Saarbruecker Zeitung

Pink Floyd machte ihn weltberühm­t, ein wirklicher Star war er dennoch nie: David Gilmour wird 75.

Als Sänger und Gitarrist von Pink Floyd schuf David Gilmour Musik für die Ewigkeit. Heute spricht er nur noch ungern über seine legendäre Rockband.

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(dpa) Auf der Bühne wirkt er mitunter etwas teilnahmsl­os, fast desinteres­siert. Doch das täuscht. Wenn David Gilmour in die Saiten greift, sorgt das bei seinen Fans immer noch für Gänsehaut. Mit Pink Floyd hat der britische Gitarrist und Sänger Musikgesch­ichte geschriebe­n. Mittlerwei­le hat er jedoch keine Lust mehr, über seine legendäre Band zu sprechen. Die Musik ist für Gilmour, der am heutigen Samstag 75 Jahre alt wird, ohnehin längst nur noch ein Hobby.

„Man kann ihm eine Ukulele geben, und er lässt sie wie eine Stradivari-Violine klingen“, schwärmte „The Wall“-Produzent Bob Ezrin von David Gilmour. Rund um den Globus wird er von Gitarriste­n und solchen, die es gerne wären, verehrt. Er selbst blieb bescheiden. „Es gibt Gitarriste­n, die sind mir technisch weit überlegen“, sagte er mal in einem Interview. „Womöglich finden Sie ein paar von denen in der Londoner U-Bahn.“

1967 kam David Jon Gilmour, der am 6. März 1946 in Cambridge geboren wurde, zu Pink Floyd. In der Gruppe, die seinerzeit experiment­ellen, psychedeli­schen Rock spielte, ersetzte er bald Gründungsm­itglied Syd Barrett. Der hatte die Band wegen schwerer gesundheit­licher Probleme verlassen, das Resultat exzessiven Drogenkons­ums.

In den 70er Jahren etablierte­n sich Pink Floyd mit vier genialen Konzeptalb­en – „The Dark Side of the Moon“(1973), „Wish You Were Here“(1975), „Animals“(1977) und „The Wall“(1979) – nicht nur als führende Kraft des Progressiv­e Rock, sondern sie wurden zu einer der einflussre­ichsten Gruppen der Musikgesch­ichte. Weltweit verkaufte sich „The Dark Side Of The Moon“bis heute fast 50 Millionen Mal, „The Wall“mit der berühmten Ohrwurm-Single „Another Brick in the Wall (Part 2)“mehr als 30

Millionen Mal.Höhepunkt auf „The Wall“ist das sechseinha­lbminütige „Comfortabl­y Numb“. Gilmour schrieb die Musik, sang den Refrain und veredelte das Epos mit zwei Gitarrenso­li für die Ewigkeit. Der Song ist regelmäßig in Bestenlist­en von renommiert­en Musikmagaz­inen zu finden.

Nicht nur als Klangarchi­tekt von Pink Floyd bewies Gilmour ein ausgezeich­netes musikalisc­hes Gespür. Mitte der 70er bekam er eine Kassette mit Demos der jungen Kate Bush zugespielt und erkannte das Potenzial. Er finanziert­e der Teenagerin profession­elle Aufnahmen und verhalf Bush zu ihrem ersten Plattenver­trag.

Hinter den Kulissen von Pink Floyd brodelte es irgendwann. Roger Waters, mit dem Gilmour ständig aneinander geriet, stieg 1985 aus. Unter Gilmours Führung machte die

Band bis Mitte der 90er weiter. Danach gab es nur noch einen gemeinsame­n Auftritt. 2005 spielten Pink Floyd – mit Waters – beim „Live 8“-Festival eine Handvoll Songs. Eine millionens­chwere Reunion-Tournee lehnten die Musiker zum Leidwesen ihrer Fans ab.

Dass er trotzdem immer wieder auf Pink Floyd angesproch­en wird, nervt ihn. „Es macht mich krank!“, klagte Gilmour im „Focus“. „Schließlic­h wurde mir schon jede erdenklich­e Frage zu der Band gestellt, und nicht nur einmal.“Im Übrigen wolle er nicht in der Vergangenh­eit leben.

Trotzdem ließ sich auf Gilmours viertem und bislang letztem Soloalbum „Rattle That Lock“(2016) nur schwer überhören, dass hier das ehemalige Pink-Floyd-Mastermind spielt und singt. Zwischen Jazz und lockerem Folk ertönen seine unverkennb­aren, typischen Gitarren-Sounds und weitläufig­en Klanglands­chaften.

Heute steht bei ihm die Familie an erster Stelle. Aus seiner ersten Ehe mit dem US-Model Virginia Hasenbein gingen vier Kinder hervor. Mit seiner zweiten Frau, der Autorin Polly Samson, hat er weitere drei Kinder und einen Adoptivsoh­n.

Mit seiner jüngsten Tochter Romany, die 2002 geboren wurde, hat David Gilmour im vergangene­n Jahr einen neuen Song veröffentl­icht, das folkige Duett „Yes, I Have Ghosts“. Der Videoclip dazu zeigt Gilmour auf der sonnigen griechisch­en Insel Hydra. Statt langer Mähne hat der Musiker heute längst dünnes graues Haar. Im Video trägt er einen Hut. Auch die Stimme ist etwas dünner geworden. Der vermeintli­ch teilnahmsl­ose Gesichtsau­sdruck ist aber geblieben.

 ?? ARCHIVFOTO: SCHMIDT/DPA ?? David Gilmour spielt 2016 in Stuttgart. Es war das Jahr, in dem der Gitarrist sein bislang letztes Soloalbum veröffentl­ichte.
ARCHIVFOTO: SCHMIDT/DPA David Gilmour spielt 2016 in Stuttgart. Es war das Jahr, in dem der Gitarrist sein bislang letztes Soloalbum veröffentl­ichte.

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