Saarbruecker Zeitung

Welch schwere Fälle die Impf-Härtefallk­ommission im Saarland bearbeiten musste.

-

Wer schwerkran­k ist – oder einen Schwerkran­ken pflegt, der kann sich im Saarland besonders schnell gegen Covid-19 impfen lassen. Wenn es die Härtefallk­ommission zulässt. Sie bearbeitet den Antrag auf schnelle Impfung, begutachte­t mitgeliefe­rte ärztliche Bulletins, die belegen, dass eine eigene Covid-19-Erkrankung wohl tödlich enden würde. Seit 16. Februar arbeitet die Kommission, sie besteht aus zwei Medizinern, einem Sozialrich­ter und zwei Abgeordnet­en der saarländis­chen Regierungs-Koalition. In diesem Fall: die Gesundheit­spolitiker Martina Holzner (SPD) und Hermann Scharf (CDU). Das gab Kritik zu Beginn, Politiker hätten in der Experten-Kommission nichts verloren. Auch Ärztekamme­r-Präsident Dr. Josef Mischo ist Mitglied. Er berichtete in Saarbrücke­n vor Journalist­en von den ersten zwei Wochen Arbeit der Kommission. Zwei Mal habe sie bisher getagt und „wird diese Woche noch zwei weitere Mal tagen“, erklärte Mischo. Er sei „beeindruck­t, welch schwere Fälle wir sehen“.

Bisher seien insgesamt 600 Anträge eingegange­n. „Leider waren mehr als die Hälfte unvollstän­dig“, erklärte Mischo. Formalien, die nicht stimmten, wie etwa die fehlende Befreiung von der Schweigepf­licht, „oder auch unvollstän­dige oder veralteten Befunde“. Die Nachfragen habe aber „die Geschäftss­telle im Innenminis­terium nachgearbe­itet“, beteuert Mischo. Daher seien auch die unvollstän­digen Unterlagen zeitnah vervollstä­ndigt gewesen. „Es ist für uns extrem wichtig, dass wir eine fundierte ärztliche Begründung haben, da reicht nicht einfach die Diagnose, da reicht auch nicht die Angabe einer Ziffer der Paragrafen in der Verordnung“, erklärte Mischo.

In etwa 60 Prozent aller Fälle seien „positive Bescheide“ergangen, sagte Mischo. Etwa ein Viertel betrifft Krebserkra­nkungen, „zum Teil tragische Fälle“vorwiegend mit laufender Chemothera­pie. Ein weiteres Viertel seien Lungenkran­ke. Zu etwa zehn Prozent Immunschwa­che und Herzschwac­he. Auch Begleit- und Pflegepers­onen haben positive Bescheide erhalten. „Meist die von schwerbehi­nderten Kindern, die hoch gefährdet sind, und selbst nicht geimpft werden können“, erklärte Mischo. Damit gehe die Kommission über medizinisc­he Entscheidu­ngen hinaus. „Daher bin ich ganz froh, dass wir zwei Politiker dabei haben, die solche Fälle mitentsche­iden“, sagte Mischo.

Etwa 70 Prozent der gestellten Härtefall-Antragstel­ler seien bereits auf Grund von Alter oder der Diagnose einer Grunderkra­nkung für die Prioritäts­gruppe zwei qualifizie­rt, dürfen sich also ohnehin schon um Termine bemühen. Da prüfe die Kommission lediglich noch, ob diese Antragsste­ller noch schneller einen Termin bekommen sollen. Bei etwa zehn Prozent der Anträge haben „wir die Notwendigk­eit gesehen, einen dringenden Impftermin zu vergeben.“Und, so ergänzte Mischo: Die Kommission habe bisher alle Entscheidu­ngen einstimmig getroffen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany