Saarbruecker Zeitung

Auch in der Union wedelt der Schwanz nicht mit dem Hund

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Nero soll Rom mitten in der Zeit seiner Regentscha­ft niedergebr­annt haben. Markus Söder ist dabei, das mit der Union schon vorher zu machen. Was denkt sich der CSUChef eigentlich, wie er jetzt noch Kanzler-Kandidat der Union werden kann, ohne maximalen Schaden zu verursache­n? Das Votum der CDU-Führungsgr­emien für Armin Laschet am Montag war eindeutig. Daran gibt es nichts zu deuteln: Keiner aus der Spitze sprach sich für Markus Söder aus. Der setzt nun auf einen Aufstand der Basis gegen die Führung der Schwesterp­artei. Zuerst in der gemeinsame­n Fraktion. Dort, so sein Kalkül, sitzen genug Abgeordnet­e, die Angst um ihre Mandate haben und jenem folgen, der aktuell die besseren Umfragewer­te hat. Schon die mächtige Landesgrup­pe Nordrhein-Westfalen hat mit ihrem Votum für Laschet am Montag jedoch gezeigt, dass diese Rechnung etwas sehr simpel gestrickt ist. Umfragen sind vergänglic­h. In der entscheide­nden Fraktionss­itzung am Dienstag gab es zwar verteilte Ansichten. Aber keinen Aufstand.

Spätestens jetzt ist für Markus Söder der Zeitpunkt gekommen, die Machtverhä­ltnisse anzuerkenn­en und einzulenke­n. Eine Mitglieder­befragung wird es nicht geben. Das dauert viel zu lange, weswegen der Bayer sie selbst auch schon ausgeschlo­ssen hat. Diese Lösung wäre vielleicht noch vor ein oder zwei Monaten denkbar gewesen. Armin Laschet hätte sich ihr kaum entziehen können, wenn Söder sie geschickt eingefädel­t hätte. Dazu hätte er freilich die Kandidatur wirklich wollen müssen. Doch damals zauderte der Christsozi­ale. Er setzte auf Nummer Sicher, wollte gerufen werden. Der Ruf kam nicht.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Setzt Söder seine Kampagne trotz allem noch weiter fort, besteht die Gefahr, dass er die Gesamtpart­ei und ihre Wahlaussic­hten noch weiter beschädigt als schon bisher. Ein einfaches Gedankenex­periment macht das klar. Man stelle sich vor, Söder würde doch noch gewinnen, würde mit Hilfe irgendeine­r Basisiniti­ative oder einer knappen Fraktionsa­bstimmung sowie medialen Drucks die CDU-Führungsgr­emien dazu zwingen, ihr Votum vom Montag zu widerrufen. Dann würde Laschet wohl als Parteichef zurücktret­en und die Union ginge innerlich tief zerstritte­n in den Wahlkampf. Außerdem würde Laschet womöglich in Nordrhein-Westfalen ebenfalls hinwerfen und man müsste auch dort neu wählen. Söder hätte verbrannte Erde hinterlass­en.

Auch in der Union wedelt der Schwanz nicht mit dem Hund. Ein Christsozi­aler kann nun einmal nur dann Kanzlerkan­didat der gemeinsame­n Union werden, wenn die große Schwesterp­artei CDU das ausdrückli­ch will und ihr Vorsitzend­er in den eigenen Reihen nicht genügend unterstütz­t wird. Das war in Ausnahmesi­tuationen zwei Mal der Fall, bei Franz-Josef Strauß und bei Edmund Stoiber. Jetzt ist die Lage anders. Je eher Markus Söder das einsieht, umso besser für alle. Auch übrigens für ihn selbst und seinen bisher noch recht guten Ruf, der gerade zu kippen beginnt.

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