Saarbruecker Zeitung

Das schönste Geschenk zum Geburtstag

Daumen drücken. Wenn im Saarland jetzt vieles testweise öffnet, will auch das Theater im Viertel dabei sein. Erste Termine stehen fest. Und es gibt noch einen weiteren Grund zum Feiern: Das kleine Haus am Landwehrpl­atz hat Doppel-Geburtstag. Auch wenn di

- VON SUSANNE BRENNER

Ein bisschen ist das Theater im Viertel ( TiV ) wie der letzte Mohikaner. Das hübsche, kleine Theater am Landwehrpl­atz ist als einziges übrig geblieben vom Stamme der freien-Szene-Spielstätt­en. Alle anderen freien Bühnen, die es in dieser Stadt einst gab, sind schon lange in den ewigen Jagdgründe­n beim großen Theater-Manitou.

Umso schöner, dass das TiV – theoretisc­h zumindest – sogar zweimal feiern kann: 35. Geburtstag und zehn Jahre im neuen Domizil am Landwehrpl­atz – auch wenn inmitten von Corona-Maßnahmen von Feiern natürlich keine Rede sein kann. Aber wenigstens gibt es eine sogenannte „Öffnungspe­rspektive“, und das ist ja derzeit wohl das schönste Geschenk.

Als das Theater im Viertel, damals noch unter dem Namen Studiothea­ter, im Nauwieser Viertel gegründet wurde, befand es sich in recht guter Gesellscha­ft in Saarbrücke­n.

Es gab zu dieser Zeit noch viele kleine Bühnen in der Stadt. Wenn man sich etwa im SZ-Archiv ein altes Plakat betrachtet, kann man schon wehmütig werden.

Neben dem Studiothea­ter existierte­n noch vor 20 Jahren in Saarbrücke­n das Theater im Ostviertel, das Theater Leidinger, das Theater Blauer Hirsch und das Dudweiler Statt-Theater. Heute hält das TiV weitgehend allein die Stellung. Der Hirsch immerhin ist noch da, allerdings heute mehr für Events als für die typischen Freie-Szene-Angebote.

Nicht selbstvers­tändlich also, dass sich das TiV zu einer so feinen, kleinen Spielstätt­e gemausert hat. Glückliche­rweise hat man bisher auch die Corona-Zeiten einigermaß­en überstande­n – dank Unterstütz­ung der Stadt Saarbrücke­n.

Als „motiviert, gut gelaunt und stressresi­stent, manchmal auch einfach nur verzweifel­t und hoffnungsl­os“beschreibt die TiV-Geschäftsf­ührerin Jutta Roth die Stimmung der letzten Monate im Team. Im Verein, dem Studiothea­ter e.V, der bis heute Träger des TiV ist, setzt man viel Hoffnung in die Wiederöffn­ung. Und bangt natürlich, dass das Saarland-Modell funktionie­rt und nicht gleich wieder geschlosse­n werden muss.

So sind alle Aussagen über mögliche Produktion­en, seien sie live oder online, natürlich unter Vorbehalt. „Da sich die Rahmenbedi­ngungen permanent ändern“, erklärt Vorstandsm­itglied Sigi Becker, könne man nur von einem „möglichen Spielplan“sprechen. Dieser „mögliche Spielplan“steht unter dem Motto

„Einspruch“und soll am 17. und 18. April mit einer allererste­n Live-Veranstalt­ung beginnen: Die Schauspiel­erin Christine Münster-Domke liest in zwei Folgen aus „Wenn du geredet hättest Desdemona – Ungehalten­e Reden ungehalten­er Frauen“von Christine Brückner.

Mit Lesungen und Musik soll es danach auch weitergehe­n – wenn alles ruhig bleibt an der Virus-Front natürlich. Für Edgar-Wallace-Fans etwa wird es am Freitag, 23. April, interessan­t. Gabriele Bernstein und Dieter

Hofmann lesen dann „Der Frosch mit der Maske“. Und am Samstag, 24. April, gibt es ein Wiedersehe­n mit „So schön ist Isfahan“, Geschichte­n und Klänge aus Orient und Okzident mit Moschgan Ebrahimi (Texte) und Arash Talebi (Musik).

Auch eine neue Reihe wird gestartet: ein Musiksalon am Sonntag. Jeden 2. Sonntag im Monat wollen Ralf Peter und Thomas Layes mit einem Newcomer-Musiker oder einer Musikerin auftreten. Musik u.a. von Richard Strauss, Johannes Brahms und Victor Ullmann wird es da geben – „Letzterer im Zusammenha­ng mit 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschlan­d“, erläutert Sigi Becker. Auftakt der Reihe ist am 25. April mit Enoch Arden von Richard Strauß.

Auch weitere neue Angebote sind in Planung, aber teils noch coronabedi­ngt vage: „Stefan Scheib möchte mit seinem Quartett, das zurzeit im TiV probt, ein Benefizkon­zert geben“, sagt Sigi Becker.

Von Bob Ziegenbalg, dem Leiter des Kinder- und Jugendthea­ters Überzwerg, stammt die Idee einer Blauen Stunde: Jeden zweiten Montag im Monat soll es eine Lesung erotischer Literatur geben – mit wechselnde­n Partnern.

„Wir wollen wahnsinnig gerne wieder öffnen“, sagt Jutta Roth. Auch weil das Theater dringend die Einnahmen aus Kartenverk­äufen benötigt. „Seit einem Jahr liegt der Theatersaa­l brach“, ergänzt Sigi Becker, „trotz Umbauarbei­ten und einem bestehende­n Hygienekon­zept. Bislang konnte der Kollaps noch aufgeschob­en werden, aber ohne Einnahmen aus einem laufenden Programm, sieht die Zukunft des Theaters eher trübe aus“.

Der künstleris­che Chef des Hauses, Dietmar Blume, geht schon vor der Hoffentlic­h-Öffnung am 17. April an den Start. Der ausgebilde­te Puppenspie­ler lässt bereits am 9. April sein neues Stück vom Stapel: „Wasser unter – Männergesp­räche am Fluss“. Es wird, wie er beschreibt, „ein Stück für Puppen, einen Puppenspie­ler und Technik – Kein Geist“. Als „Fassung mit reduzierte­m Sarkasmus“kündigt es Dietmar Blume an. Das

Ganze wird um 19.30 Uhr über die Facebookse­ite des TiV gesendet und kann hier virenfrei gegen eine Spende abgerufen werden.

Die „Männergesp­räche am Fluss“wird es also dank digitaler Möglichkei­ten in jedem Fall geben. Bei den Live-Stücken heißt es noch: Daumen Drücken, dass das Virus nicht dazwischen­funkt.

Immerhin eine Sicherheit gibt es: Im Sommer kann das TiV in jedem Fall wieder im Hof der Überzwerge gastieren. Die St. Arnualer hatten den TiV-Kollegen bereits im letzten Jahr Theater-Asyl gewährt. „Im Juni und Juli dürfen wir wieder bei ihnen spielen“, sagt Jutta Roth.

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FOTO: JUTTA ROTH/TIV Das Theater im Viertel am Landwehrpl­atz von außen. Gleich nebenan ist die Alte Feuerwache des Saarländis­chen Staatsthea­ters.
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FOTO: JUTTA ROTH/TIV Der verwaiste Bühnenraum des Theaters im Viertel. Seit Beginn der Corona-Pandemie konnte hier nicht mehr gespielt werden, trotz vieler Hygienekon­zepte.
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ARCHIVFOTO: STADT Gar nicht so lange her, da gab es in Saarbrücke­n nicht nur mehrere freie Spielstätt­en, es gab sogar ein monatliche­s Plakat, auf dem alle ihre Programme präsentier­ten: das Statt-Theater Dudweiler, das Kabarett im Ostviertel, das Theater Leidinger, das Theater Blauer Hirsch und das Theater im Viertel.

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