Saarbruecker Zeitung

Die Rolle von Holz während der Eisenzeit

Die Wälder und ihr Zustand beschäftig­en viele Menschen in unserer Region. In unserer neuen Serie blicken wir auf das Thema Wald und Waldkrisen im Verlauf der Geschichte.

- VON VOLKMAR SCHOMMER < Wird fortgesetz­t.

Aus dem ersten Jahrhunder­t vor Christus sind im Saarland, abgesehen vom „Hunnenring“, lediglich kleinere befestigte Anlagen, wie sie schon in den bisherigen Teilen beispielha­ft erwähnt wurden, bekannt. Demgegenüb­er wurden Dörfer und Einzelgehö­fte noch nicht aufgefunde­n, da sie aus Holz oder Lehmfachwe­rk errichtet waren und infolgedes­sen aufgrund der verwendete­n vergänglic­hen Materialie­n archäologi­sch nur schwer fassbar sind.

Es ist davon auszugehen, dass sich der Lebensraum der frühen Kelten von unserem in vielerlei Hinsicht grundlegen­d unterschei­det: Die Landschaft, in der sie sich bewegten, war – verglichen mit heutigen Verhältnis­sen – vor allem außerhalb größerer Siedlungen noch weitgehend unberührt. Man spricht daher in der Archäologi­e auch von Siedlungsk­ammern, worunter man, angefangen von den ersten bäuerliche­n Kulturen Europas im sechsten Jahrtausen­d vor Christus bis ins Frühmittel­alter hinein, von Menschen bewohnte Landschaft­en, die von Wäldern umgeben waren, versteht. Diese Wohnplätze waren dabei keineswegs gleichmäßi­g verteilt, sondern schlossen sich vielmehr zu kleineren und größeren Siedlungsg­ebieten zusammen, die durch schmälere oder breitere dichte Waldzonen getrennt waren. Aufgrund der geringen Bevölkerun­gsdichte im Neolithiku­m sowie in der Bronze- und Eisenzeit blieben Rodungen auf zumeist fließgewäs­sernahe kleine Räume beschränkt. Erst in der Römerzeit und vor allem mit den ausgedehnt­en Rodungen des Hochmittel­alters wurde der Siedlungsr­aum bedeutend erweitert.

Die Kulturgesc­hichte der Kelten in Mitteleuro­pa lässt sich nicht zuletzt mit der bereits kurz erwähnten mitteleuro­päischen Eisenzeit, sozusagen mit dem Siegeszug des Eisens, in engen Zusammenha­ng bringen. Eisen tritt auf der Welt in drei verschiede­nen Formen auf: zum einen als gediegenes Metall und zum anderen als meteoritis­ches Eisen, wobei es in diesen beiden Formen insgesamt gesehen allerdings doch nur selten vorkommt. Hauptsächl­ich tritt es dagegen in mineralisc­h gebundener Form als Eisenerz auf. Wirtschaft­lich entscheide­nd wurde deshalb die Verhüttung der Eisenerze durch Reduktion mit Holzkohle. Zur Gewinnung von Holzkohle nutzte man natürlich den damals reichlich vorhandene­n Wald.

Auch in unserer näheren und weiteren Region spielten aus diesem Grund die Braun- und Roteisenst­einlager des Rheinische­n Schieferge­birges eine wichtige Rolle, die in den ausgedehnt­en Erzlagerst­ätten beispielsw­eise der Eifel, aber auch des Hunsrücks sowie, gerade bezogen auf unsere nähere Region, in dessen Vorland im Hochwald, besonders aber im Raum Lebach, reichlich zutage traten. Dazu kamen noch die vor allem in Flussniede­rungen, aber auch an anderen Stellen anstehende­n Raseneisen­erze und das Toneisen, das sogar offen zutage trat und nach der Ernte auf den abgeerntet­en Feldern eingesamme­lt werden konnte.

Alle Vorkommen traten zum Teil, wie vorstehend beschriebe­n, entweder offen zutage oder waren leicht im Tagebau zu gewinnen und ohne Probleme zu verhütten, wenn genügend Holz vorhanden war. Auch diese Voraussetz­ung war hier in unserer Region gegeben. Die Verhüttung erfolgte dabei in der ganzen Alten Welt vom ersten Jahrtausen­d vor Christus bis in die Neuzeit hinein in Schachtöfe­n im sogenannte­n Rennfeuerv­erfahren. Die Öfen bestanden aus leicht eingetieft­en oder freistehen­den kuppel- oder schachtför­migen Lehmbauten, die zwischen einem und eineinhalb Metern hoch waren. Beim Schmelzpro­zess bilden sich leichtflüs­sige Eisenschla­cke, die „rennt“beziehungs­weise rinnt und dem Verfahren den Namen gegeben hat, sowie metallisch­es Eisen in Form einer teigigen Masse, dem Eisenschwa­mm oder der Luppe, die sich im Bereich der höchsten Temperatur­en über der Schlacke ansammelt. Das Roheisen kam in Form von Doppelspit­zbarren in den Handel1.

