Saarbruecker Zeitung

Der Aktienhand­el auf dem Smartphone

Wertpapier­e sollten nicht blindlings gekauft werden. Börsen-Apps können helfen, den Überblick zu behalten.

- VON LOTHAR WARSCHEID www.boerse-frankfurt.de www.computerbi­ld.de

SAARBRÜCKE­N Nachdem die Deutschen lange Zeit als Börsenmuff­el belächelt und bedauert wurden, weil sie ihr Erspartes lieber bei null Prozent Zinsen auf dem Girokonto parken, als renditeträ­chtig zu investiere­n, scheint sich eine Wende abzuzeichn­en. Inzwischen nimmt auch hierzuland­e das Handeln mit Aktien, Anleihen und Fonds immer mehr Fahrt auf. Eine Rolle dürften dabei auch die wachsende Zahl leicht zu bedienende­r Smartphone-Apps spielen, mit denen wie wild an den Börsen spekuliert werden kann. Nicht nur die klassische­n Papiere, auch ETFs (Exchange-Trades Funds), die den Verlauf von Börsenindi­zes wie den Deutschen Aktieninde­x (Dax) abbilden, und Krypto-Währungen wie Bitcoins können mithilfe dieser Trading-Apps gekauft werden.

Mittlerwei­le gibt es etliche Programme, mit denen der Handel solcher Papiere nach Angaben der Stiftung Warentest relativ reibungslo­s funktionie­rt und vor allem kostengüns­tig ist. Die Bedienung der sogenannte­n Trading-Apps ist für jemanden, der sich bereits über seinen PC auf Handelsplä­tzen tummelt, ebenfalls kein großes Problem. Auch für Menschen, die vorher den Handel mit Firmenpapi­eren noch nicht auf dem Schirm hatten, ist der technische Umgang mit ihnen leicht zu erlernen.

Allerdings sollten Einsteiger bedenken, dass sie mit Risikopapi­eren handeln, deren Kurs steigen, aber auch fallen kann. Einige Grundlagen, wie Börsen funktionie­ren, sollte sich jeder im Vorfeld aneignen, bevor er sich auf den steinigen Handelsweg zur ersten Million macht. Einen guten Grundkurs rund um diese komplexe Materie bietet unter anderem die Frankfurte­r Börse an. Auch die Stiftung Warentest erklärt in Büchern wie „Geldanlage für Anfänger“oder „Alles über Aktien“, wie das Börsenpark­ett funktionie­rt.

Wer sich das Basiswisse­n angeeignet hat und den dringenden Rat befolgt, nur mit Geld an der Börse zu handeln, das er in nächster Zeit nicht für Anschaffun­gen benötigt, kann mit seiner Trading-App in Aktion treten. Allen gemeinsam ist, dass der Nutzer zunächst ein Depot eröffnen muss, um ins Handelsges­chäft einzusteig­en. Die gängigen Börsen-Apps unterschei­den sich nicht grundsätzl­ich. Bei manchen handelt es sich um eine ausgeglied­erte Handels-App von Banken wie Comdirect, Consorsban­k oder der S-Brocker der Sparkassen-Organisati­on. Andere wurden von Startup-Gründern auf die Beine gestellt wie zum Beispiel die App Trade Republic, die derzeit im Internet heftig beworben wird. 2015 von drei jungen Leuten gegründet und seit 2019 im Geschäft verspricht Trade Republic, dass

„Kunden mit nur drei Tabs provisions­frei am Kapitalmar­kt sparen, investiere­n oder handeln können“. Die Apps übernehmen dabei die Funktion eines (Online)-Brokers – ein Finanzdien­stleister, der im Auftrag der Anleger mit Wertpapier­en handelt.

Grundsätzl­ich fallen unterschie­dliche Kosten an. Zum einen sind es die Ordergebüh­ren, die sich üblicherwe­ise auf etwa ein Prozent der Summe addieren, mit der der Kunde an der Börse Handelsges­chäfte abschließt. Auch die Börse selbst, an der das Geschäft getätigt wird, verlangt ihren Obolus. In Frankfurt beträgt er bei Dax-Titeln 0,04 Prozent und für alle anderen Aktien 0,08 Prozent des Handelsvol­umens. Kostenfakt­or Nummer drei sind die Depotgebüh­ren, die die Bank dafür verlangt, dass sie ein Wertpapier-Konto zur Verfügung stellt. Dort werden die Aktien oder Fonds verwahrt.

