Wie das Saarland gegen Schlaglöcher kämpft
Bei seiner Arbeit ist Florian Munz Hupkonzerte und verbale Entgleisungen von Autofahrern gewöhnt: Mit zwei Kollegen kontrolliert er 450 Kilometer Straße auf Schlaglöcher. Das braucht Zeit – und etwas, das so aussieht wie roher Rum-Rosinen-Streuselteig.
Wie viele Löcher Florian Munz den Tag über gestopft hat, spürt er am Abend schon mal in den Armen. Aber sein Job verlangt auch einen wachsamen Blick und manchmal ziemlich flinke Beine. „Ich habe immer ein Auge auf der Arbeit und eines auf den Verkehr“, sagt Munz. Kann passieren, dass er alles stehen und liegen lassen muss und sich besser mit einem Sprung in die Böschung oder auf den Fahrbahnrand rettet. „Es kommt schon mal der Eimer geflogen, aber das ist eben unsere Arbeit“, sagt er.
Florian Munz arbeitet seit 2018 als Straßenwärter bei der Straßenmeisterei Rohrbach. Die Straßenmeisterei Rohrbach betreut lokal ein Netz von rund 450 Kilometern, in das sich drei Kontrollfahrer teilen. Kleinere Arbeiten machen sie direkt, größere werden später durch eine Arbeitskolonne erledigt. Weitere Straßenmeistereien gibt es mit der Zentralmeisterei in Lebach, in St. Wendel, Merzig und Völklingen am Standort Sulzbach. Sie sind für alle Bundes- und Landstraßen
im Saarland zuständig, wenn es um Unterhaltung, Instandsetzung und Erhaltung der in ihrem Bereich verlaufenden klassifizierten Straßen geht. Zum Ende des Winters ist für sie Schlagloch-Zeit.
Es ist gegen halb neun am Morgen, die Winterluft kühl, der Berufsverkehr rollt. Munz ist in einem Transporter unterwegs, der sich mit seinem knallorangefarbenen Lack deutlich vom Grau des Asphalts abhebt. Neben allerlei Werkzeug fahren auch ein paar Eimer Kaltasphalt und ein Behälter mit Wasser im Laderaum mit. Dieses Duo braucht Munz, um den Schlaglöchern den Garaus zu machen. Auf der L114 zwischen Limbach und Kohlhof ist er fündig geworden. Zwei Prachtexemplare, die sich in der Fahrspur in den Asphalt gefressen haben und dort mit ihrem ausgefransten Schlund geduldig auf Autofahrer lauern – auf ahnungslose und manchmal auch zu flotte Autofahrer. Ein Graus für Räder, Reifen und Stoßdämpfer. Aber keine fünf Minuten nachdem Munz den Transporter am Fahrbahnrand abgestellt hat, sind die beiden Löcher Geschichte.
Unter dem orangefarbenen Blinken des Warnkreuzes auf dem Dach des Transporters fegt Munz die Löcher mit einem harten Besen sauber und fegt ein paar lose Asphaltkrümel und kleine Steine weg. Dann bringt er einige Kehlen fertigen Kaltasphalt aus dem Eimer drauf und verteilt ihn. „Den Kaltasphalt muss man immer etwas höher aufschichten als den festen Asphalt drumherum“, sagt Munz über die dunkelgrau glänzende und klebrige Masse, die ein bisschen aussieht wie roher Rum-Rosinen-Streuselteig für einen Riesengeburtstagskuchen. Dann gibt es für die geflickten Stellen eine Minidusche aus dem Wassereimer. „Kaltasphalt reagiert mit Wasser und ist direkt befahrbar, in einer halben bis dreiviertel Stunde ist er komplett ausgehärtet.“Klong, klong, klong, unter Stampfen verdichtet Munz den Asphalt zum Schluss mit einem Verteiler.
Immer fahren Autos an Munz und dem Transporter vorbei. Dieser Verkehr sorgt später dafür, dass die noch leichte Erhebung bald plattgefahren ist.
Aber wann ist ein Loch im Asphalt ein Schlagloch, das geflickt werden muss? Einen fixen Durchmesser als Gradmesser gibt es nicht, gefüllt werden vor allem tiefe Löcher mit scharfkantigen Übergängen. „Bei einer Tiefe von zwei, drei Zentimetern müssen wir ran“, sagt Munz. Ein weiteres Kriterium ist die Lage. „Am Rand ist es weniger schlimm, aber wenn sie in der Fahrspur sind und Autos beim Reinfahren Schaden nehmen könnten, handeln wir.“Aber für diesen von Frost, Räumfahrzeugen, Hitze und Verkehrslast mitgenommenen Abschnitt der L114 ist das erst einmal nur eine kosmetische Behandlung, denn in Nähe der eben geflickten Löcher sind weitere Schäden. Ein Schild weist darauf hin, außerdem sind statt 70 nur noch 50 Kilometer pro Stunde erlaubt. Das Teilstück soll mit weiteren Abschnitten der L114 voraussichtlich im kommenden vierten Quartal saniert werden. Dann aber nicht mehr mit Kaltasphalt und Wasser, sondern mit Fräse, Gussasphalt und Vollsperrung.
Für Munz geht es direkt weiter auf einen anderen Abschnitt, innerhalb von vier Tagen fährt er seinen Bezirk einmal ab. Dabei braucht er mitunter ein dickes Fell. Mit 30 bis 40 Kilometer pro Stunde sind er und seine Kollegen unterwegs, wenn sie Schlaglöcher suchen. Dann hinter der Streckenkontrolle zu zuckeln, das halten nicht alle Autofahrer mit buddhistischer Gelassenheit aus. „Das gibt es schon mal Hupkonzerte, die verbalen Entgleisungen überhört man“, sagt Munz, und fügt an, „fahren wir zu schnell, übersehen wir die Löcher, übersehen wir die Löcher schimpfen die Autofahrer. Wie man es macht, macht man es verkehrt.“Es sei auch schon vorgekommen, dass Autofahrer die an der Fahrbahn stehende Streckenkontrolle zu spät gesehen und den Kaltasphalteimer erwischt haben. Angst hat Munz nicht, aber einen Wunsch an die Autofahrer. „Mehr Rücksicht“, sagt er, packt Kaltasphalteimer, Handstampfer und Besen zurück in den Laderaum und begibt sich wieder auf seine langsame Jagd nach plötzlich aufgebrochenen Schlaglöchern.
„Es kommt schon mal der Eimer geflogen, aber das ist eben unsere Arbeit.“
Florian Munz
Straßenwärter
Schlaglöcher können Bürger melden unter saarland.de/lfs/DE/service/kontakt/ kontaktformular/kontaktformular_node.
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