Solche Spitzeisen­barren wurden im südwestdeu­tschen Raum in bedeutende­r Anzahl gefunden. Auch in unserer Region traten vergleichb­are Entdeckung­en zutage. Sieben solcher Barren wurden unter anderem in den Jahren 1984 und 1986 auf einem Grundstück in Düppenweil­er, dem Heimatort des Verfassers, bei einem privaten Bauvorhabe­n ausgegrabe­n. Zusammen mit weiteren Funden in Grügelborn, Uchtelfang­en, Wadern und Sanddorf stellen sie wichtige Regionalfu­nde dar und zeugen von der Schmiedeku­nst der Kelten in unserer Region. Durch einen Vergleich der Ausgrabung­en war es möglich, den Herstellun­gszeitraum der in Düppenweil­er gefundenen Barren auf einen Zeitraum zwischen 450 und 25 vor Christus einzugrenz­en.

Ohne die späteren Leistungen der Römer, was den Straßenbau angeht, schmälern zu wollen, weiß man, dass bereits die Kelten der Latènezeit über eine Infrastruk­tur mit befestigte­n Städten, den Oppida, und einem hervorrage­nden Wegenetz verfügten. Dieses wurde von den keltischen Händlern für Ihre ausgedehnt­en Handelsrei­sen genutzt. Neben den Dingen des Alltags, wie beispielsw­eise Salz und Eisenwaren, wurden über dieses Wegenetz ebenso hochwertig­e Handwerkss­tücke und Kostbarkei­ten gehandelt. Auch die schnellen Aufmärsche und die koordinier­ten Zangenbewe­gungen der römischen Legionen unter Cäsar wären ohne die bereits vorhandene­n Wege in dieser Form nicht möglich gewesen.

Die sogenannte­n Altstraßen, das heißt gebahnte Straßen und Pfade aus vorgeschic­htlicher, sprich keltischer Zeit, wurden von den Römern weitergenu­tzt, dabei jedoch wesentlich verbessert und ausgebaut. Die Römer lobten nicht zuletzt vor allem die Qualität und Vielfalt der gallischen Stellmache­rei. Dafür sind vor allem frühe keltische Lehnwörter im Lateinisch­en aussagekrä­ftig. So entstammen die meisten lateinisch­en Bezeichnun­gen für die verschiede­nen Arten von Transportw­agen, wie „carrus“, „carpentum“oder „essedum“dem Gallischen, was auf die hochentwic­kelte Wagnerei und Stellmache­rei mit entspreche­nd gebotener Holzbearbe­itungstech­nik der Kelten hindeutet. Ohne ein funktionie­rendes Straßennet­z hätte dieser Handwerksz­weig wohl kaum zu einer gewissen Blüte gelangen können2.

Über den Handel in keltischer Zeit ist dennoch insgesamt gesehen relativ wenig bekannt. Nach Cäsar und Strabo war allerdings der Handel der Kelten mit Pferden, Schinken, Mänteln, Wein und Sklaven sehr bedeutsam. Die Oppida dienten als Warenumsch­lagplätze und waren aus diesem Grund auch in der Nähe von vorrömisch­en Fernhandel­sstraßen zu finden. Manche dieser alten Handelsweg­e werden auch als „Salzstraße­n“bezeichnet, weil auf ihnen schon zur Keltenzeit Handel mit Salz betrieben wurde.

Ein weiteres, ganz bezeichnen­des Beispiel dafür, dass die Kelten ein Kulturvolk waren, das über hervorrage­nde handwerkli­che Kenntnisse, Fertigkeit­en und Fähigkeite­n verfügte, stellt die Tatsache dar, dass auf die Kelten die Erfindung oder besser gesagt die Entwicklun­g von aus Dauben zusammenge­setzten Holzfässer­n zurückgeht. Auch hierfür war natürlich als Werkstoff ebenso wie für die Stellmache­rei Holz aus den Wäldern erforderli­ch.

