Polizei ermittelt wegen Corona-Betrugs auf Mallorca
Ein deutscher Inselmediziner soll negative Bescheinigungen ausgestellt haben, ohne die Tests vorher durchgeführt zu haben.
Zehntausende von Urlaubern, die sich in diesen Osterferien auf Mallorca aufhalten, brauchen einen Test für den Rückflug in die Heimat. Der Testzwang, der für Deutsche, Österreicher und Schweizer gleichermaßen gilt, führt zu einem Ansturm auf die privaten Labors. Angesichts langer Warteschlangen vor den Kliniken und der Schwierigkeit, vor Abflug einen Termin zu bekommen, sprechen Inseltouristen von einem „Testchaos“. Hinzu kommt nun noch ein böser Verdacht: Angeblich sollen auch falsche Testzertifikate zirkulieren.
Die spanische Polizei bestätigte, dass sie gegen einen deutschen Inselarzt im Süden Mallorcas ermittelt, der in den letzten Tagen falsche oder unkorrekte Testbescheinigungen ausgestellt haben soll. Wie die Inselzeitung Ultima Hora berichtet, wollen die Fahnder jetzt alle Testzertifikate, die jüngst von dem Arzt ausgestellt worden sind, unter die Lupe nehmen.
Die Ermittlungen waren durch eine RTL-Reportage ins Rollen gekommen. In dem TV-Bericht wurde über den Fall einer Deutschen berichtet, die von dem Arzt eine Bescheinigung über einen negativen PCR-Coronatest bekommen habe, ohne dass bei ihr ein Nasen-Rachen-Abstrich gemacht worden sei. Zuvor hatte die Frau allerdings gegenüber dem Arzt geklagt, die sie Angst vor der nicht sehr angenehmen Testprozedur habe.
Als der RTL-Reporter später versuchte, von dem Mediziner gleichfalls eine Bescheinigung ohne Test zu erhalten, gelang auch ihm dies. Allerdings ebenfalls nicht auf Anhieb. Sondern erst nachdem er den Arzt mit dem Argument überredete, dass er den Abstrich mit dem tief in Nase und Mund eingeführten Abstrich fürchte. In beiden Fällen soll der Arzt 80 Euro für die falschen Bescheinigungen kassiert haben.
Die deutschsprachige Mallorca Zeitung berichtete daraufhin über weitere Merkwürdigkeiten in der deutschen Praxis. So habe etwa ein ausländischer Resident, dessen Name und Nationalität nicht bekannt gegeben wurde, den Mediziner um einen PCR-Test gebeten. Angesichts der ungewöhnlichen Umstände bei der Testabwicklung schöpfte der Mann jedoch Verdacht.
Zunächst fiel ihm auf, dass das Stäbchen bei ihm nicht tief, wie eigentlich üblich, in die Nase eingeführt wurde. „Nur etwa zwei Zentimeter“, zitiert ihn die Mallorca Zeitung. Dann wunderte er sich, dass ihm das negative Ergebnis schon Minuten später in der Praxis mitgeteilt wurde. „Es kann sich also nur um einen Schnelltest gehandelt haben“, berichtet der Testkunde in dem Blatt. Dabei habe er ausdrücklich um einen PCR-Test gebeten und diesen auch teuer bezahlt. Zudem habe ihm der Mediziner
angeboten, das Testdatum auf den Tag vor dem Abflug zu verlegen.
Die mallorquinische Testaffäre ist offenbar kein Einzelfall in Spanien. Im Februar hatte die spanische Polizei drei Reisebüromitarbeiter in der Region Katalonien festgenommen, weil diese mit falschen PCR-Bescheinigungen für ihre Kunden gehandelt hatten. Ende März ertappte Spaniens Polizei eine ganze Busreisegruppe an der Landgrenze zu Frankreich, die mit gefälschten Testzertifikaten unterwegs war. Im gleichen Zeitraum erwischte Italiens Polizei sechs junge Spanier, die auf dem Flughafen in Rom mit unechten Coronabescheinigungen reisen wollten.
Die Testpflicht für Reisende hat ganz offenbar und nicht nur in Spanien die Entstehung eines Schwarzmarktes für negative Corona-Zertifikate begünstigt. Deswegen warnte die Europäische Polizeibehörde Europol bereits Anfang Februar vor europaweitem Betrug mit Bescheinigungen, die nicht aus dem Labor, sondern aus den Hochleistungsdruckern von Trittbrettfahren stammen.