Gewerkschaft GEW will Abitur ausfallen lassen
(epd) Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW ) fordert, wegen der Corona-Pandemie die Abitur-Prüfungen in diesem Jahr notfalls ausfallen zu lassen. Als Grundlage der Notengebung könnten dann die mündlichen Leistungen dienen, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe. Andere Lehrerverbände lehnten den Vorstoß ab. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Britta Ernst (SPD), versicherte, es werde „mit Hochdruck“an sicheren Bedingungen für die Prüfungen gearbeitet.
(mar/dpa) Der Vorstoß der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die Abiturprüfungen in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie notfalls ausfallen zu lassen, ist umgehend auf Widerstand gestoßen. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchefin Britta Ernst (SPD), erklärte, alle arbeiteten mit Hochdruck an sicheren Bedingungen für die Durchführung der Prüfungen. „Niemand sollte die Jugendlichen, die jetzt vor dem Abschluss stehen, zusätzlich zur normalen Prüfungsnervosität verunsichern.“
GEW-Chefin Marlis Tepe sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zum Thema Abi-Prüfungen: „Sollte das Infektionsgeschehen so dramatisch ansteigen, wie die dritte Welle in anderen europäischen Nachbarstaaten befürchten lässt, müssen die Länder flexibel reagieren und von Prüfungen absehen“. Dann könnten etwa die Leistungen aus dem Unterricht zur Grundlage der Notengebung gemacht werden. Sollten Prüfungen pandemiebedingt ausfallen, müssten die Reifeprüfungen trotzdem von den Bundesländern gegenseitig anerkannt werden, sagte Tepe.
Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, meinte dagegen, die Schüler hätten sich trotz Pandemie sehr intensiv auf die Prüfungen vorbereitet. „Das muss wertgeschätzt werden.“Er plädierte dafür, allenfalls die Verschiebung von Prüfungen zu erwägen, die Aufgabenpools zu erweitern und die Prüfungsräume coronasicher zu gestalten.
Auch der Deutsche Lehrerverband wandte sich klar gegen einen Ausfall von Abiturprüfungen. Verbandschef Heinz-Peter Meidinger sagte: „Bereits im letzten Jahr für das letztjährige Abitur hatte die GEW diese Forderung erhoben, und es war im Nachhinein gesehen absolut richtig, dass die Bundesländer dieser Forderung damals nicht gefolgt sind.“Viele
Bundesländer hätten dieses Jahr schon auf die steigenden Inzidenzen reagiert und die Abiturprüfungen auf Termine im Mai und Juni verschoben. „Die Abiturprüfungen konnten 2020 trotz ähnlich hoher Inzidenzen sicher und weitgehend problemlos durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind ähnlich, sogar insgesamt leicht besser ausgefallen als die Jahre vorher“, erklärte er. Gegen eine Ersetzung der Prüfungen durch bisherige Noten spreche zudem, dass bereits in einem Bundesland die Abiprüfung komplett abgeschlossen und in anderen Ländern bereits am Laufen sei. Zudem würde durch einen Ausfall die Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern und auch zu bisherigen Jahrgängen massiv erschwert. „Zudem würde dem betroffenen Abschlussjahrgang wegen fehlender Prüfungen auf den Abschlusszeugnissen ein unsichtbarer dauerhafter Negativstempel als Corona-Jahrgang verpasst“, kritisierte Meidinger. Die Universitäten bekämen wegen fehlender Vergleichbarkeit Probleme bei der Studienzulassung. „Außerdem würde Schülerinnen und Schülern, die sich bereits intensiv auf die Abiprüfungen vorbereitet haben, die Chance genommen, sich im Abitur noch zu verbessern“, sagte Meidinger weiter.
Die Kultusminister der Länder wollen am Donnerstag erneut über die Lage beraten. Die Osterferien enden in vielen Bundesländern am kommenden Wochenende, mancherorts aber auch etwas früher oder später.