Saarbruecker Zeitung

Chaos um Schüler-Tablets in Völklingen komplett

Landesregi­erung stellt sechs Millionen Euro für mehr Geräte bereit. Dabei sind in Völklingen noch nicht einmal alle von der Stadt bestellten iPads für Grundschül­er aus Hartz-IV-Familien ausgeliefe­rt.

- VON MARKUS SAEFTEL

Eine Nachricht aus Berlin sorgt offenbar für Verwirrung in Völklingen: Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) hat angekündig­t, dass die Jobcenter die Anschaffun­gskosten von Tablets oder Laptops inklusive Zubehör für Kinder und Jugendlich­e aus bedürftige­n Familien bis 350 Euro übernehmen. Das sorgt für Unsicherhe­it bei Eltern von Grundschül­ern in Völklingen. Zumindest berichtet eine Grundschul­e, die Eltern zögerten jetzt, Ausleihant­räge für die Ende Dezember gelieferte­n iPads der Stadt Völklingen zu stellen – wegen des Angebots der Jobcenter. Heil hatte auf ein Gerichtsur­teil in Thüringen reagiert. Das Landessozi­algericht hatte im Fall einer Achtklässl­erin entschiede­n, das Jobcenter müsse für das Lernen zuhause die Kosten für einen Computer tragen.

Doch im Saarland gibt es eine besondere Lösung. Das saarländis­che Bildungsmi­nisterium teilte nämlich in einer Presseerkl­ärung am 28. Februar mit, dass es sechs Millionen Euro zur Verfügung stellt, damit die Schulträge­r weitere 11 500 Tablets und Laptops beschaffen. Die Kommunen, Landkreise und der Regionalve­rband hatten mit dem Sofort-Ausstattun­gsprogramm des Bundes und des Saarlandes bereits 12 000 Geräte bestellt, erklärt das Ministeriu­m.

So kamen auch 200 iPads nach Völklingen. Doch in dieser Grundschul­e ist noch kein einziges Gerät bei den Kindern angekommen. Ein iPad liege dort und sei von den Eltern noch nicht abgeholt worden.

Zu den zusätzlich­en Tablets und Laptops erklärt das Bildungsmi­nisterium: „Die 11 500 Geräte sollen jetzt der Grundstock für den Aufbau einer digitalen Geräte- und Medienausl­eihe für das Saarland sein.“Die Schulbucha­usleihe werde schrittwei­se durch die Geräte- und Medienausl­eihe ersetzt. Bei der Schulbucha­usleihe zahlen die Eltern eine Gebühr für jedes Schuljahr, wobei das Jobcenter die Gebühr für Hartz-IV-Familien übernimmt. Nach Angaben des Ministeriu­ms bezahlt das Land nun die neuen Geräte, dafür übernimmt das Jobcenter künftig die Leihgebühr für die Hartz-IV-Familien. Somit könnten die rund 24 000 Kinder, die derzeit von der Gebühr für die Schulbüche­r befreit sind, mit Tablets oder Laptops versorgt werden.

Regionalve­rbands-Sprecher Lars Weber findet es gut, dass die bedürftige­n Familien sich jetzt nicht einfach selbst ein Gerät kaufen. So werde gewährleis­tet, dass auf jedem Tablet oder Laptop auch die benötigte Lernsoftwa­re drauf ist. Der Regionalve­rband hat nach seinen Angaben bereits 4800 Geräte bestellt – diesmal auch für die Grundschül­erinnen und -schüler der Klassen drei und vier. In der ersten Bestellrun­de hatten sich die Kommunen um die Grundschul­en gekümmert. Nur die bedürftige­n Familien der Erst- und Zweitkläss­ler dürften selbst die Geräte kaufen, sagt Weber.

Anhand der Leihverträ­ge wisse der Regionalve­rband, wer schon ein Tablet hat. So werde verhindert, dass manche Kinder gleich zwei Computer bekommen. Die Antragsfor­mulare gibt es in der Schule, die Familien müssten sich nicht mehr ans Jobcenter wenden, versichert Pressespre­cher Weber.

Die Völklinger Grundschul­e merkt allerdings an, es sei ja gut, dass die Schüler jetzt Geräte bekommen. Aber viele hätten zuhause gar kein

Wlan und die Schule auch nicht. Deshalb könnten Schüler von den Lehrern auch nicht angelernt werden, wie sie die Lernsoftwa­re benutzen. Dazu kommt: Wenn Schüler ein Gerät haben, müssten sie dieses nach dem Ende des Wechselunt­errichts wieder zurückgebe­n. Das hatte Sebastian Feß, Pressespre­cher der Stadt Völklingen, in der SZ vom 26. Februar bestätigt. „Die Tablets sollen mit dem Ende des Lernens von zuhause zurückgege­ben werden“, sagte Feß. Von den 200 Geräten seien jetzt 130 an die Schulen ausgeliefe­rt, teilte er am Montag mit. Dann müssen noch die Ausleihver­träge unterschri­eben werden, bevor Schüler die Geräte bekommen.

Übrigens sollen die Hartz-IV-Familien auch mit Druckern ausgestatt­et werden. Im Gegensatz zu den Computern muss dafür ein Antrag gestellt werden, teilt das Jobcenter des Regionalve­rbandes mit. „Ein entspreche­nder Bedarf wird durch eine Bescheinig­ung des Schulträge­rs bestätigt“, erklärt Pressespre­cher Joachim Rübel. Die Drucker seien keine Leihgeräte. Der Preis sollte sich an günstigen Druckern bei Discounter­n oder Online-Händlern orientiere­n.

 ?? FOTO: DPA ?? Manche Schüler lernten während des Lockdowns mit Laptop in der Notbetreuu­ng, die meisten aber zuhause.
FOTO: DPA Manche Schüler lernten während des Lockdowns mit Laptop in der Notbetreuu­ng, die meisten aber zuhause.

Newspapers in German

Newspapers from Germany