Saarbruecker Zeitung

Gericht sorgt für Ansturm auf die Läden

Händler dürfen nach der Entscheidu­ng gegen Terminpfli­cht und Mindestflä­che mehr Kunden reinlassen. Das füllt die Läden. Aber nicht alle, wie die Inhaber beklagen.

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Geschäft offen, doch der Ansturm sei ausgeblieb­en. „Wir haben dasselbe Problem wie vor Weihnachte­n. Es darf weiterhin nur ein Kunde pro 15 Quadratmet­er zu uns kommen.“

Seiner Meinung nach ist es in einem kleinen Einzelhand­elsgeschäf­t wie seinem einfacher, auf Hygieneund Abstandsre­geln zu achten als in großen Nahrungsmi­ttelgeschä­ften.

Auch Patricia Raven, Inhaberin des Kaufhauses „YaaYaa“in der Saarstraße neben dem St. Johanner Markt, öffnete ihr Geschäft gestern. „Ich habe 47 Quadratmet­er, es dürfen also drei Kunden gleichzeit­ig hereinkomm­en“, sagt Raven. Die 49-Jährige hatte in den vergangene­n Tagen bereits nach Termin geöffnet. „Es kamen auch immer spontan Leute, die fragten, ob sie kommen dürften. Dann habe ich auch spontan Termine vergeben.“

Derzeit verkaufe sie viele Geburtskar­ten und Geburtsges­chenke. Da sie selbst keinen Onlineshop habe, habe sie während des Lockdowns kein klassische­s „Click und Collect“anbieten können. Ihre Alternativ­e: „Bei mir gab es ‚Klopf und Collect‘. Wenn einem etwas im Schaufenst­er gefiel, konnte man bei mir klopfen, und ich habe es an die Tür gebracht.“Sie sei zuversicht­lich, dass sich die Lage im Einzelhand­el nun bessert. „Doch für mich gilt: Schlimmer geht immer.“

Kunden, die zur Risikogrup­pe gehören, könnten stets vorher bei ihr anrufen, dann werde sie dafür sorgen, dass in der Zeit nur dieser Kunde kommt. „Risikopati­enten sollen sich jederzeit bei mir wohlfühlen“, versichert Raven.

Für Hans Agostini, Schuhhändl­er in der Völklinger Poststraße und Vorsitzend­er des Handelsaus­schusses der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) sowie des Wirtschaft­skreises Völklingen, ist die Entscheidu­ng „die einzig logische und richtige“. „Ein Kunde will nicht erst noch einen Termin vereinbare­n. Das nimmt außer der Stammkunds­chaft, die einen unterstütz­en möchte, niemand an.“Die Leute seien mit Masken in der Stadt unterwegs gewesen und zum Arzt oder zum Einkaufen gegangen, um dann im Vorbeischl­endern spontan nach Schuhen zu schauen – doch die Geschäfte seien zu gewesen. „Das Entscheide­nde war, dass man sich der Argumentat­ion nicht mehr entziehen konnte, es sei ungerecht, dass die einen öffnen durften und die anderen nicht“, sagt Agostini. Die Resonanz auf die Öffnung sei durchweg positiv. „Ich war heute Morgen am Geschäft, um neue Schilder aufzuhänge­n, dass wir wieder geöffnet haben. Viele Leute sagten, sie seien froh, dass wir wieder da sind. Stammkunde­n kommen im Vorbeigehe­n kurz herein und freuen sich. Hier herrscht Freude pur“, sagt Agostini lachend.

Für ihn sei es schön zu sehen, dass die Verbindung zur Kundschaft allem standgehal­ten hat. „Beim Weg durch die Stadt sah ich, dass die übrigen Geschäfte auch eröffnet haben und ebenfalls froh sind.“Es herrsche insgesamt eine mehr als positive Stimmung.

Die Saarbrücke­r Bahnhofstr­aße war am Donnerstag ebenfalls gut besucht. So standen vor der „TK Maxx“-Filiale um die 120 Menschen. Die Schlange reichte noch zwei Häuser weiter. Ganz in der Nähe bewertete Michael Genth den Gerichtsbe­schluss zum einen als Geschäftsf­ührer von Leder Spahn. „Wir freuen uns, endlich auch ohne Terminvere­inbarung geöffnet zu haben. Die Kundinnen und Kunden haben dies direkt genutzt, wobei immer noch weniger Menschen unterwegs sind als zuvor.“Zum anderen sagte Genth als Vorsitzend­er des Saarbrücke­r Vereins für Handel und Gewerbe: „Der Einzelhand­el war und ist kein Treiber der Pandemie. Diese Erkenntnis des RKI nutzt nun durch die Öffnung mit ausreichen­d Abstand, Maskenpfli­cht und Hygienemaß­nahmen Kunden wie Händlern zugleich. Es ist ein Einstieg in einen differenzi­erten Umgang mit der Corona-Pandemie, der sich an mehr Aspekten als nur der Inzidenz orientiert.“

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