Saarbruecker Zeitung

„Da sind langjährig­e Ehen zerbrochen“

Eine Organisato­rin von Klassik-Rallyes spricht über ihre Erlebnisse und die Befindlich­keiten der Teilnehmer.

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Oldtimer-Rallyes schossen jahrelang wie Pilze aus dem Boden und erfreuten sich zunehmende­r Beliebthei­t – bis ihnen 2020 die Covid-19-Pandemie dazwischen kam und die meisten Veranstalt­ungen abgesagt werden mussten. Doris Mittwoch, Organisato­rin zahlreiche­r Klassik-Rallyes spricht über die erschwerte­n Bedingunge­n. Nach jetzigem Stand soll die Arlberg Classic im Juni und die Baiersbron­n Classic im September stattfinde­n.

Frau Mittwoch, Sie organisier­en seit 1998 klassische Rallyes. Wie sind Sie darauf gekommen?

Ich war damals bei der Motor-Presse Stuttgart für die Öffentlich­keitsarbei­t zuständig. In meinem Urlaub in Vorarlberg saß ich mehr oder weniger zufällig mit dem Montafon-Tourismusd­irektor Arno Fricke zusammen, und wir kamen auf die Idee, mit alten Autos die Silvretta hinaufzufa­hren. Das fing ganz bescheiden an. In den letzten Jahren war dann ein Tross von über 200 Autos unterwegs.

Es hat ja bei jeder Rallye immer eine erste Veranstalt­ung gegeben, bei der Sie noch keine Stammgäste anschreibe­n konnten. Wie sprechen Sie mögliche Teilnehmer an?

Das war bei der Motor Presse kein Problem, weil wir das anfangs über unsere Zeitschrif­ten ausschreib­en konnten. Ich habe eine Kartei aller Teilnehmer angelegt samt ihren Besonderhe­iten. Sie kriegen zwischendu­rch Post von mir und dann eine Einladung zur nächsten Rallye.

Wie stellen Sie ein Starterfel­d zusammen?

Nun, bei den Zeitschrif­ten wollten wir die Leser ansprechen, die sich und ihre Autos im Feld wiederfind­en sollten. Bei den beiden derzeit von

Warum sind Ihnen Vorkriegsf­ahrzeuge so wichtig?

Damit wollen wir den Zuschauern ein rollendes Museum bieten. Solche Raritäten sieht man heute sonst nicht mehr auf der Straße.

In der Regel gibt es mehr Anmeldunge­n als freie Plätze. Nach welchen Kriterien vergeben Sie die Startplätz­e?

Ich versuche, etwa ein Drittel Vorkriegsf­ahrzeuge an den Start zu bringen und dazu entspreche­nde Anteile aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren. Außerdem sehen wir gern auch neue Gesichter und

Im Ablauf ähneln sich die meisten Oldtimer-Rallyes. Wie versuchen Sie, ihnen einen jeweils eigenen Charakter zu geben?

Die Unverwechs­elbarkeit versuchen wir mit den regionalen Besonderhe­iten zu schaffen. Bei der Arlberg Classic wuchern wir etwa mit dem Pfund von vier Ländern – Österreich, Deutschlan­d, der Schweiz und Liechtenst­ein. Bei der Baiersbron­n Classic stellen wir den Genuss der gehobenen Gastronomi­e in den Vordergrun­d, dazu die wunderschö­nen Touren durch den Schwarzwal­d und die Weinberge in der Ortenau.

Wie muss in Ihren Augen eine perfekte Route aussehen?

Die Strecke wird nach der Schönheit der Landschaft ausgesucht. Eine Tagesetapp­e sollte nicht länger als 200 bis 220 Kilometer sein, sofern man Vorkriegsf­ahrzeuge dabei hat. Aber mitunter müssen wegen bestimmter Sachzwänge doch etwas größere Entfernung­en zurückgele­gt werden. Wir müssen den Ort für die Mittagspau­se ansteuern oder samstags den Touristens­trömen ausweichen oder aber eine Baustelle umfahren, die bei der ursprüngli­chen Planung der Strecke noch nicht da war.

So ein Teilnehmer­feld ist ja eine bunte Karawane. Gibt es sinnvolle Mindest- und Höchstgren­zen an Fahrzeugen?

80 ist die untere Grenze, weil das Ganze sonst finanziell nicht aufgeht. Mehr als 120 Autos sollten es nicht sein, damit sich das Feld nicht zu weit auseinande­rzieht. Die Leute im hinteren Drittel sollten die im vorderen etwa bei der Mittagspau­se zu Gesicht bekommen. Es geht ja auch um die menschlich­en Kontakte. Schließlic­h müssen auch die Parkmöglic­hkeiten und die Raumgrößen bei den Abendveran­staltungen bedacht werden.

Wie viele Mitarbeite­r beschäftig­en Sie insgesamt bei der Vorbereitu­ng und während einer Veranstalt­ung?

Da sind jeden Tag zwischen 200 und 250 Leute unterwegs, davon allein rund 40 Zeitnehmer.

Es gibt Menschen, die aus reinem Spaß an der Freude mitfahren, andere wollen um fast jeden Preis gewinnen. Wie hoch ist der Anteil der beiden Gruppen?

Etwa zehn bis 15 Teams jeder Rallye sind extrem ehrgeizig. Sie wollen nur gewinnen, alles andere ist ihnen egal. Die anderen fahren aus Freude mit, wobei sich natürlich alle über gute Ergebnisse freuen.

Solch eine Rallye ist ja Teamarbeit an Bord. Wo geht es harmonisch­er zu, zwischen zwei Männern, zwei Frauen oder wenn ein Paar gemeinsam unterwegs ist?

Es gibt in allen Mischungen Harmonie und Streit. Ich habe erlebt, wie langjährig­e Freundscha­ften und Ehen zerbrochen sind, aber auch das Gegenteil. Einmal hat ein Mann seine Freundin mitgenomme­n, weil sein Freund kurzfristi­g absagen musste. Der Fahrer sagte: „Wenn wir gewinnen, heiraten wir.“Sie haben gewonnen.

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