So wenig Verkehrstote wie nie – wegen Corona
22 Verkehrstote sind 22 zu viel – und dennoch so wenige wie nie zuvor in den Aufzeichnungen der saarländischen Polizei. Dafür stieg im Corona-Jahr die Zahl der schweren Fahrradunfälle stark an.
Corona hat das Leben ausgebremst – und ebenso den Straßenverkehr im Saarland. Das zeigt die Verkehrsunfallstatistik des Landes für das Jahr 2020. Die hat Innenminister Klaus Bouillon (CDU) gemeinsam mit der Polizei am Donnerstag virtuell präsentiert. Die Ergebnisse zusammengefasst: Weniger Tote – weniger Verunglückte – weniger Verkehrsunfälle.
Insgesamt 22 Menschen kamen im Jahr 2020 auf saarländischen Straßen ums Leben. 2019 waren es noch 26. Bouillon: „Bereits im Jahr 2019 sind so wenige Menschen tödlich verunglückt wie noch nie seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen im Saarland. Es freut mich sehr, dass diese Zahl ebenso wie die der Verletzten im Straßenverkehr im Jahr 2020 erneut gesunken ist.“
Insgesamt registrierte die saarländische Polizei im vergangenen Jahr 29 059 Verkehrsunfälle, vor Corona im Jahr 2019 waren es noch 35 485. Ein Rückgang von 18 Prozent. Wie so oft waren die Hauptunfallursachen zu dichtes Auffahren, Missachtung der Vorfahrtsregeln und zu schnelles Fahren. Geschwindigkeitskontrollen außerhalb geschlossener Ortschaften blieben weiter ein wichtiges Thema, sagte Bouillon. Neu angeschaffte Messanlagen hätten im Januar und Februar 2021 bereits 23 000 Verstöße festgestellt. Nun soll auch noch ein Gerät für Abstandsmessungen her.
Das öffentliche Leben war 2020 teilweise komplett runtergefahren.
Homeoffice, weniger Reiseverkehr – all’ das muss der geneigte Statistiker dieses Jahr bei der Interpretation der Verkehrsunfallzahlen berücksichtigen. „Trotz der gestiegenen Gesamtzahl zulassungspflichtiger Kraftfahrzeuge wird bundesweit mit einem Rückgang der Gesamtfahrleistung um fast elf Prozent gerechnet“, teilte das Innenministerium mit. Es seien deutliche Rückgänge in den Lockdown-Monaten März bis Mai sowie November und Dezember gegenüber den Durchschnittswerten der Jahre 2010 bis 2019 erkennbar.
Bei den Radfahrern gab es eine gegenteilige Entwicklung: Mehr Unfälle, mehr Tote, mehr Verletzte: Sieben Getötete (2019: zwei), darunter fünf Unfälle, bei denen die Fahrer die Kontrolle über das Rad verloren haben (Alleinunfälle). 162 Schwerverletzte (2019: 122) und 550 Leichtverletzte (2019: 431) weist die Statistik aus. Bouillon kündigte an, er wolle „die stark zunehmende Bedeutung des Radverkehrs konsequent in den Blick“nehmen. Auffällig sei, dass vier von insgesamt sieben tödlich verunglückten Radfahrern keinen Fahrradhelm trugen, teilte das Ministerium mit.
Auch die steigenden Unfallzahlen bei den Radfahrern lassen sich mit dem Lockdown erklären. Das Fahrrad war und ist das Verkehrsmittel der Pandemie. Die Absatzzahlen der Radverkäufer haben sich teilweise zweistellig gesteigert. Natürlich auch die bei Pedelecs oder E-Bikes. Auch dort gehen die Unfallzahlen nach oben. In 2020 registrierte die Polizei hier 127 (2019: 87), bei 119 davon kamen Personen zu Schaden (2019: 77). Vier Personen starben (2019: 2). „Viele Leute sind 20 Jahre kein Rad gefahren, unterschätzen die Geschwindigkeit dieser Bikes“, berichtet Bouillon. Ein Großteil der Unfälle komme durch „die Ungeübtheit der Fahrer und Fahrerinnen“, sagte der Minister. Die Polizei werde zur Prävention E-Bike-Kurse für Senioren anbieten. Die Kampagne für die Kurse würde in „ein paar Wochen“
starten.
Landesspolizei-Vizepräsidentin Natalie Grandjean erklärte, dass die Polizei im Mai eine Aktion starten werde, die sich „Sicher mobil leben“nennt. Auch diese Aktion nehme die Fahrradfahrenden in den Blick und schule sie. „Alkohol und Drogen im Fahrradverkehr“nehme die Polizei ebenso in den Blick wie „Fahrradschutzstreifen“, die oft zugeparkt würden.
Wie im Vorjahr kam auf saarländischen Straßen auch im Jahr 2020 kein Kind ums Leben. Die Zahl der verunglückten und leicht verletzten Kinder sank ebenfalls. Jedoch wurden im Jahr 2020 mehr Kinder bei Verkehrsunfällen schwer verletzt (2020: 53; 2019: 42). Eine ähnliche
Entwicklung ist in der Risikogruppe der 18- bis 24-jährigen Fahrer zu beobachten: Es gab zwar weniger Schwer- und Leichtverletzte, es sind aber mehr Tote zu beklagen. In der Altersgruppe „Generation 65+“beziehungsweise „75+“sind die Zahlen der Leicht- und Schwerverletzten ebenfalls rückläufig. In der Gruppe „75+“verloren jedoch mehr Menschen ihr Leben im Vergleich zum Vorjahr, während diese Zahl für die Über-65-Jährigen im Gegensatz dazu sank.
2020 ereigneten sich im Saarland 35 Verkehrsunfälle mit E-Scootern, bei denen die Polizei in 27 Fällen den E-Scooterfahrer als Unfallverursacher erfasste. Bei 14 Verkehrsunfällen lag ein Alleinunfall ohne weitere Unfallbeteiligte vor. Insgesamt wurden bei diesen Verkehrsunfällen sechs Menschen schwer und 23 Menschen leicht verletzt. Die Gesamtzahl der Alkoholunfälle ging um 21,8 Prozent auf 577 Unfälle (2019: 738) zurück. Bei den „Alkoholunfällen mit Personenschaden“liegt der Rückgang bei 18,3 Prozent (2020: 210, 2019: 257). Eine Person wurde bei einem solchen Verkehrsunfall getötet (2019: 2). Auch hier spielt Corona wohl die Hauptrolle, waren doch Gaststätten meist geschlossen und Volksfeste abgesagt.