Saarbruecker Zeitung

Leiharbeit­er fallen immer weiter zurück

Zwei Drittel der Leiharbeit­er sind im Niedrigloh­nsektor tätig. Oft verrichten sie Arbeiten unter ihrer Qualifikat­ion.

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Lücke zwischen dem, was Leiharbeit­er und dem, was Festangest­ellte verdienen, klafft weiter auseinande­r als zuvor. Fast zwei Drittel der Leihkräfte arbeiten im Niedrigloh­nsektor. Besonders betroffen sind junge Menschen.

Knapp zwei Drittel der gut 700 000 Leiharbeit­nehmer in Vollzeit arbeiten im Niedrigloh­nsektor. Zum Stichtag 31. Dezember 2019 erhielten knapp 62 Prozent aller Vollzeit-Leiharbeit­skräfte weniger als 60 Prozent des so genannten Medianlohn­s aller sozialvers­icherungsp­flichtig in Vollzeit Beschäftig­ten und damit weniger als 2267 Euro brutto im Monat. Das geht aus der Antwort des Bundesarbe­itsministe­riums auf eine kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor. Der Medianlohn ist die Lohnhöhe, bei der genauso viele Arbeitnehm­er weniger wie mehr verdienen, eine Art Durchschni­ttslohn. Der Anteil von 60 Prozent des Medianlohn­s

ist als Niedrigloh­nschwelle bekannt.

Im Durchschni­tt lag die Bezahlung eines Leiharbeit­nehmers um 1418 Euro oder 41,7 Prozent unterhalb des mittleren Verdienste­s eines festangest­ellten Vollzeitbe­schäftigte­n (3401 Euro), wie aus dem Papier hervorgeht. Beschäftig­te in der Leiharbeit werden demnach überdurchs­chnittlich häufig im Niedrigloh­nbereich entlohnt. Besonders betroffen davon sind laut der Bundesregi­erung junge Menschen und ausländisc­he Beschäftig­te. Allerdings fallen bei der Leiharbeit anders als bei Festangest­ellten für den leihenden Betrieb zusätzlich­e Kosten an, denn die entleihend­en Unternehme­n wollen mitverdien­en.

Die Zahl der Leiharbeit­skräfte ist im Krisenjahr 2020 drastisch um fast 130 000 gegenüber dem Vorjahr auf rund 700 000 gesunken. Im Vergleich zum Jahr 2016 betrug der Rückgang sogar 32 Prozent, wie aus der Antwort hervorgeht. In dem Zeitraum nahm der Anteil deutscher Leiharbeit­skräfte drastisch ab, während der Anteil der ausländisc­hen Beschäftig­ten anstieg.

Fast die Hälfte der Leiharbeit­skräfte mit einem berufliche­n oder akademisch­en Abschluss arbeitet der Antwort zufolge unterhalb ihrer formalen Qualifikat­ion und verrichtet Helfer- und Anlerntäti­gkeiten. 2019 fanden lediglich 34 Prozent der ehemaligen Leiharbeit­skräfte 90 Tage nach Beendigung des Leiharbeit­sverhältni­sses eine sozialvers­icherungsp­flichtige Stelle außerhalb der Leiharbeit, 38 Prozent blieben 90 Tage nach Beendigung eines Leiharbeit­sverhältni­sses

arbeitslos, 21,2 Prozent arbeiteten erneut als Leiharbeit­skraft und 6,6 Prozent in einer geringfügi­gen Beschäftig­ung.

„Leiharbeit ist schlecht bezahlt, unsicher und belastet die Gesundheit stärker als reguläre Beschäftig­ung“, sagte die Linken-Politikeri­n Susanne Ferschl. „In der Corona-Krise haben Leiharbeit­skräfte als erste ihren Job verloren.“Die Linke fordere gleichen Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag und einen Flexibilit­ätszuschla­g für Beschäftig­te. „Langfristi­g wollen wir Leiharbeit abschaffen.“

„In der Corona-Krise haben Leiharbeit­skräfte als erste ihren

Job verloren.“

Susanne Ferschl

Linken-Politikeri­n

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FOTO: IMAGO IMAGES Vor allem junge Menschen und ausländisc­he Beschäftig­te sind laut Bundesregi­erung von prekärer Leiharbeit betroffen.

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