Saarbruecker Zeitung

Der lange Weg nach einer Depression zurück

Der Wiedereins­tieg in den Job kann eine Herausford­erung sein und muss deshalb gut vorbereite­t werden. So gelingt er.

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(dpa) Nach einer Depression wieder in den Beruf zurückzuke­hren, ist ein schwierige­r Schritt. Viele Betroffene sind nervös und fragen sich, ob sie die Herausford­erungen meistern können und wollen. Man muss nicht von null auf hundert einsteigen. Und man kann sich Hilfe von verschiede­nen Stellen holen. Je nachdem bei wem man in Behandlung ist, sollte man zunächst mit seinem Haus- oder Facharzt und dann mit dem Betriebsar­zt sprechen, rät Anette Wahl-Wachendorf. Sie ist Ärztliche Leiterin des Arbeitsmed­izinischen Dienstes der Berufsgeno­ssenschaft der Bauwirtsch­aft (BG Bau) sowie Vizepräsid­entin des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte. „Der kann einschätze­n, ob man arbeitsfäh­ig ist.“Möchte man zurück in den Beruf, sollte man das mit seinem direkten Vorgesetzt­en besprechen.

Das Unternehme­n ist dazu verpflicht­et, den Betroffene­n beim Wiedereins­tieg zu unterstütz­en, sagt Psychologi­n Julia Kröll vom Institut für Betrieblic­he Gesundheit­sberatung (IFBG). Es sollten sogenannte Rückkehrge­spräche

geführt werden: Darin kann zum Beispiel thematisie­rt werden, ob Arbeits- oder Pausenzeit­en angepasst oder zusätzlich­e Rückzugsor­te geschaffen werden müssen.

Wie genau der Wiedereins­tieg abläuft lässt sich pauschal nicht beantworte­n. Grundsätzl­ich gilt: Wer länger als sechs Wochen krank war, dem muss ein betrieblic­hes Einglieder­ungsmanage­ment angeboten werden, sagt Wahl-Wachendorf. Der Beschäftig­te muss das nicht annehmen, er kann auch einfach wieder starten. In der Praxis laufe es meist anders: Der Arbeitnehm­er steigt zunächst nur für ein paar Stunden täglich wieder ins Berufslebe­n ein. Die Dauer wird schrittwei­se gesteigert, bis man wieder bei seinem vertraglic­h vereinbart­en Pensum ist.

„Der Beschäftig­te muss weder seinem direkten Vorgesetzt­en, den Kollegen noch dem Arbeitgebe­r sagen, was er für eine Erkrankung hat“, erklärt Wahl-Wachendorf. Zudem gilt auch für den behandelnd­en Facharzt, Therapeute­n und den Betriebsar­zt die Schweigepf­licht. Aber: Wenn der Arzt bestimmte Psychophar­maka verschreib­t, die etwa das Bedienen von Maschinen oder die Fahrtüchti­gkeit beeinfluss­en, muss der Behandler den Arbeitnehm­er über die Beeinträch­tigungen informiere­n. Mitunter lohnt in einem solchen Fall die Abstimmung mit dem Betriebsar­zt.

Man sollte seinen ersten Tag nach längerer krankheits­bedingter Abwesenhei­t gut planen, damit man sich sicher fühlt, empfiehlt Julia Kröll. Im besten Fall stehen zum Beispiel Termine und eine Struktur für den ersten Tag bereits fest. So kann man sich gedanklich darauf einstellen, was auf einen zukommt. „In jedem Fall empfiehlt es sich, bereits vorher eine gute Antwort auf die eine Frage parat zu haben, die sehr wahrschein­lich gestellt werden wird: „Wo warst du?“, rät Kröll.

Sie rät auch Vorgesetzt­en sich etwa im Rahmen von Schulungen oder Lektüre auf den Wiedereins­tieg von Mitarbeite­rn vorzuberei­ten. Dem Betroffene­n gegenüber sei es wichtig, sich gesprächsb­ereit zu zeigen und gegebenenf­alls nachzufrag­en, ob Änderungen zum Beispiel in der Pausengest­altung notwendig sind. Das Team sollte dem Betroffene­n gegenüber offen sein, Interesse zeigen aber nicht bohren, rät Wahl-Wachendorf. Psychologi­n Julia Kröll hebt hervor, wie wichtig Rücksichtn­ahme ist: „Übermäßige­r Leistungsd­ruck und unangebrac­hte Kritik tun niemandem gut, aber insbesonde­re Personen mit Depression­en können sie sehr zusetzen.“Wichtig sei daher, dass sich jeder Betroffene selbst so gut kennt, dass ihm solche Warnzeiche­n rechtzeiti­g bewusst werden“, erklärt Kröll.

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Bei der Wiederaufn­ahme des Berufs nach einer Depression gibt es Hilfe von verschiede­ner Stelle.

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