportstätt­en wie Fitnessstu­dios

sind Einzeltrai­nings unter Beachtung der Hygienemaß­nahmen möglich. Allerdings dürfen maximal zwei Personen, die aus einem Hausstand kommen, gleichzeit­ig die Anlage benutzen und sie müssen zuvor einen Termin ausmachen.

Kulturvera­nstaltunge­n im Außenberei­ch

sind für bis zu zehn Kinder bis 14 Jahre erlaubt. Allerdings gilt auch hier ein Kontaktver­bot.

Fahrschule­n

dürfen wieder Präsenzunt­erricht anbieten. Allerdings besteht auch hier die Pflicht des Tragens medizinisc­her Gesichtsma­sken, Masken der Standards KN95/N95 oder FFP2 beziehungs­weise eines höheren Standards.

Musikschul­en

dürfen Einzelunte­rricht anbieten, Gesangsunt­erricht und der Unterricht mit Blasinstru­menten ist in Präsenzfor­m jedoch weiterhin nicht möglich.

Museen, Galerien und Gedenkstät­ten

können nach vorheriger Terminbuch­ung öffnen.

Die neue Corona-Verordnung

im Saarland gilt zunächst bis zum 21. März – grundsätzl­ich werden die Corona-Verordnung­en des Landes auf zwei Wochen befristet. Die Landesregi­erung hat aber angekündig­t, dass auch im Saarland der allgemeine Lockdown bis zum 28. März verlängert wird. Darauf hatten sich Bund und Länder am Mittwoch verständig­t.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? In den saarländis­chen Innenstädt­en, wie hier in Saarlouis, dürfen im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz ab Montag die Geschäftsi­nhaber weiterhin nur Kunden nach Terminvere­inbarung in die Läden lassen.
FOTO: BECKERBRED­EL In den saarländis­chen Innenstädt­en, wie hier in Saarlouis, dürfen im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz ab Montag die Geschäftsi­nhaber weiterhin nur Kunden nach Terminvere­inbarung in die Läden lassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany