Göttelborner „Konzertwald“fällt Kahlschlag zum Opfer
Der „Konzertwald“im Quierschieder Ortsteil Göttelborn ist einem Bauvorhaben zum Opfer gefallen. Zum Entsetzen der Anrainer sowie des Naturschutzbundes NABU. Und zum Bedauern der Gemeinde. Denn ihr zufolge ist bislang weder der Bebauungsplan geändert noch der Bau genehmigt.
QUIERSCHIED Den sogenannten „Konzertwald“in der Gemeinde Quierschied gibt es nicht mehr. Das grüne Idyll mitten im Ortsteil Göttelborn trug seinen Namen, weil dort zu festlichen Anlässen die Bergmannskapellen musizierten. Der Wald wurde Ende Februar abgeholzt und damit der Lebensraum von vielen Tieren zerstört.
„Es ist eigentlich unglaublich, was hier passiert ist. An einem Samstagnachmittag Ende Februar rückte eine Firma an und machte hier alles platt. Auch klar gekennzeichnete Bäume, die unter Naturschutz standen, wurden einfach gefällt“, sagt ein Anwohner, der direkt gegenüber dem ehemaligen Waldgelände wohnt.
Die Gemeinde Quierschied teilte der SZ auf Anfrage mit, sie habe von den Fällarbeiten nichts gewusst. „Der Käufer hatte sich nach dem Erwerb der Fläche mit dem Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) in Verbindung gesetzt und sich dort eine Genehmigung für die Baumfällarbeiten eingeholt, die auch erteilt wurde. Die Gemeinde ist in solchen Fällen auf Hinweise der Grundstückseigentümer oder der Bevölkerung angewiesen. Leider ist dies erst geschehen, nachdem bereits Bäume gefällt waren. Unmittelbar nachdem die Gemeinde über die Vorgänge in Kenntnis gesetzt worden war, nahm die Verwaltung Kontakt auf zu dem Verursacher und bat um Klärung“, heißt es in einer Stellungnahme der Gemeindeverwaltung.
Das Grundstück, das sich nicht im Besitz der Gemeinde befand, sei an eine Privatperson verkauft worden. Dem Veräußerer war der Bebauungsplan nach Darstellung der Gemeinde bekannt. „Der Bebauungsplan sieht für das Gelände eine Wohnbebauung vor. In dem Bebauungsplan ist unter anderem festgesetzt, dass auf dem Grundstück Bäume aus städtebaulichen und gestalterischen Gründen – nicht aufgrund ihrer ökologischen Wirkungen – zu erhalten waren. Dabei handelte es sich nicht um geschützte Bäume“, heißt es aus der Gemeindeverwaltung Quierschied weiter.
Der Anwohner muss bei diesen Aussagen lachen. Und er widerspricht. „Ich weiß, dass es vom LUA keine Genehmigung zum Fällen gab, und ich weiß, dass Bäume ausgezeichnet waren und sehr wohl unter Naturschutz standen. Ich selber durfte einen Baum, der mitten in meinem Garten steht, nicht fällen. Im Gegenteil: Ich musste 800 Euro bezahlen für das Zurückschneiden der Äste“, sagt der Anwohner erregt. Er könne nicht verstehen, dass plötzlich ein großer Investor komme und alles dürfe.
Der Naturschutzbund (NABU) hat sich eingeschaltet. „Eine Rechtmäßigkeit der weit über die Baugrenzen des Bebauungsplans hinausgehenden Fällarbeiten ist nach aktuellen Recherchen des NABU nachweislich unzutreffend. Derart umfängliche Rodungsmaßnahmen wären bestenfalls auf der Grundlage eines geänderten Bebauungsplans zulässig. Eine solche Änderung kann allerdings nicht ohne eine Öffentlichkeitsbeteiligung und entsprechenden Beschluss des Gemeinderats
erfolgen“, teilt der NABU mit.
Wie die Gemeindeverwaltung Quierschied erklärt, gibt es für das Gelände in Göttelborn weder eine Änderung des Bebauungsplans noch eine Baugenehmigung.
„Landläufig bezeichnet man ein solches Vorgehen unter Umgehung demokratischer Bürgerbeteiligungsrechte der Bauleitplanung als Gutsherrenart“, heißt es dazu vom NABU.
Der zuständige Fachbereichsleiter der Gemeinde Quierschied, Jörg Schmitt, sagt: „Es ist sehr bedauerlich, dass es so gelaufen ist. Aufgrund der Kurzfristigkeit der Vorgänge hatte die Gemeinde in diesem Fall leider keine Möglichkeit mehr, die Fällarbeiten zu vermeiden.“
Quierschieds Bürgermeister Lutz Maurer erläutert, was aus seiner Sicht nun in Göttelborn zu tun ist: „Unser Ziel ist es jetzt, gemeinsam mit dem neuen Eigentümer die durch den Vorgang entstandene Situation auszugleichen. Dies kann über die Festsetzung erweiterter Ausgleichsmaßnahmen in einem geänderten Bebauungsplan umgesetzt werden, gerne auch unter Beteiligung des NABU.“
„Es ist sehr bedauerlich, dass es so gelaufen ist. Aufgrund der Kurzfristigkeit der Vorgänge hatte die Gemeinde in diesem Fall leider keine Möglichkeit mehr, die Fällarbeiten zu
vermeiden.“
Jörg Jung
Fachbereichsleiter bei der Gemeinde Quierschied „Unser Ziel ist es jetzt, gemeinsam mit dem neuen Eigentümer die
durch den Vorgang entstandene Situation
auszugleichen.“
Lutz Maurer
Bürgermeister der Gemeinde Quierschied