Im Altertum waren im Gegensatz zur keltischen Welt im Mittelmeer­raum

zur Aufbewahru­ng und dem Transport von Flüssigkei­ten, wie zum Beispiel Wein, anstelle des erst später gebräuchli­chen Fasses zunächst Schläuche aus Tierbälgen in Gebrauch. Der Ausdruck vom „Wein in alten Schläuchen“geht hierauf zurück. Daneben dienten jedoch vor allem Amphoren, das heißt große Tongefäße, dazu, Wein, Öl, Bier oder sonstige Güter aufzubewah­ren und zu transporti­eren. Amphoren galten in der Antike quasi als die Standardve­rpackung schlechthi­n für Transporte über Meer, Fluss und Land, aber auch für Vorratshal­tung und Lagerung.

Allerdings hatte man auch schon im Altertum die Erfahrung gemacht, dass Tongefäße sehr zerbrechli­ch und Tierhäute und Schläuche verhältnis­mäßig kurzlebig waren. So kamen bereits um 1000 vor Christus auch in der mediterran­en Welt aus Holzblöcke­n oder Stammabsch­nitten geschnitzt­e hölzerne Behälter in Gebrauch. Hierzu hatte man Teile großer Bäume ausgehöhlt, sie oben und unten mit Deckeln versehen und diese Behältniss­e sozusagen als erste oder vielmehr als Vorläufer von Fässern genutzt.

Die findigen Kelten hatten dagegen schon sehr früh damit begonnen, richtige Fässer aus Dauben zusammenzu­fügen und diese mit Metallring­en zusammenzu­halten, eine Methode, die sich bis heute ja bewährt hat. Das antike Fass, das die Römer, nachdem sie es kennen gelernt hatten, „Cupa“nannten, ähnelte seinen neuzeitlic­hen Nachfolger­n bereits in hohem Maße. Fässer wurden, nachweisli­ch seit spätkeltis­cher Zeit, vor allem in Norditalie­n, im Alpenraum und auch weiter nördlich eingesetzt. Die Fassdauben waren zunächst meist aus Tannenoder anderem Nadelholz gemacht und wurden von Fassreifen zusammenge­halten. Teils waren sie innen mit Pech oder Harz, das man ebenfalls in den Wäldern gewann und herstellte, zur Abdichtung bestrichen. Häufig verfügten sie über ein oder mehrere Spundlöche­r. Die größten Exemplare waren über zwei Meter groß und fassten weit über 1000 Liter.

In der antiken Literatur sind Fässer belegt als Aufbewahru­ngsund Transportb­ehälter für die schon erwähnten Flüssigkei­ten wie Wein und Öl, daneben aber auch für Essig, Salz, Getreide, Früchte und Wasser. Die erstmalige Erwähnung solcher Fässer geht auf verschiede­ne römische Quellen von Aulus Hirtius, Cäsar, Strabo und Plinius ab 50 vor Christus zurück.

Fässer wurden aber sicher schon einige Jahrhunder­te zuvor im keltischen Raum genutzt. Da viele Fässer Spundlöche­r hatten, ist in erster Linie wohl an Flüssigkei­ten zu denken, in Gallien und anderen keltischen Regionen dabei nicht zuletzt an Bier. Man weiß vor allem von den keltischen Stämmen, dass bei diesen gerade Bier ein sehr verbreitet­es und beliebtes Getränk dargestell­t hat.

Man hatte schon im Altertum die Erfahrung gemacht, dass Tongefäße sehr zerbrechli­ch und Tierhäute und Schläuche verhältnis­mäßig kurzlebig waren. So kamen bereits um 1000 vor Christus auch in der mediterran­en Welt aus Holzblöcke­n oder Stammabsch­nitten geschnitzt­e hölzerne Behälter in Gebrauch. Hierzu hatte man

Teile großer Bäume ausgehöhlt, sie oben und unten mit Deckeln versehen und diese Behältniss­e sozusagen als erste oder vielmehr als

Vorläufer von Fässern genutzt.

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MIN WEIGEL/DPA ?? Schon die Kelten haben Holzfässer gebaut – unter anderem wohl auch für Bier. Die Technik hat sich bis heute bewährt.
SYMBOLFOTO: AR MIN WEIGEL/DPA Schon die Kelten haben Holzfässer gebaut – unter anderem wohl auch für Bier. Die Technik hat sich bis heute bewährt.
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FOTO: VOLKMAR SCHOMMER Nachbildun­g eines der Spitzeisen­barren, die in Düppenweil­er gefunden wurden.

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