Die neue Leiterin der Stadtgalerie in Saarbrücken will ihr Haus enger mit der Stadt verzahnen.
Die neue Leiterin der Stadtgalerie in Saarbrücken will ihr Haus enger mit dem Stadtraum verzahnen und hat ein Faible für Technologie und Kunst.
Katharina Ritter ist ab 1. April nicht mehr Interims-Leiterin der Stadtgalerie Saarbrücken, sondern dort die Nachfolgerin von Andrea Jahn, die im Sommer als künstlerischer Vorstand zur Stiftung Saarländischer Kulturbesitz wechselte. Über ihre Pläne und ihr Faible für das Zusammenspiel von Digitalisierung und Kunst sprach sie mit uns.
Sie kennen das Sarland gut, sind hier geboren und aufgewachsen, haben an der HBK Freie Kunst und Kuratieren studiert… wie fühlt es sich an, nun die Stadtgalerie zu leiten?
RITTER Es ist ein wundervolles Gefühl, weil ich die Stadtgalerie sehr schätze. Am Anfang meines Berufslebens wollte ich so weit weg wie möglich. Doch meine Verbindung zum Saarland war immer da. Je mehr ich hier kennengelernt habe, desto stärker wurde der Wunsch, hier bleiben zu wollen. Zudem finde ich das, was Andrea Jahn hier aufgebaut hat, und die Tradition des Hauses sehr spannend. Das würde ich gerne weiterführen.
Sie sind mit einem Konzept ins Rennen gegangen, das Wert legt auf die Einbindung regionaler Kunstschaffender. Zudem planen Sie, mehr im Stadtraum zu agieren. Was muss man sich darunter vorstellen?
RITTER Ein Beispiel dazu gibt es schon. Wir zeigen Arbeiten von Joni Majer und wollen zusammen mit ihr Gebäudefassaden in anderen Stadtteilen gestalten, damit daraus eine Verbindung zwischen diesen Orten entsteht. Die Stadtgalerie im Zentrum ist ein toller Ort und eine Möglichkeit, andere Stadtteile zu involvieren. So wollen wir zum Einen auch Menschen erreichen, die nicht in eine Kunstinstitution kommen würden. Zum Anderen wollen wir so Künstlerinnen und Kulturschaffende an der Stadtgestaltung beteiligen, in einen Dialog treten.
Sie wollen auch die Kooperation mit der HBK verstärken, wo sie studiert und kuratiert haben...
RITTER Da habe ich schon einiges gemacht, auch bei der virtuellen Eröffnung der aktuellen Ausstellung waren Künstler und Künstlerinnen der HBK involviert, zum Bespiel Leonie Scheidt, Katja Pilisi und Mert Akbal. Ich bin sehr interessiert an neuen Formen der Zusammenarbeit und multidisziplinären Projekten. Die Hochschule ist ja interdisziplinär angelegt, das heißt, es treffen sich unterschiedliche Denkweisen aus verschiedenen Disziplinen. Mein Anliegen ist aber, einzelne Menschen mit ihren jeweiligen Kompetenzbereichen zu involvieren. Ein Beispiel: Man könnte mit dem Zema (Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik) oder dem DFKI (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken, Anm. d. Red.) zusammenarbeiten, damit Künstler und Künstlerinnen mit Forschern und Forscherinnen gemeinsam an Konzepten arbeiten. Ein Projekt zu „augmented reality“könnte sein: Man hat einen QR-Code, den man scannt, um damit im Stadtraum virtuelle Skulpturen
zu besichtigen, die man dreidimensional erleben kann, indem man mit dem Handy drumherumläuft. Das geht allerdings nicht von heute auf morgen. Kurzfristig möchten wir mit Joni Majer schon etwas im Mai an Fassaden zeigen können.
Sie treten in „große Fußstapfen“, denn Ihre Vorgängerin, Andrea Jahn (seit Sommer Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und als solche Leiterin des Saarlandmuseums), hat die Stadtgalerie auch überregional bekannt gemacht, zum Beispiel mit Ausstellungen zu feministischer Kunst. Wie grenzen sich Ihre Ansätze voneinander ab? Wie würden Sie Ihr Profil, Ihre Pläne beschreiben?
RITTER Außer mit digitalen Formen zu arbeiten ist ein weiterer Schwerpunkt
für mich, die regionalen Besonderheiten zu fördern und mit der Lebenswelt von Menschen vor Ort zu arbeiten. Das ist auch einer der Unterschiede zu Andrea Jahn. Außerdem möchte ich verstärkt grenzüberschreitend arbeiten. Da kann ich mir vorstellen, nicht nur mit Kulturinstitutionen zu kooperieren, sondern zum Beispiel auch mt dem Museum of Science (Naturwissenschaftliches Museum) in Luxemburg. Ein weiterer Schwerpunkt wird sein, in der Kunstvermittlung mehr mit Kindern, Jugendlichen und Schulen zu arbeiten und da einen anderen Ansatz zu verfolgen als das Saarlandmuseum. Ich stelle mir vor, dass die Stadtgalerie ein unvoreingenommener Lernort wird. Mir geht es darum, die Potenziale der Kunst zu vermitteln: das Denken öffnen. Begreifen, dass es nicht immer ein Richtig und ein Falsch gibt. Paradoxe Momente zu verstehen und eine Haltung zu entwickeln.
Können Sie sich für die Zukunft Kooperationen zwischen der Stadtgalerie und der Modernen Galerie vorstellen? Bislang gab es die nicht…
RITTER Man muss sehen, wie es läuft. Ich finde den feministischen Ansatz sehr relevant und interessant, aber trotzdem gibt es zwischen unseren Institutionen viele Unterschiede in der Vermittlung.
Sie gehören zu einer neuen, jungen, weiblichen Generation von Führungskräften im musealen Bereich. Was machen Sie anders? Wie wollen Sie sich etablieren?
RITTER Ich bin unfassbar froh über die Vorarbeit, die andere Frauen geleistet haben, damit wir so weit sind, wie wir es jetzt sind bei der Gleichberechtigung. Allerdings gibt es noch wahnsinnig viel zu tun, das wissen wir alle. Ich glaube, dass es in Detailbereichen bei Frauen mehr Interesse an einer Erzählung gibt, es darf komplexer sein und das auf unterschiedlichen Ebenen: In der Kommunikation, bei den Themen, aber auch bei der Zusammenarbeit. Die Netzwerke von Frauen sind auch andere. Ich versuche, viele verschiedene Netzwerke zu verknüpfen, zum Beispiel wie bei der Eröffnung mit den jungen HBK-Künstlerinnen. Damit andere Generationen und Kunstfelder integriert werden.