Römer griffen massiv in die Natur ein
Die Wälder und ihr Zustand beschäftigen viele Menschen in unserer Region. In unserer neuen Serie blicken wir auf das Thema Wald und Waldkrisen im Verlauf der Geschichte.
was die Dichte der römischen Siedlungsstellen angeht, von Bedeutung. Auf Schmelzer Gebiet sind nämlich eine ganze Reihe von römischen Fundstücken, wie Gefäßscherben und andere Gegenstände, an unterschiedlichen Orten zutage getreten, anhand derer sich die Existenz von Gutshöfen schwerpunktmäßig auf den Zeitraum vom zweiten bis vierten Jahrhundert datieren lässt. Welche Ausdehnung die einzelnen Villae rusticae hatten beziehungsweise wie die einzelnen Gebäude der Höfe ausgesehen haben, bleibt ohne weitere Grabungen jedoch verborgen und lässt sich letztlich nicht bestimmen. Hier ist man auf Vergleichsgrabungen und die wissenschaftlichen Auswertungen anderer Forscher angewiesen.
Allerdings lässt sich aufgrund der vielen bekannten Fundorte auf dem Gebiet der Gemeinde Schmelz auf ein dichtes Netz von römischen Siedlungsstellen schließen, deren Nutzung als landwirtschaftliche Betriebe gedeutet werden darf. Im Untersuchungsraum liegen die Villae rusticae, die römischen Gutshöfe, in einem Abstand von weniger als zwei Kilometer voneinander entfernt. In einigen Fällen beträgt der Abstand der einzelnen Höfe sogar deutlich weniger als einen Kilometer. Bei einer solch dichten „Besiedlung“ergeben sich teilweise Nutzungsflächen von weniger als 50 Hektar.
Ein ähnlich dichtes Bild von Siedlungsstätten wie im Bereich der Gemeinde Schmelz wurde auch für das Gebiet westlich von Tholey um Sotzweiler und zum Teil auch für den übrigen Landkreis St. Wendel festgestellt3.
Auch in der Region der heutigen Landeshauptstadt gab es römische
Besiedlung, etwa in den Bereichen Alt-Saarbrücken, St. Arnual, am Fuß des Halbergs, möglicherweise auch in St. Johann.
Aufgrund der beschriebenen Dichte der römischen Gutshöfe in unserer Region ist es geradezu augenscheinlich, dass die Rodungen derart umfangreich und intensiv und einschneidend gewesen sein müssen, dass die Landschaft ihren urwaldähnlichen Charakter in hohem Maße eingebüßt und ein wesentlich aufgelockertes Erscheinungsbild erhalten haben dürfte. Im Endeffekt waren wohl ganz massive Eingriffe in die Natur erfolgt.
Die Gutshöfe dienten der jeweiligen Siedlungsgemeinschaft als zentrale Stelle zur Bewirtschaftung der umliegenden Landflächen, wobei die landwirtschaftliche und ackerbauliche Nutzung im Vordergrund stand. Zu diesen villae rusticae gehörten in aller Regel neben einem Wohnhaus weitere für die Landwirtschaft erforderliche Gebäude, wie Stallungen oder Speichergebäude. Diese als „Betriebe“anzusprechenden Gutshöfe produzierten zum Beispiel Getreide für den Eigenbedarf, aber auch, wenn der Ertrag ausreichend war, für nahe Märkte, wie sie in den römischen Vici gegeben waren.
Um Getreide rentabel produzieren zu können, empfahl der römische Agrarschriftsteller Columella eine Idealgröße von rund 120 Hektar, wenn sich der Anbau mit 40 Arbeitskräften bewältigen ließ. Diese Angaben über die erforderlichen Ackerflächen werden entsprechend der Fundstellenkartierung im Schmelzer Raum teilweise unterschritten, wenn man davon ausgeht, dass die Siedlungsstellen im zweiten und dritten Jahrhundert gleichzeitig bewirtschaftet wurden. Somit wären nach den Empfehlungen Columellas die Flächen zu klein gewesen, um allein vom Anbau von Feldfrüchten existieren und die Höfe wirtschaftlich betreiben zu können.
Eine wichtige Wirtschaftsquelle dürfte in unserer weiteren Region deshalb auch die Viehzucht dargestellt haben. So wäre zum Beispiel vor allem die Schweinemast in den ackerbaulich nicht genutzten und mit Wald bestandenen Flächen denkbar gewesen. Ebenso ist an die Nutzung von Schafwolle als Rohstoff zur Textilherstellung und an den Vertrieb der produzierten Textilien als Handelsware zu denken.
Es ist bereits mehrfach erwähnt worden, dass die Menschen in unserer Region von den Errungenschaften
der römischen Kultur in vielerlei Hinsicht profitiert hatten. So wurden die Gutshöfe, die Villae rusticae, in der Friedenszeit meist mit erheblichem Komfort ausgestattet. Mit dem Begriff „Villa“ist dabei lediglich ein Gebäude gemeint, das das Zentrum einer wirtschaftlichen Einheit von Wohnbereichen und Nebengebäuden eines Hofes mit dem dazugehörigen Land darstellte. Heutzutage denkt man bei dem Begriff „Villa“an Luxus und Überfluss, doch muss man immer im Auge behalten, dass die römischen Villae rusticae nie mehr als gut ausgestattete bäuerliche Gehöfte waren.
Auf den Landgütern wurde natürlich in erster Linie Landwirtschaft betrieben und entsprechende Produkte erzeugt. Dass während der Römerzeit an der Mosel schon Wein angebaut wurde, ist allgemein bekannt. Einen bescheidenen Weinanbau muss es aber auch an der unteren Blies und der mittleren und unteren Saar gegeben haben. In Schwarzenacker wurde ein Winzermesser gefunden. In Fremersdorf deuten eine mit Weinreben geschmückte Säule sowie aufgelassene Weinbergterrassen ebenfalls auf Weinbau hin.
Die Viehwirtschaft stand in den offenen Landschaften lediglich an zweiter Stelle der landwirtschaftlichen Tätigkeiten, während sie auf den unfruchtbaren Böden und in den Waldgebieten die wichtigste Erwerbsquelle darstellte. Die Rinderhaltung diente nicht allein der Milch-, Butter- und Fleischgewinnung, sondern auch der Zucht von Zugvieh. Schafhaltung lässt sich an fast allen Siedlungsplätzen im Saarland nachweisen. Aus ihr gewann man Milch und Käse, Fleisch und vor allem Wolle.
Eine große Rolle hat auch die Schweinezucht gespielt. Während auf dem Saargau und im Bliesgau die Schweine mit Getreideabfällen gemästet wurden, kam für die Waldbauerngehöfte nur Eichelund Bucheckermast in Frage. Schweinefleisch, frisch oder gepökelt, war ein wichtiger Bestandteil der Nahrung. Es ist belegt, dass gepökeltes Schweinefleisch und Ardenner Schinken sogar nach Italien exportiert wurden. Dabei kann man davon ausgehen, dass die Räucherschinkenherstellung in unserer Region im Grunde genommen auf die gleiche Art und Weise wie in den Ardennen erfolgte. Die Schweinehäute wurden von Händlern als Rohmaterial für die Sandalen- und Stiefelherstellung aufgekauft. Daneben ist nicht zuletzt gerade Pferdezucht und Pferdehaltung durch die vielerorts bezeugte Verehrung der Pferdegöttin Epona zu vermuten4.