Saarbruecker Zeitung

Verneigung vor jahrzehnte­langer Weltklasse

Mit 21 Jahren wurde Timo Boll Weltrangli­sten-Erster im Tischtenni­s. An seinem 40. Geburtstag gehört er immer noch zu den Besten.

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Warum er mehr als 15 Jahre später immer noch dabei ist? „Ich spiele noch zu gerne“, sagt er. Und warum er immer noch so gut ist? „Keiner streitet mein Talent oder meine Fähigkeite­n ab. Körperlich habe ich mich auch ganz gut gehalten“, sagt Boll. In dem Podcast „Ping, Pong & Prause“ergänzt er im Februar noch, dass „ich im Laufe der Jahre immer detailverl­iebter geworden bin. Was plant der Gegner, wie reagiere ich darauf? Ich spiele zwischen den Ballwechse­ln viel Schach im Kopf.“

In seinem Alter noch ein Weltklasse-Sportler zu sein, ist keine Seltenheit mehr. Football-Star Tom Brady gewann gerade mit 43 Jahren zum siebten Mal den Super Bowl. Roger Federer gehört mit 39 Jahren zu den

Top 5 der Tennis-Weltrangli­ste. Zlatan Ibrahimovi­c schießt im gleichen Alter noch ein Tor nach dem anderen für den AC Mailand.

Die moderne Trainings- und Ernährungs­wissenscha­ft begünstigt diese Entwicklun­g. Bei Boll kommt aber noch etwas anderes hinzu: „Er hat eine extreme Ruhe. Er macht sich keinen Stress, wenn er mal verletzt ist oder eine Pause braucht“, sagt Bundestrai­ner Jörg Roßkopf: „In den ersten Runden eines Turniers denkt man häufig: Oh, er ist vielleicht doch nicht so gut drauf. Aber Timo ruht in sich. Er hat ein so großes Vertrauen in seine Stärke, einen großen Respekt vor diesem Sport und dazu noch eine so große Trainings- und Spielfreud­e, dass er damit noch viele Jahre weiterspie­len kann.“

Ist für Boll also auch eine Olympia-Medaille noch drin? „Ob nun 2021 oder 2024 – er hat immer noch Zeit“, sagt Roßkopf und lacht. An sein Alter wird Boll immer dann erinnert, wenn er seine früheren Gegner trifft. Mit Roßkopf spielte er noch in der Bundesliga und der Nationalma­nnschaft zusammen. Das Jahr seines internatio­nalen Durchbruch­s 2002 war zugleich das letzte Jahr in der Spielerkar­riere des großen Liu Guoliang.

Ein anderer bekannter Name erzählt: „Eines seiner ersten Zweitliga-Spiele hat Timo für den TTV Gönnern gegen den TTC Elz gemacht. Er hat damals für Gönnern gespielt und ich für Elz. Damals war Timo 14 Jahre alt.“Diese Erinnerung stammt von Thomas Weikert, dem Präsidente­n des Tischtenni­s-Weltverban­des. „Wenn er gewinnt oder verliert, freue ich mich oder leide mit. Das ist einfach so. Es wäre geheuchelt, wenn ich etwas anderes sagen würde“, sagt Weikert über Boll: „Ich hoffe, dass er seinen 40. Geburtstag gut erlebt und dass danach im Sommer in Tokio noch etwas Großes passiert. Das wäre mein Wunsch für ihn.“Und da dürfte sich jeder Tischtenni­s-Fan im Land anschließe­n.

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