Wieso die Polizei im Fall Gregorius auch im Rockermilieu ermittelte
(fu) Was geschah mit Peter Gregorius? Das erscheint auch nach diesem Tag am Saabrücker Landgericht unklar. Drei Männer sollen den damals 27-Jährigen im September 1991 getötet haben. Zwei von ihnen hat die Staatsanwaltschaft wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt. Ein weiterer Beschuldigter nahm sich in der Untersuchungshaft das Leben. Bis heute fehlt von Gregorius jede Spur, sein Fall wird vor dem Landgericht als „Mord ohne Leiche“verhandelt.
Oberstaatsanwalt Raimund Weyand stützt seine Anklage hauptsächlich auf Aussagen aus dem Umfeld von Ralf W., einem der mutmaßlichen Täter. Während dessen Strafverteidiger, Klaus Robling, zu Prozessbeginn von einer „erfundenen Mordgeschichte“sprach.
Fest steht: Über die Angeklagten und ihr angebliches Opfer ist auch an diesem Dienstag im Gerichtssaal sehr Unterschiedliches zu hören. Den Fall Gregorius gibt es offenbar in etlichen Versionen. Neu ist, mit welchen Mitteln die Polizei nach dem Verschwinden des Familienvaters im Rockermilieu ermittelte. Und damit nicht gegen die heutigen Tatverdächtigen.
Ein früherer Kriminalbeamter berichtet von einer Hausdurchsuchung in den frühen Neunzigerjahren, beim damaligen Boss einer Rockergruppe. „Der war nicht begeistert von unserem Besuch“, sagt der heutige Pensionär. Die Polizei kam mit einem Sondereinsatzkommando. Zuvor habe es den Hinweis auf eine Waffe gegeben, die Gregorius dem Rocker-Chef gegeben haben soll. Als er die Pistole zurückverlangt habe, soll Gregorius umgebracht worden sein, berichtet der Ex-Kripo-Mann, was den Ermittlern vor 30 Jahren zu Ohren gekommen war. Über die Verbindungen des Vermissten zu den Rockern sagt er: „Der Gregorius war Prospect, glaube ich.“Also Anwärter auf eine Mitgliedschaft in dem berüchtigten Club.
Dass Gregorius tatsächlich im Besitz einer Schusswaffe war, einer Ceska, erzählt am Dienstag sein älterer Bruder. „Normalerweise hat Peter zu so etwas keinen Bezug gehabt“, sagt der 64-Jährige. Er spricht von einem „tschechischen Billigteil“, das Gregorius beim Vater deponiert gehabt habe. „Ich war entsetzt“, sagt der Zeuge.
2004 geriet die Rockergruppe erneut ins Visier der Kripo. Ein Rechtsanwalt hatte sich damals an die Behörde gewandt, um das angebliche Wissen eines Mandanten mit ihr zu teilen. Gregorius sei von „Mitgliedern der Rockergruppe ermordet und verscharrt worden“, hielten die Beamten in einem internen Vermerk fest. Sie sollen nach diesem Tipp wegen Mordes ermittelt, auch eine Telefonüberwachung erwirkt haben. Doch: „Telefonmäßig kam überhaupt nichts rüber“, sagt der pensionierte Ermittler vor Gericht.
War vielleicht doch alles ganz anders? Das behauptet jedenfalls ein Zeuge, der die beiden Angeklagten nun schwer belastet. Sie sollen ihm den Mord an Gregorius gestanden haben, nur wann? Jahreszahlen zu nennen, das fällt dem 53-Jährigen heute schwer. Kurios: Sein Wissen will er damals in einem Schreiben festgehalten, bei einem Anwalt hinterlegt haben – dem Partner von Klaus Robling. Der heutige Verteidiger von Ralf W. reagiert barsch: „Ich glaube Ihnen kein Wort.“