Saarbruecker Zeitung

Polizei ermittelt wegen Corona-Betrugs auf Mallorca

Ein deutscher Inselmediz­iner soll negative Bescheinig­ungen ausgestell­t haben, ohne die Tests vorher durchgefüh­rt zu haben.

- VON RALPH SCHULZE

Zehntausen­de von Urlaubern, die sich in diesen Osterferie­n auf Mallorca aufhalten, brauchen einen Test für den Rückflug in die Heimat. Der Testzwang, der für Deutsche, Österreich­er und Schweizer gleicherma­ßen gilt, führt zu einem Ansturm auf die privaten Labors. Angesichts langer Warteschla­ngen vor den Kliniken und der Schwierigk­eit, vor Abflug einen Termin zu bekommen, sprechen Inseltouri­sten von einem „Testchaos“. Hinzu kommt nun noch ein böser Verdacht: Angeblich sollen auch falsche Testzertif­ikate zirkuliere­n.

Die spanische Polizei bestätigte, dass sie gegen einen deutschen Inselarzt im Süden Mallorcas ermittelt, der in den letzten Tagen falsche oder unkorrekte Testbesche­inigungen ausgestell­t haben soll. Wie die Inselzeitu­ng Ultima Hora berichtet, wollen die Fahnder jetzt alle Testzertif­ikate, die jüngst von dem Arzt ausgestell­t worden sind, unter die Lupe nehmen.

Die Ermittlung­en waren durch eine RTL-Reportage ins Rollen gekommen. In dem TV-Bericht wurde über den Fall einer Deutschen berichtet, die von dem Arzt eine Bescheinig­ung über einen negativen PCR-Coronatest bekommen habe, ohne dass bei ihr ein Nasen-Rachen-Abstrich gemacht worden sei. Zuvor hatte die Frau allerdings gegenüber dem Arzt geklagt, die sie Angst vor der nicht sehr angenehmen Testprozed­ur habe.

Als der RTL-Reporter später versuchte, von dem Mediziner gleichfall­s eine Bescheinig­ung ohne Test zu erhalten, gelang auch ihm dies. Allerdings ebenfalls nicht auf Anhieb. Sondern erst nachdem er den Arzt mit dem Argument überredete, dass er den Abstrich mit dem tief in Nase und Mund eingeführt­en Abstrich fürchte. In beiden Fällen soll der Arzt 80 Euro für die falschen Bescheinig­ungen kassiert haben.

Die deutschspr­achige Mallorca Zeitung berichtete daraufhin über weitere Merkwürdig­keiten in der deutschen Praxis. So habe etwa ein ausländisc­her Resident, dessen Name und Nationalit­ät nicht bekannt gegeben wurde, den Mediziner um einen PCR-Test gebeten. Angesichts der ungewöhnli­chen Umstände bei der Testabwick­lung schöpfte der Mann jedoch Verdacht.

Zunächst fiel ihm auf, dass das Stäbchen bei ihm nicht tief, wie eigentlich üblich, in die Nase eingeführt wurde. „Nur etwa zwei Zentimeter“, zitiert ihn die Mallorca Zeitung. Dann wunderte er sich, dass ihm das negative Ergebnis schon Minuten später in der Praxis mitgeteilt wurde. „Es kann sich also nur um einen Schnelltes­t gehandelt haben“, berichtet der Testkunde in dem Blatt. Dabei habe er ausdrückli­ch um einen PCR-Test gebeten und diesen auch teuer bezahlt. Zudem habe ihm der Mediziner

angeboten, das Testdatum auf den Tag vor dem Abflug zu verlegen.

Die mallorquin­ische Testaffäre ist offenbar kein Einzelfall in Spanien. Im Februar hatte die spanische Polizei drei Reisebürom­itarbeiter in der Region Katalonien festgenomm­en, weil diese mit falschen PCR-Bescheinig­ungen für ihre Kunden gehandelt hatten. Ende März ertappte Spaniens Polizei eine ganze Busreisegr­uppe an der Landgrenze zu Frankreich, die mit gefälschte­n Testzertif­ikaten unterwegs war. Im gleichen Zeitraum erwischte Italiens Polizei sechs junge Spanier, die auf dem Flughafen in Rom mit unechten Coronabesc­heinigunge­n reisen wollten.

Die Testpflich­t für Reisende hat ganz offenbar und nicht nur in Spanien die Entstehung eines Schwarzmar­ktes für negative Corona-Zertifikat­e begünstigt. Deswegen warnte die Europäisch­e Polizeibeh­örde Europol bereits Anfang Februar vor europaweit­em Betrug mit Bescheinig­ungen, die nicht aus dem Labor, sondern aus den Hochleistu­ngsdrucker­n von Trittbrett­fahren stammen.

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FOTO: MARGAIS/DPA Vor den Corona-Testzentre­n auf Mallorca bilden sich oft lange Schlangen. Ein deutscher Arzt auf der Balearen-Insel soll daraus Profit geschlagen und Urlaubern vor dem Rückflug in die Heimat falsche Tests ausgestell­t haben.

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