Saarbruecker Zeitung

Wenn die Union in der K-Frage über Kreuz liegt

-

(dpa) Es ist wie bei richtigen Geschwiste­rn: Oft sind sie sich einig, doch zuweilen geraten sie in Streit. So ist es auch bei den Schwesterp­arteien CDU und CSU, die innerhalb ihrer Unionsfami­lie durchaus mal in den Duell-Modus wechseln, wenn die Kür ihrer Kanzlerkan­didaten ansteht. Nicht nur im Machtkampf Laschet/Söder ist das zurzeit der Fall, Beispiele finden sich auch in der Geschichte der Bundestags­wahlen:

Wahl 1976: CDU-Chef Helmut Kohl erklärt ohne Absprache mit der Schwesterp­artei in Bayern, er wolle Herausford­erer des SPD-Kanzlers Helmut Schmidt werden. CSU-Chef Franz Josef Strauß ist überrascht und zeigt Widerstand. Nach stundenlan­ger Tagung nominieren die Präsidien beider Parteien am 19. Juni des Jahres 1975 zwar Kohl, doch stehen die Bayern nicht voll und ganz hinter dem Pfälzer. „Die CSU hat davon Kenntnis genommen, dass die CDU als die größere Partei den Anspruch erhebt, den Kanzlerkan­didaten zu stellen“, heißt es kühl. Und noch deutlicher: „Die CSU hält an ihrem Anspruch fest, dass ihr Vorsitzend­er der geeignete Kandidat ist.“Bei der Wahl verfehlt die Union knapp die Mehrheit.

Wahl 1980: Nach gescheiter­ten Vermittlun­gsversuche­n auf mehreren Ebenen wählt die Bundestags­fraktion von CDU und CSU am 2. Juli 1979 den bayerische­n Ministerpr­äsidenten Franz Josef Strauß zum Kanzlerkan­didaten der Union. Helmut Kohl hatte – wieder einmal ohne Rücksprach­e mit der CSU – den niedersäch­sischen Ministerpr­äsidenten Ernst Albrecht – Vater der heutigen EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen – als Kandidaten für die CDU ins Spiel gebracht. Bei der Bundestags­wahl verliert der polarisier­ende „bayerische Grantler“gegen Kanzler Schmidt mit dem bis dahin schlechtes­ten Ergebnis der Union seit 1949. Strauß klagt später über den mangelnden Rückhalt bei der CDU.

Wahl 2002: Bei dem legendären Frühstück in Wolfratsha­usen einigen sich am 11. Januar 2002 die CDU-Vorsitzend­e Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber darauf, dass der bayerische Ministerpr­äsident für die Union ins Rennen geht. Zunächst sieht es in Umfragen so aus, als ob er gegen SPD-Kanzler Gerhard Schröder tatsächlic­h gewinnen könnte. Doch bei der Wahl im Herbst holt die rot-grüne Koalition des Amtsinhabe­rs fast 600 000 Stimmen mehr als Schwarz-Gelb. Merkel wartet, wird 2005 Unionskand­idatin – und im selben Jahr Kanzlerin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany