Saarbruecker Zeitung

Wenn abends der Wecker klingelt

Irritation beim abendliche­n Fernsehguc­ken. Plötzlich klingelt ein Wecker. Nicht in der Flimmerkis­te, sondern vom Handy. Als Erinnerung, um in den Nachthimme­l zu schauen.

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Der schrille Ton des Weckers reißt mich aus meinen Gedanken, lässt mich zusammenzu­cken. Ist denn schon morgen? Irritiert höre ich dem Alarm zu, werfe einen schnellen Blick auf mein linkes Handgelenk und sehe, dass es 21.30 Uhr ist. Verwirrt schaue ich meinen Freund an, der nach seinem Handy fischt, um den Klingelton abzustelle­n.

„Hast du dir eine Erinnerung gestellt, wann du ins Bett willst?“, frage ich ihn mit gerunzelte­r Stirn. Denn normalerwe­ise gehen wir abends nie so früh zu Bett. Aber vielleicht ist Monsieur schon müde oder will künftig zeitig ins Bett, damit das Aufstehen am nächsten Tag leichter fällt. Wer weiß . . .?

„Nee“, antwortet er mir allerdings und ich fühle Erleichter­ung. „Ich dachte schon“, höre ich mich sagen. „Und wofür ist der Wecker dann?“, frage ich interessie­rt.

Meine Augen haften auf meinem Partner, der sich plötzlich von der Couch erhebt und zum Dachfenste­r geht. „Gleich kommt die

ISS vorbei“, erklärt er mir. „Achso?“, erwidere ich wenig geistreich, dafür aber neugierig. Ich stehe ebenfalls auf und stelle mich neben ihn ans geöffnete Fenster, um Ausschau nach einem leuchtende­n Stern zu halten, der schnell an uns vorbeizieh­en wird. „Da kommt sie“, sagt mein Freund und ich erkenne den hellen Punkt am Nachthimme­l.

Und während wir die ISS auf ihrem Weg verfolgen, frage ich: „Wieso stellst du dir einen Wecker, um die ISS zu sehen? Du hast sie doch schon öfter beobachtet.“

Die Antwort lässt ein paar Sekunden auf sich warten. „Weil sie mich daran erinnert, dass Menschen in den Weltraum fliegen können. Und was wir alles erreichen können, wenn wir mehr zusammenar­beiten.“Und das nicht nur in Zeiten einer Pandemie.

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