Attacken gegen Blitzer sind keine Seltenheit
Immer wieder kommt es in Deutschland zu Attacken gegen die Tempomesser. Wie weit so eine Tat gehen kann, musste nicht nur „Bernhard“erfahren.
Sie werden besprüht, zertrümmert oder sogar beschossen: Attacken auf Blitzer-Anlagen gibt es immer wieder. Auch im Saarland gab es schon Vorfälle. Und nicht immer stecken verärgerte Autofahrer dahinter, sagen Fachleute.
(dpa) Sie kommen mit Spraydosen, schwerem Werkzeug oder sogar Schusswaffen: Blitzer-Anlagen werden in Deutschland oft beschädigt. Immer wieder gibt es Berichte über Vandalismus bei den Messanlagen zur Geschwindigkeitsüberwachung. Beispielsweise in Bielefeld: Dort sorgte die Tempo-50-Beschränkung an einer Baustellenausfahrt für Lastwagen offenbar für einigen Ärger. Erst wurden nur Schilder übermalt oder abmontiert. Die Folge: Zahlreiche Radarfotos mussten für ungültig erklärt werden, weil das Tempolimit für die Fahrer nicht zu erkennen war. Anfang Februar ging es dem teilstationären Blitzer „Bernhard“dann an den Kragen. Vermutlich mit einer Spitzhacke schlug ein Unbekannter – oder mehrere – auf die rund 230 000 Euro teure Anlage ein. „Da hat jemand mit großer Wucht mit etwas Spitzem drauf eingeschlagen“, sagt ein Sprecher der Stadt. Vier Panzerglasscheiben zum Schutz der beiden Kameras splitterten. „Die Technik wurde aber nicht beschädigt.“
Trotzdem ein teurer Wutausbruch: Auf rund 29 000 Euro beziffere man den Schaden aktuell, sagt der Sprecher. Dabei sei der Blitzer in der Stadt eigentlich nicht umstritten gewesen. Im Gegenteil, es habe sogar zeitweise einen kleinen Hype um ihn gegeben. Aber natürlich fänden nicht alle „Bernhard“toll. Schon 2019 ging ein Täter mit einem Baseballschläger auf ihn los. Er wurde jedoch geschnappt und musste Strafe
zahlen. Anders nach dem Vorfall im Februar. Das Verfahren wurde inzwischen eingestellt, der Täter nicht gefunden.
Wie viele Attacken auf Blitzer es pro Jahr in Deutschland gibt, wird nach Angaben des Bundeskriminalamtes
nicht erhoben. Die Fälle fließen unter Sachbeschädigung in die Statistik ein. Diese können mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden, erklärt die Staatsanwaltschaft Bielefeld.
Die Täter müssen dabei nicht immer verärgerte Autofahrer sein, die geblitzt wurden. „Vielleicht denken sie auch, dass der Blitzer, der in ihrer Straße steht, besonders falsch ist, dass sie das selbst besser entscheiden können“, erklärt Sherine Franckenstein vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen. Die Motivationen können ganz unterschiedlich sein. „Das kann impulsiv oder gezielt passieren. Das kann ein Freitagabend-Event sein, dass man Spaß daran hat, Sachen zu zerstören“, erklärt die Psychologin.
Besonders bei Impulshandlungen etwa aus akuter Wut darüber, geblitzt worden zu sein, dürften sich die Täter oft nicht genug Gedanken über die Konsequenzen machen: „Das ist nicht zu Ende gedacht. Man bedenkt nicht, dass einen jemand dabei filmen oder entdecken könnte. Oder glaubt, dass man die Blitzer-Aufnahme mit der Zerstörung zurückholen kann, dass die noch nicht gespeichert ist.“Bei einer solchen Handlung sei momentan kein Schuldbewusstsein vorhanden. „In diesem Zustand werden sie davon ausgehen, das Recht zu haben, die Blitzeranlage zu zerstören“, sagt Franckenstein.
Im vergangenen Dezember drosch ein wohl verärgerter Autofahrer in Saarbrücken mit einem Hammer auf einen Blitzeranhänger ein und versuchte, ihn zu zerstören. Der unbekannte Mann sei von Zeugen gestört worden, teilte die Polizei damals mit. Er flüchtete gemeinsam mit einer Frau in einem in der Nähe abgestellten Auto.
Es kann sogar mal geschossen werden. So geschehen etwa im Februar in Groß Reken im Münsterland. Die stationäre Anlage „Starenkasten“wies mehrere Einschusslöcher auf und wurde stark beschädigt. Es entstand ein Schaden von rund 10 000 Euro. Ähnliches passierte nur ein paar Tage später in Friedrichshafen am Bodensee. Dort betrug der Schaden rund 1000 Euro. Angriffe auf Blitzer kämen immer mal wieder vor, meist aber mit Spraydosen, sagt ein Sprecher der Polizei.
An der Autobahn 1 am Dreieck Vulkaneifel etwa wurde eine Blitzeranlage im Oktober vergangenen Jahres angesteckt. Im Bereich der Polizei Trier sind zudem zwei Blitzeranhänger im Einsatz, die in der Vergangenheit wiederholt angezündet worden waren, hieß es damals. Mit Böllern wurde eine Anlage Anfang des Jahres in Leipzig attackiert.
„Bernhard“in Bielefeld ist noch nicht wieder eingesetzt. Momentan gebe es bei einem Ersatzteil Lieferprobleme, sagt der Sprecher der Stadt. Erst wenn dieses geliefert sei, könne er seinen Dienst wieder antreten.
Attacken auf Blitzer können mit bis zu zwei
Jahren Haft oder Geldstrafen geahndet
werden.