Dreiste Abzocke statt Führungszeugnis
Wer sich Behördengänge sparen will, muss bei Dienstleistern genau hinschauen – sonst kostet ein Antrag womöglich doppelt.
SAARBRÜCKEN Die Maschen von Abzockern im Internet können dreist sein. Aktuell warnt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbz) vor Webseiten, die Kunden, die amtliche Dokumente wie ein Führungszeugnis online beantragen wollen, teure digitale Wegweiser verkaufen. Für die Ratgeber sollen Verbraucher tief in die Tasche greifen, obwohl viele Behörden ähnliche Hilfestellungen auch kostenlos auf ihren Webseiten zur Verfügung stellen.
Bürokratie kann undurchsichtig sein. Das machen sich Online-Dienstleister zunutze. Ihre Webseiten erweckten den Anschein, dass sie für Verbraucher die gewünschten Unterlagen organisieren und Anträge an die zuständigen Behörden weiterleiten, erklärt der vzbz. „Nach der Bestellung erhalten Verbraucher für die verlangten 13 Euro dann kein Führungszeugnis, sondern ein E-Book, das erklärt, wie sie ein Führungszeugnis beantragen können“, mahnt die Verbraucherzentrale. Dabei gibt es alle notwendigen Informationen, um ein Führungszeugnis zu beantragen, kostenlos auf der Webseite des Bundesamts für Justiz.
Für Verbraucher sei es jedoch nicht einfach, die Webseiten der Dienstleister von den offiziellen Seiten zu unterscheiden, warnen die Verbraucherschützer. In einigen Fällen sei mit den Bundesfarben, schwarz, rot, gold, oder „Beamtendeutsch“eine amtliche Webseite suggeriert worden. Anfang des Jahres urteilte das Landgericht Berlin, dass Begriffe wie Standesamt Online den Eindruck erweckten, es handele sich um einen offizielle Dienstleistung von Ämtern.
Das sei irreführende Werbung. Und auch wenn der Nutzer sich weiter auf der betroffenen Webseite umschaue, werde der Eindruck „nicht in ausreichender Form durch spätere Informationen korrigiert“, erklären die Richter (Az.: 52 O 33/20).
Andere Anbieter ließen sich die Anträge teuer bezahlen. Während beispielsweise bei Standesämtern in der Regel für eine Geburtsurkunde zehn bis zwölf Euro fällig werden, zahlten
Verbraucher bei Dienstleistern teilweise das Dreifache pro Dokument.
Doch einige Betrüger agierten besonders dreist und verkauften deutsche Führerscheine ab 1200 Euro – dazu müsse der Kunde ein Fahrschulauto nicht einmal von innen gesehen haben. Die Fahrerlaubnis werde angeblich binnen weniger Tage verschickt, berichtet die Verbraucherzentrale Bayern. „Sollten Verbraucher dieses Angebot annehmen, machen sie sich möglicherweise der Urkundenfälschung schuldig“, warnt Rechtsanwältin Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern. Das sei unabhängig davon, dass Betroffene vermutlich nie einen gültigen Führerschein erhalten würden.
Wie können sich Verbraucher vor solcher Abzocke schützen? Damit sie am Ende nicht doppelt zur Kasse gebeten werden, rät der Bundesverband der Verbraucherzentralen, zunächst auf den Webseiten der zuständigen Behörde nachzuschauen, ob die benötigten Unterlagen online angefordert werden können. Da bei manchen Internetauftritten nicht direkt ersichtlich ist, ob es sich um eine Seite einer Behörde handelt, empfehlen die Verbraucherschützer zudem einen Blick ins Impressum. Dort könnten Nutzer sehen, wer der Betreiber einer Webseite ist. Sollten Gebühren angegeben werden, rät die Verbraucherzentrale genau hinzuschauen, wofür diese erhoben werden.
Erhalten Nutzer überraschend eine Rechnung oder Mahnung, empfiehlt die Verbraucherzentrale zu widersprechen, da möglicherweise gegen die sogenannte Button-Lösung verstoßen wurde. Diese besagt, dass Kunden auf einer Schaltfläche, Button, gut lesbar sehen müssen, dass es sich um einen zahlungspflichtigen Kauf handelt. Der Knopf muss mit „zahlungspflichtig bestellen“oder „einer entsprechend eindeutigen Formulierung“wie zum Beispiel „kaufen“beschriftet sein. Andernfalls sei ein Kaufvertrag nicht wirksam, erklärt der vzbz. Beschriftungen wie „Anmelden“, „bestellen“oder „jetzt holen“seien nicht zulässig. www.bundesjustizamt.de