Moskau und Kiew halten die Flamme am Lodern
Vor sieben Jahren begann die Ukraine ihre „Anti-Terror-Operation“gegen Russland im Osten ihres Landes. Zum Jahrestag verschärfen sich die Spannungen massiv.
(dpa) Die Fronten im Ukraine-Konflikt sind verhärtet. Vor sieben Jahren, am 14. April 2014, brach der blutige Konflikt im Donbass aus, nachdem sich militante Kräfte in der russischsprachigen Region nicht mit dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch abfinden wollten. Zum siebten Jahrestag der Krise in Europa steht vor allem Moskau international in der Kritik, neue Spannungen zu schüren.
Weil Russland entlang der Grenze zur Ukraine Truppen und Militärtechnik konzentriert, forderte etwa Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) eine Erklärung. Der russische Außenminister Sergej Lawrow antwortete auf die Frage, was Russland dort mache, gewohnt trocken: „Wir wohnen dort.“Zugleich kritisierte er, dass die USA Kriegsschiffe ins Schwarze Meer in Russlands Nähe schicken – Tausende Kilometer von ihrem Land entfernt. Seit Tagen verbittet sich Moskau Kritik des Westens und verweist auf sein Recht, auf eigenem Gebiet Soldaten zu bewegen, wohin es wolle. Der Kreml betont, dass die Truppen für Russlands Sicherheit sorgen sollten. „Russland bedroht kein Land in der Welt“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Allerdings werde es seine Interessen verteidigen. Das Land hat sich zur Schutzmacht der russischsprachigen Bevölkerung in den umkämpften Gebieten von Luhansk
und Donezk erklärt und dort schon mehr als 400 000 Pässe ausgegeben. Moskaus Militärdoktrin erlaubt ein Eingreifen zum Schutz russischer Staatsbürger im Ausland.
Erschwerend kommt hinzu, dass zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seinem russischen Amtskollegen Putin derzeit Funkstille herrscht. Im Dezember 2019 hatten beide unter deutscher und französischer Vermittlung Schritte für eine Lösung des Konflikts vereinbart. Ein in Berlin geplantes Nachfolgetreffen kam nicht zustande, weil Russland ungeachtet einer 2020 neu vereinbarten Waffenruhe keine Fortschritte sieht. Zwar hatte sich die Ukraine verpflichtet, einen Autonomiestatus für die Konfliktregion mit den Separatisten zu regeln. Doch lehnt Kiew die von Moskau geforderten direkten Gespräche mit ihnen ab.
Offenbar verfolgt Selensky das Ziel den 2015 vereinbarten Minsker Friedensplan neu zu schreiben und am liebsten die USA hinzuziehen. Dabei will Selenskyj vor allem die Sanktionen als Druckmittel gegen Russland beibehalten. Beobachter vermuten, dass die Ukraine die Gefahr eines russischen Eingreifens dramatisiert, um Moskau als Aggressor hinzustellen. Eigene Truppenbewegungen erklärt die Ukraine als Vorbereitung auf eine Verteidigung.
Die Ukraine stört an den bisherigen Regelungen besonders, dass sie die Kontrolle ihres knapp 400 Kilometer langen Grenzabschnitts zu Russland erst wieder erlangen soll, wenn in der Verfassung die Autonomie für die Separatistengebiete verankert wird.
Derweil machte der Kreml zuletzt erstmals sehr deutlich, dass Russland auf einen Angriff von ukrainischer Seite auf die Regionen antworten werde. Das wäre kein „Selbstschuss ins Bein, sondern in die Schläfe“und der „Anfang vom Ende der Ukraine“, meinte Dmitri Kosak, der im Kreml für den Konflikt zuständige Putin-Vertraute. Russland beklagt eine Zunahme an Provokationen von ukrainischer Seite an der Frontlinie.
Unter russischen Experten gehen die Meinungen auseinander, ob Moskau, das bereits in Syrien einen teuren Krieg an der Seite von Machthaber Baschar al-Assad führt, nun in noch einen Konflikt offen eingreift. Schon jetzt belasten die von der EU und den USA im Ukraine-Konflikt verhängten Sanktionen die russische Wirtschaft. Die Politologin Tatjana Stanowaja geht davon aus, dass sich Russland auf einen neuen Krieg vorbereitet. In der Vergangenheit habe sich Moskau „inoffiziell“eingemischt in den Konflikt mit „Freiwilligen“. Nun gebe es offene Drohungen.
„Russland bedroht kein Land in der Welt.“
Dmitri Peskow
Kremlsprecher