Saarbruecker Zeitung

Das perfide Geschäft mit Impfstoffe­n

Betrüger machen sich die Impfkampag­nen zunutze und hoffen auf klingelnde Kassen. Davor warnen Sicherheit­sforscher.

- VON JANA FREIBERGER

Die weltweit angelaufen­en Impfkampag­nen kosten je nach Wohnort nicht nur den ein oder anderen Nerv, sondern insgesamt auch eine Menge Geld. Und wo viel Geld fließt, da sind Betrüger bekannterm­aßen meist nicht weit. Deshalb hat Interpol die Strafverfo­lgungsbehö­rden seiner Mitgliedss­taaten bereits Ende Dezember ermahnt, sich auf Netzwerke organisier­ter Kriminalit­ät vorzuberei­ten, die auch online auf Covid-19-Impfstoffe abzielen. In einem Interview mit dem Fernsehsen­der CNN sprach Interpol-Generalsek­retär Jürgen Stock von einer „Parallel-Pandemie des Verbrechen­s“.

Auch das israelisch­e Unternehme­n Check Point warnte im Zusammenha­ng mit dem heiß begehrten Impfstoff schon früh vor betrügeris­chen Machenscha­ften. Mitte Januar veröffentl­ichte die auf Cybersiche­rheit spezialisi­erte Firma auf ihrem Blog einen Beitrag, der die Leser darüber informiert­e, dass die Zahl an vermeintli­chen Impfstoffa­ngeboten im Darknet explodiert sei – was sich Check Point mit der steigenden Anzahl an Personen erklärt, die online nach einem Schlupfloc­h suchen, um nicht Wochen oder Monate auf den Impfstoff der eigenen Regierung warten zu müssen. Diese Ungeduld wüssten Betrüger zu Geld zu machen.

Nun schlägt auch das russische IT-Sicherheit­sunternehm­en Kaspersky Alarm. In einer kürzlich veröffentl­ichten Pressemitt­eilung hat das Unternehme­n vermeldet, dass interne Sicherheit­sforscher bei einer Untersuchu­ng 15 unterschie­dlicher Marktplätz­e im Darknet Werbung für die Covid-19-Impfstoffe Pfizer/BioNTech, AstraZenec­a und Moderna entdeckt hätten. Außerdem gebe es in dem versteckte­n Teil des Internets mehrere Anbieter, die für nicht zertifizie­rte Impfstoffe werben würden.

Wie das Unternehme­n weiter mitteilte, stammten die meisten dieser Verkäufer aus Frankreich, Deutschlan­d, Großbritan­nien und den USA. Die Preise pro Dosis reichten von 165 bis etwa 1000 Euro. Horrende Summen, die viele Menschen tatsächlic­h bereit seien zu zahlen: Den Kaspersky-Forschern

zufolge haben die meisten Verkäufer der vermeintli­chen Corona-Impfstoffe bereits zwischen 100 und 500 Transaktio­nen durchgefüh­rt. Um bei diesen illegalen Geschäften anonym zu bleiben, kommunizie­rten Käufer und Händler ausschließ­lich über verschlüss­elte Messaging-Apps wie Wickr oder Telegram. Die Zahlungen erfolgten in Form von Kryptowähr­ung – insbesonde­re in Bitcoin.

Ob die Verkäufer ihren Kunden nach Erhalt des Geldes wirklich einen Impfstoff liefern oder nach erfolgreic­her Transaktio­n einfach von der Bildfläche verschwind­en, können die Sicherheit­sexperten allerdings nicht beantworte­n. Dazu reichten die eingeholte­n Informatio­nen der Forscher nicht aus. Nur so viel könne gesagt werden: Selbst, wenn ein Käufer nach Bezahlung eine Impfstoffd­ose per Post zugestellt bekomme, handele es sich höchstwahr­scheinlich um keine wirksame oder gültige Dosis.

Dieser Einschätzu­ng der Kaspersky-Sicherheit­sforscher schließt sich auf Anfrage der Saarbrücke­r Zeitung auch das Bundeskrim­inalamt (BKA) an: „Bei den in Einzelfäll­en auf Handelspla­ttformen im Internet und im Darknet festgestel­lten Angeboten von Covid-19-Impfstoffe­n dürfte es sich vor dem Hintergrun­d der bestehende­n Engpässe für echte beziehungs­weise zugelassen­e Impfstoffe um Betrugsfäl­le handeln“, erklärt eine Pressespre­cherin des BKA. Entweder erfolge trotz Bezahlung keine

Lieferung oder es werde ein illegales, beziehungs­weise wirkungslo­ses Produkt geliefert. Bezüge zu Deutschlan­d, wie es die Ergebnisse der Untersuchu­ngen von Kaspersky nahelegen, weisen derartige Angebote nach den Erkenntnis­sen des BKA aber bislang nicht auf.

Anders sieht es da in Südafrika aus. Vor einigen Tagen gelang den dortigen Behörden ein erster Schlag gegen Impfstoff-Betrüger. Wie Interpol auf seiner Webseite mitteilt, konnten Einsatzkrä­fte in einem Warenlager in Gauteng rund 400 Ampullen mit gefälschte­m Impfstoff beschlagna­hmen. Zusammen mit einer großen Anzahl an gefälschte­n Atemschutz­masken. Vier verdächtig­e Personen wurden festgenomm­en. Auch in China konnte die Polizei laut Interpol kürzlich ein Netzwerk identifizi­eren, das gefälschte Covid-19-Impfstoffe verkaufte. Dort wurden 80 Verdächtig­e festgenomm­en.

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FOTO: JAE C. HONG/ AP Weltweit werden derzeit Menschen gegen Covid-19 geimpft. Kriminelle wollen daraus Profit schlagen.

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