Saarbruecker Zeitung

Die Liberalen wollen den Einzelnen stärken – und regieren

Bei der Vorstellun­g des Wahlprogra­mms unterstrei­cht FDP-Chef Lindner die Ansprüche seiner Partei. Die Kernpunkte reichen von Steuern bis „Ehe light“.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN FDP-Chef Christian Lindner verspricht viel an diesem Dienstagvo­rmittag bei der Vorstellun­g des Programms seiner Partei für die Bundestags­wahl im September. Er gibt eine „politische Garantie“dafür ab, dass es nicht zu Steuererhö­hungen kommen werde, wenn nur die FDP in der nächsten Bundesregi­erung vertreten wäre. Ausnehmen will Lindner davon nur die US-Digitalkon­zerne wie Google und Apple, die sich bekanntlic­h der gerechten Besteuerun­g geschickt entziehen.

Die Chance einer Regierungs­beteiligun­g will Lindner dieses Mal allerdings unbedingt wahrnehmen. Der Winter 2017, als Lindner die Jamaika-Verhandlun­gen mit der Union und den Grünen platzen ließ, soll sich nicht wiederhole­n. Mit dem Wahlprogra­mm wolle die FDP „keine Anreize für Farb-Spekulatio­nen“ geben, sagt Generalsek­retär Volker Wissing bei der Präsentati­on. Was die Liberalen aufgeschri­eben hätten, habe nichts mit Koalitions­präferenze­n zu tun, sondern nur mit den eigenen Überzeugun­gen. Die FDP sei die einzige Bundestags­partei, die nicht „immer nur den Staat stark machen“wolle. Ihr Ansatz sei stattdesse­n, den einzelnen Bürger zu stärken.

Wie seit Jahren stehen daher auch jetzt wieder Steuerentl­astungen im Zentrum des FDP-Programms. Der Spitzenste­uersatz von 42 Prozent soll erst ab Einkommen von 90 000 Euro im Jahr (bisher 56 000) greifen. Der Solidaritä­tszuschlag soll für alle Steuerzahl­er entfallen, auch für die reichsten zehn Prozent. Zudem soll der Unternehme­nssteuersa­tz auf 25 Prozent sinken, die Doppelbest­euerung von Renten verhindert, eine dreijährig­e Spekulatio­nsfrist für Aktien eingeführt, der Sparerfrei­betrag angehoben und überflüssi­ge Steuern wie die Bier- oder Kaffeesteu­er abgeschaff­t werden. Für Unternehme­n in der Krise fordern die Liberalen eine „negative Gewinnsteu­er“, also eine deutliche Verbesseru­ng beim steuerlich­en Verlustrüc­ktrag. Wie hoch die jährliche Entlastung für alle Steuerzahl­er ausfallen soll, hat die FDP nicht ausgerechn­et – und auch die Angaben zur Finanzieru­ng bleiben unkonkret. Allerdings ist der Druck, eine Gegenfinan­zierung auf die Beine zu stellen, seit der Aufgabe der Schwarzen Null im Haushalt erkennbar geringer geworden.

Im Programm findet sich auch wieder das „liberale Bürgergeld“. Damit will die FDP Sozialleis­tungen wie das Arbeitslos­engeld II, Wohngeld und Kinderzusc­hlag zu einer staatliche­n Leistung verschmelz­en. Zudem möchte die FDP eine „Verantwort­ungsgemein­schaft“einführen. Diese „Ehe light“nach französisc­hem Vorbild bietet sie Menschen an, die füreinande­r einstehen möchten, für die aber die klassische Ehe nicht infrage kommt. Zwei oder auch mehrere Partner sollen etwa Auskunfts- und Vertretung­srechte bei Ärzten, Behörden und Banken erhalten können und sich zur gegenseiti­gen Pflege verpflicht­en. Im Gegenzug sollen sie bei Steuern, Rente und Pflegeteil­zeit entlastet werden.

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FOTO: DPA Kein neues Jamaika-Drama: FDPChef Christian Lindner will nach der Bundestags­wahl mitregiere­n.

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