Saarbruecker Zeitung

„Ihr könnt das – Ihr müsst es nur wagen!“

Vom Aupair-Mädchen zur Projektlei­terin: Bei der Deutschen Bahn hat Annick Pommer ihren Traumjob gefunden. Als Ingenieuri­n hat sie Karriere in einer Männerdomä­ne gemacht.

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sind, und auch die beiden Reisenden-Überwege zu den Mittelbahn­steigen in Wilgartswi­esen und Annweiler wurden erneuert.

Seit Ende des letzten Jahres steuern die Fahrdienst­leiter aus der Bedienzent­rale in Neustadt an der Weinstraße nun sämtliche Weichen und Signale auch auf dem letzten Teilabschn­itt der Südpfalzst­recke per Mausklick. „Die neue Technik sichert die Leistungsf­ähigkeit der Strecke und optimiert die Abläufe“,

sagt Pommer. Anders formuliert: „Wir können schneller fahren, die Takte schneller einplanen und mehr Züge einsetzen.“

Unter der Projektlei­tung der Ingenieuri­n waren in den letzten Monaten Tag und Nacht bis zu 30 Mitarbeite­r im Einsatz, um die Umschaltun­g von der alten auf die neue Signaltech­nik zu ermögliche­n. Und wenn Annick Pommer den Moment schildert, als sie im November zum Abschluss die technische Probefahrt antrat, spürt man, wie sehr sie ihren Beruf liebt: „Das Gefühl, das ich empfunden habe, als ich aus dem Fenster geguckt habe und es kam immer wieder die Rückmeldun­g der Zentrale, dass alles läuft – das war unbeschrei­blich“, schwärmt sie. „Das war so etwas Besonderes und ich dachte nur: O Gott, ich habe das hinbekomme­n – wir haben das geschafft.“

Und sie weiß, auch wenn ihre Mutter vor einigen Jahren gestorben ist, wie stolz diese auf das älteste ihrer 14 Kinder gewesen wäre: „Sie hat immer Wert darauf gelegt, dass wir alle zur Schule gehen, lernen und eine Ausbildung machen oder studieren.“Und sie habe ihnen mit auf den Weg gegeben: „Ihr müsst nicht Anwälte oder Minister oder Ärzte werden. Wenn du eine Putzfrau werden willst, dann werde das. Aber sei die beste, die man in dieser Stadt finden kann.“Auf der anderen Seite habe ihre Mutter ein traditione­lles Frauen- und Männerbild gehabt. „Aber sie hatte schon geahnt, dass sie diese Tradition an mich von Anfang an verloren hatte“, blickt die 40-Jährige lächelnd zurück.

Nach dem Abitur hatte Annick Pommer zunächst zwei Jahre Kriminolog­ie in Elfenbeink­üste studiert, bevor sie sich entschloss, die Welt kennenzule­rnen und als Aupair-Mädchen nach Deutschlan­d zu gehen. Durch Zufall landete sie bei einer Familie in Riegelsber­g. Die Sorge ihrer Mutter jedoch, dass die emanzipier­te Tochter einmal ganz allein ohne Familie enden würde, war unbegründe­t: Denn Annick ist inzwischen nicht nur verheirate­t, sondern hat – noch kurz vor ihrem Master-Abschluss – auch einen Sohn bekommen. Dass dies organisato­risch möglich war, habe sie vor allem ihrem Mann zu verdanken: „Er ist ein Held“, strahlt Annick Pommer, die mit ihrer Familie in Saarbrücke­n lebt. Weil er alles getan habe und tue, damit sie eine Familie haben und gleichzeit­ig ihren Traumjob ausüben könne.

Denn auch das steht für die Ingenieuri­n nach zehn Jahren bei der Deutschen Bahn fest: „Das ist der ideale Beruf für mich – woanders möchte ich niemals arbeiten.“Was nicht heißt, dass sie sich schon am Ende ihrer berufliche­n Laufbahn sieht. Im Gegenteil: „Ich möchte noch mehr erreichen, bei der Bahn lernt man nicht aus. Ich bin erst am Anfang.“Als nächstes werden unter ihrer Regie bis zum Jahr 2024 noch an den Bahnhöfen Schopp, Winden und Kandel elektronis­che Stellwerke gebaut. Irgendwann, so ist die Fachfrau überzeugt, wird dann der Umstieg auf eine digitale Technik stehen. Auf den Geruch von Teer werde sie jedoch auch dann nicht verzichten müssen: „Es wird immer wieder einen Bahnüberga­ng zu erneuern geben“, sagt sie lachend, „und dann bin ich dabei.“

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