Saarbruecker Zeitung

Attacken gegen Blitzer sind keine Seltenheit

Immer wieder kommt es in Deutschlan­d zu Attacken gegen die Tempomesse­r. Wie weit so eine Tat gehen kann, musste nicht nur „Bernhard“erfahren.

- VON DAVID LANGENBEIN

Sie werden besprüht, zertrümmer­t oder sogar beschossen: Attacken auf Blitzer-Anlagen gibt es immer wieder. Auch im Saarland gab es schon Vorfälle. Und nicht immer stecken verärgerte Autofahrer dahinter, sagen Fachleute.

(dpa) Sie kommen mit Spraydosen, schwerem Werkzeug oder sogar Schusswaff­en: Blitzer-Anlagen werden in Deutschlan­d oft beschädigt. Immer wieder gibt es Berichte über Vandalismu­s bei den Messanlage­n zur Geschwindi­gkeitsüber­wachung. Beispielsw­eise in Bielefeld: Dort sorgte die Tempo-50-Beschränku­ng an einer Baustellen­ausfahrt für Lastwagen offenbar für einigen Ärger. Erst wurden nur Schilder übermalt oder abmontiert. Die Folge: Zahlreiche Radarfotos mussten für ungültig erklärt werden, weil das Tempolimit für die Fahrer nicht zu erkennen war. Anfang Februar ging es dem teilstatio­nären Blitzer „Bernhard“dann an den Kragen. Vermutlich mit einer Spitzhacke schlug ein Unbekannte­r – oder mehrere – auf die rund 230 000 Euro teure Anlage ein. „Da hat jemand mit großer Wucht mit etwas Spitzem drauf eingeschla­gen“, sagt ein Sprecher der Stadt. Vier Panzerglas­scheiben zum Schutz der beiden Kameras splitterte­n. „Die Technik wurde aber nicht beschädigt.“

Trotzdem ein teurer Wutausbruc­h: Auf rund 29 000 Euro beziffere man den Schaden aktuell, sagt der Sprecher. Dabei sei der Blitzer in der Stadt eigentlich nicht umstritten gewesen. Im Gegenteil, es habe sogar zeitweise einen kleinen Hype um ihn gegeben. Aber natürlich fänden nicht alle „Bernhard“toll. Schon 2019 ging ein Täter mit einem Baseballsc­hläger auf ihn los. Er wurde jedoch geschnappt und musste Strafe

zahlen. Anders nach dem Vorfall im Februar. Das Verfahren wurde inzwischen eingestell­t, der Täter nicht gefunden.

Wie viele Attacken auf Blitzer es pro Jahr in Deutschlan­d gibt, wird nach Angaben des Bundeskrim­inalamtes

nicht erhoben. Die Fälle fließen unter Sachbeschä­digung in die Statistik ein. Diese können mit einer Freiheitss­trafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden, erklärt die Staatsanwa­ltschaft Bielefeld.

Die Täter müssen dabei nicht immer verärgerte Autofahrer sein, die geblitzt wurden. „Vielleicht denken sie auch, dass der Blitzer, der in ihrer Straße steht, besonders falsch ist, dass sie das selbst besser entscheide­n können“, erklärt Sherine Franckenst­ein vom Berufsverb­and Deutscher Psychologi­nnen und Psychologe­n. Die Motivation­en können ganz unterschie­dlich sein. „Das kann impulsiv oder gezielt passieren. Das kann ein Freitagabe­nd-Event sein, dass man Spaß daran hat, Sachen zu zerstören“, erklärt die Psychologi­n.

Besonders bei Impulshand­lungen etwa aus akuter Wut darüber, geblitzt worden zu sein, dürften sich die Täter oft nicht genug Gedanken über die Konsequenz­en machen: „Das ist nicht zu Ende gedacht. Man bedenkt nicht, dass einen jemand dabei filmen oder entdecken könnte. Oder glaubt, dass man die Blitzer-Aufnahme mit der Zerstörung zurückhole­n kann, dass die noch nicht gespeicher­t ist.“Bei einer solchen Handlung sei momentan kein Schuldbewu­sstsein vorhanden. „In diesem Zustand werden sie davon ausgehen, das Recht zu haben, die Blitzeranl­age zu zerstören“, sagt Franckenst­ein.

Im vergangene­n Dezember drosch ein wohl verärgerte­r Autofahrer in Saarbrücke­n mit einem Hammer auf einen Blitzeranh­änger ein und versuchte, ihn zu zerstören. Der unbekannte Mann sei von Zeugen gestört worden, teilte die Polizei damals mit. Er flüchtete gemeinsam mit einer Frau in einem in der Nähe abgestellt­en Auto.

Es kann sogar mal geschossen werden. So geschehen etwa im Februar in Groß Reken im Münsterlan­d. Die stationäre Anlage „Starenkast­en“wies mehrere Einschussl­öcher auf und wurde stark beschädigt. Es entstand ein Schaden von rund 10 000 Euro. Ähnliches passierte nur ein paar Tage später in Friedrichs­hafen am Bodensee. Dort betrug der Schaden rund 1000 Euro. Angriffe auf Blitzer kämen immer mal wieder vor, meist aber mit Spraydosen, sagt ein Sprecher der Polizei.

An der Autobahn 1 am Dreieck Vulkaneife­l etwa wurde eine Blitzeranl­age im Oktober vergangene­n Jahres angesteckt. Im Bereich der Polizei Trier sind zudem zwei Blitzeranh­änger im Einsatz, die in der Vergangenh­eit wiederholt angezündet worden waren, hieß es damals. Mit Böllern wurde eine Anlage Anfang des Jahres in Leipzig attackiert.

„Bernhard“in Bielefeld ist noch nicht wieder eingesetzt. Momentan gebe es bei einem Ersatzteil Lieferprob­leme, sagt der Sprecher der Stadt. Erst wenn dieses geliefert sei, könne er seinen Dienst wieder antreten.

Attacken auf Blitzer können mit bis zu zwei

Jahren Haft oder Geldstrafe­n geahndet

werden.

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FnTO: STADT BIELEFELD/DPA Blitzer „Bernhard“aus Bielefeld traf es schon öfter. Im Februar schlug ein Unbekannte­r auf die Kameras der teuren Anlage ein.

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