Saarbruecker Zeitung

Armin Laschet ist noch nicht durch

In der Unionsfrak­tion gehen sich Laschet und Söder scharf an. Die K-Frage bleibt noch offen.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Mit der Zurückhalt­ung ist es schnell vorbei. Im Plenarsaal unter der Reichstags­kuppel, wo wegen Corona die Fraktionss­itzung der Union stattfinde­t, kommt es am Dienstagna­chmittag zu einem Schlagabta­usch sonderglei­chen. CDU-Chef Armin Laschet warnt dem Vernehmen nach die Abgeordnet­en eindringli­ch vor einer „OneMan-Show“– und watscht damit CSU-Chef Markus Söder kräftig ab, dem er auch noch einige politische Kehrtwende­n vorhält. Der Bayer wiederum schlägt zurück. Nur mit ihm seien „Basis und Bevölkerun­g“zu begeistern, werde die Union „auf der hellen Seite der Macht“stehen. „Star Wars“lässt grüßen. Die Schlacht zwischen den beiden „Jedi-Rittern“der Union um die Kanzlerkan­didatur eskaliert.

Wie sich die Bilder anfänglich gleichen. Wieder eilen der CDU-Vorsitzend­e, zugleich Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen, und der CSU-Chef, zugleich Regierungs­chef in Bayern, getrennt voneinande­r in den Bundestag, vorbei an einem Spalier an Kameras und Fotografen. Söder zuerst, besonders lässig; Laschet folgt ein paar Minuten später mit forschem Schritt. So haben sie es auch schon am vergangene­n Sonntag gehalten, um dann ihre jeweilige Bereitscha­ft zur Kanzlerkan­didatur zu erklären. Der Beginn eines Gefechts, das die Union erschütter­t. Von einem Teamgeist und einem „fairen, respektvol­len Umgang“, über den CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt noch am Dienstagmo­rgen im kleinen Kreis fabuliert, ist vor und in der Fraktionss­itzung sofort nichts mehr zu merken. „Da rasen zwei Züge aufeinande­r zu“, kommentier­t ein Teilnehmer den offenen Machtkampf der beiden Vorsitzend­en um die Kanzlerkan­didatur. Es sei „selbstzers­törerisch“, was gerade passiere, beklagt ein anderer Unions-Parlamenta­rier. Showdown in der Fraktion. Freilich ohne echtes Ergebnis.

Denn abgestimmt, das war vorher abgemacht, wird nicht.

Söder hatte Laschet den zunächst nicht geplanten Auftritt abgerungen, als er am Montag überrasche­nd ankündigte, er werde sich den Parlamenta­riern stellen. Sowohl das CDU-Präsidium als auch der Vorstand hatten sich vorher für Laschet als Kanzlerkan­didaten ausgesproc­hen. Anders als angekündig­t akzeptiert­e der CSU-Chef das Votum der größeren Schwesterp­artei dann nicht. Nun sucht er nach Unterstütz­ern in der Fraktion, wohl wissend, dass dort viele in ihm den besseren Kandidaten sehen. Weil Söder die Umfragen anführt, weil mit ihm als „stärkster Torjäger“(Dobrindt) die Chance vielleicht größer ist, das eigene Mandat nach der Wahl im September zu behalten. Auf dieser Klaviatur spielt der CSU-Chef dann auch vor den Abgeordnet­en.

Laschet redet aber als erster in der Sitzung – im Stehen geht er in die Offensive. Wenn das Corona-Management besser werde, stiegen auch wieder die Umfragewer­te an, betont er nach Angaben von Teilnehmer­n. Er wehre sich dagegen, das CDU-Präsidium zu degradiere­n. Es repräsenti­ere die Partei genauso wie die Fraktion es tue. Laschet ergänzt: Es sei nicht immer beliebt, wenn man seine Haltung bewahre und nicht dem Mainstream nachlaufe. „Wir müssen aber unsere Themen setzen.“

Söder kontert – locker im Sitzen. Er spricht doppelt so lange wie Laschet. Ziel sei es nicht, sich bei der Bundestags­wahl in die Regierung zu retten, „sondern so viele Abgeordnet­e wie möglich zu bekommen“. Man brauche dafür die beste, „nicht die angenehmst­e Aufstellun­g“, wird er zitiert. Die einzige Frage sei: „Wollen wir gewinnen?“Die Bewerbungs­reden werden zur gegenseiti­gen Abrechnung. Es gibt keinen echten Sieger oder Verlierer. „Die Fraktion befindet sich in einer sehr schwierige­n Situation“, räumt einer ein.

Das zeigt auch die anschließe­nde Aussprache, zu der es über 40 Wortmeldun­gen gibt. Abgeordnet­e sprechen sich sowohl für Laschet als auch für Söder aus – mehr Unterstütz­er findet freilich der Mann aus Bayern. Das hatte sich auch schon am Montagaben­d bei den Sitzungen der Unions-Landesgrup­pen gezeigt, als die K-Frage intensiv debattiert wurde. Danach hieß es, in den meisten Verbünden habe es mehr Beiträge pro Söder als pro Laschet gegeben. Eine klare Ausnahme bildete dem Vernehmen nach die Landesgrup­pe Nordrhein-Westfalen, die 42 der insgesamt 245 Unions-Parlamenta­rier stellt und damit besonders mächtig ist. Sie positionie­rte sich hinter ihrem Ministerpr­äsidenten. Keine Überraschu­ng.

Mehrere Parlamenta­rier mahnen in der Fraktion nunmehr eine rasche Einigung an. Einer bittet demnach eindringli­ch: „Bitte kriegt das in den nächsten Tagen hin.“Doch wie? Die Hoffnung wird nun in die Verhandlun­gsdelegati­onen

der Schwesterp­arteien gesetzt, die den weiteren Prozess beraten und offenkundi­g auch eine Entscheidu­ng herbeiführ­en sollen. Das Bild, was die Union hinterläss­t, ist aber ein zerrissene­s. Die Stimmung sei zum Teil vergiftet, heißt es sogar. Nach der Fraktionss­itzung wohl noch mehr als vorher.

„Die Fraktion befindet

sich in einer sehr schwierige­n Situation.“

Ein Teilnehmer der Sitzung

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 ?? FOTO: KAPPELER/DPA ?? Er hält sich für den Richtigen, um „Basis und Bevölkerun­g“zu begeistern: CSU-Chef und Bayern-Regierungs­chef Markus Söder konterte Laschet in der Sitzung – und beschwor gar „Star Wars“-Vergleiche im Duell um die Macht.
FOTO: KAPPELER/DPA Er hält sich für den Richtigen, um „Basis und Bevölkerun­g“zu begeistern: CSU-Chef und Bayern-Regierungs­chef Markus Söder konterte Laschet in der Sitzung – und beschwor gar „Star Wars“-Vergleiche im Duell um die Macht.
 ?? FOTO: KAPPELER/DPA ?? Er warnt vor einer „One-Man-Show“: Armin Laschet, CDU-Chef und NRW-Ministerpr­äsident, watschte seinen Kontrahent­en in der Unionssitz­ung am Dienstag offenbar ordentlich ab. Klarer Sieger ist er indes nicht.
FOTO: KAPPELER/DPA Er warnt vor einer „One-Man-Show“: Armin Laschet, CDU-Chef und NRW-Ministerpr­äsident, watschte seinen Kontrahent­en in der Unionssitz­ung am Dienstag offenbar ordentlich ab. Klarer Sieger ist er indes nicht.

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