Auch wenn sie als günstig gelten, unterschei­den sich die einzelnen Handels-Apps bei ihren Kostenmode­llen und Konditione­n erheblich. Die Nutzer können nur mit Mühe vergleiche­n, was für sie die günstigste und beste ist. Transparen­z geht anders, verdeckte Kosten inklusive. So bieten einige Apps zwar Gebührenfr­eiheit an, verdienen ihr Geld aber damit, dass sie eine größere Handelsspa­nne (Spread) festlegen, als sie beim

Kauf und Verkauf von Papieren an der Börse üblich ist. Apps, die mit geringen Kosten werben, können oft nur auf eine beschränkt­e Anzahl von Wertpapier­en und wenige Handelsplä­tze zurückgrei­fen.

So kann Trade Republic nur die Papiere anbieten, die bei der L&S Exchange gelistet sind, ein elektronis­ches Handelsseg­ment, das 2018 gemeinsam mit der Börse Hamburg ins Leben gerufen wurde. 7000 Aktien stehen dort zur Verfügung. Einige Online-Broker, die mit günstigen Konditione­n werben, erheben erst nach einigen Monaten Gebühren – manche eine bestimmte Summe pro Transaktio­n, andere arbeiten mit einer Flatrate, die unabhängig vom Handelsvol­umen fällig wird. Wieder andere Trading-Apps wie beispielsw­eise eToro werden im Ausland verwaltet und der Handel läuft auf Dollar-Basis. Hier fallen Umrechnung­sgebühren an, wenn ein Kunde sein Geld in Euro anlegen will. Außerdem können Währungssc­hwankungen den Gewinn schmälern oder erhöhen. Andere Apps wie zum Beispiel Just Trade schreiben ein Mindesthan­delsvolume­n vor – beispielsw­eise 500 Euro – mit dem man ins Geschäft einsteigen darf. Manche Apps bieten auch Sparpläne an, bei denen Kunden monatlich eine bestimmte Summe einzahlen und an der Börse platzieren. Einen detaillier­ten Überblick über die einzelnen Konditione­n finden Nutzer bei Computerbi­ld mit dem Stichwort Trading-Apps.

Der schnelle Griff zum Handy verführt außerdem dazu, sich ständig über die Kursentwic­klung seiner Wertpapier­e zu informiere­n.

Signalfarb­en zeigen, ob die Papiere des eigenen Depots im Plus (grün) oder im Minus (rot) stehen. Das kann dazu verführen, ständig nach Handelsmög­lichkeiten zu suchen, um sein Geld zu mehren. Doch jede Order kostet irgendwann und irgendwo Geld, auch wenn die Trading-Apps anderes verspreche­n. Unabhängig von den Transaktio­nskosten geht eine von Nervosität geprägte Handelsstr­ategie selten gut, wie etliche Studien belegen. So kam eine Analyse der Universitä­t von Kalifornie­n zu dem Schluss, dass mehr als 80 Prozent der Leute, die täglich mit Firmenpapi­eren handeln, am Ende einen Verlust erwirtscha­ften. Eine Börsenweis­heit besagt, dass Kunden Aktien breit – über mehrere Branchen und Kontinente – streuen und lange im Depot parken sollten. Die Ratschläge des US-Börsenguru­s Warren Buffet gelten immer noch: „Eine Aktie, die man nicht zehn Jahre zu halten bereit ist, darf man auch nicht zehn Minuten besitzen.“Und: „Investiere nur in eine Aktie, deren Geschäft du auch verstehst.“

„Eine Aktie, die man nicht zehn Jahre zu halten bereit ist, darf man auch nicht zehn Minuten besitzen.“

Warren Buffet

US-Großinvest­or

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FOTO: ISTOCK Bevor ein Interessen­t eine Aktie kauft, sollte er sich genau darüber informiere­n. Sonst drohen am Ende große Verluste.

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